Verkehrsministerium plant Flugtaxi-Teststrecken ab 2026
Zuletzt konnte man den Eindruck gewinnen, dass Flugtaxis in Deutschland politisch nicht gewollt sind: Der bayrische Flugtaxi-Entwickler Lilium saniert sich seit November in einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung, nachdem das Unternehmen nicht die gewünschte Staatsbürgschaft erhielt. Und Liliums badischer Wettbewerber Volocopter, der ebenfalls auf Staatshilfe gehofft hatte, wird möglicherweise an den chinesischen Autokonzern Geely verkauft.
In diesem mitunter als innovationsfeindlich gescholtenen Klima überrascht es etwas, dass nun das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) eine Strategie vorlegt mit dem Ziel, Deutschland als führenden Standort für die Entwicklung und den Betrieb von Drohnen und elektrischen Flugtaxis (eVTOL) zu etablieren.
Konkret legt das Ministerium einen Zeitplan für Advanced Air Mobility (AAM) vor, an dem sich Anbieter orientieren können: Demnach soll AAM in vier Phasen bis 2032 umgesetzt werden. Zunächst sollen bis 2026 erste Teststrecken eingerichtet werden, gefolgt von der Ausweisung geografisch begrenzter AAM-Gebiete bis 2028. Bis 2030 sollen diese Gebiete erweitert werden, um regionale Verkehre einzubeziehen, und schließlich wird bis 2032 ein bundesweiter AAM-Betrieb angestrebt.
Weiterhin sieht die Strategie u.a. die Einrichtung von Vertiports vor, also spezieller Start- und Landeplätze für die senkrecht startenden und landenden Flugtaxis. Auch soll ein Qualifikationsprogramm für Piloten aufgelegt werden, Sicherheitsaspekte geklärt werden, rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden und vieles mehr. Geplant sind zudem neue Routenkonzepte.
Weitere Aussicht für Flugtaxi-Entwickler: Das BMDV will Innovationen im AAM-Bereich fördern, um den Technologiestandort Deutschland zu stärken. Dies umfasst die Unterstützung von Forschungsprojekten sowie die enge Zusammenarbeit mit Industrie und Forschungseinrichtungen. Konkret will das Ministerium bereits im kommenden AAM-Reallabore einrichten, die sich Themen widmen sollen wie etwa der sicheren Integration von eVTOL und UAS in bestehende Verkehrsinfrastrukturen, der Schaffung der für den eVTOL-Betrieb erforderlichen Infrastrukturen oder der Entwicklung von integrierten Sicherheitssystemen. Bereits Anfang 2025 will das BMDV zudem den Zuschlag für ein Forschungsprojekt geben, in dem die wesentlichen Komponenten für den Aufbau von Vertiports in deutschen Städten entwickelt werden sollen.
Außerdem will das BMDV auch ein attraktives Investitionsumfeld zur Unterstützung der AAM-Entwicklung in Deutschland fördern. Dies beinhaltet Anreize für Unternehmen und Investoren sowie die Bereitstellung von Fördermitteln. In diesem Zusammenhang will das BMDV auch eine AAM-Investorenkonferenz ins Leben rufen.
Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing sagt: „Drohnen und Flugtaxis werden die Fortbewegung in der Luft revolutionieren. Sie schaffen neue Transportmöglichkeit für Güter und Menschen und sind Treiber für das elektrische Fliegen und damit eine klimafreundliche Luftfahrt. Mit unserer AAM-Strategie wollen wir dieser disruptiven Technologie mit Handlungsbereitschaft begegnen. Wir wollen, dass diese Fortbewegungsmittel der Zukunft in Deutschland hergestellt und betrieben werden. Das schafft nicht nur neue High-Tech-Arbeitsplätze, sondern sichert auch langfristig unsere Position als führender Industrie- und Innovationsstandort.“
Im Strategiepapier gibt sich Wissing zudem überzeugt, dass AAM eine Technologie für alle Menschen ist: „Die AAM wird nicht etwa ein Eliteprojekt für Geschäftsreisende sein, sondern der gesamten Gesellschaft zugutekommen. Zumal Transportdrohnen und eVTOL auch in Regionen zum Einsatz kommen werden, die bislang mit herkömmlichen Transportmitteln nicht oder nur schwer zu erreichen sind“, schreibt der Minister.
Deutschland steht unter Zugzwang, bei Flugtaxis nicht den Anschluss zu verlieren. Wie das Ministerium in seinem Strategiepapier betont, werden aussichtsreiche eVTOL-Hersteller in den USA und Asien durch staatliche Unterstützungsmaßnahmen finanziert. Von Staatshilfe für Firmen wie Lilium und Volocopter ist in dem Strategiepapier aber keine Rede, im Gegenteil werden die beiden eVTOL-Pioniere nicht ein einziges Mal namentlich erwähnt. Jedoch muss man auch erwähnen, dass die Staatsbürgschaft für Lilium nicht an Volker Wissing gescheitert ist, der sich dafür eingesetzt hatte, sondern am Haushaltsausschuss des Bundestages.
bmdv.bund.de, bmdv.bund.de (Strategiepapier als PDF)
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