
Wie Busdepots elektrifiziert werden – Sieben Fragen an KVB-Vorstand Jörn Schwarze
Mehr als 100 Elektrobusse kann der neue E-Bus-Betriebshof der KVB in Köln-Porz beherbergen. Seit rund einem Jahr ist der Standort in Betrieb, was den Einsatz von Elektrobussen im rechtsrheinischen Stadtgebiet enorm vereinfacht hat. Denn zuvor mussten die E-Busse aus dem Betriebshof Nord in Riehl bis zu 35 Minuten leer fahren, um zum Startpunkt ihrer Linie zu gelangen. Vom neuen Betriebshof bis zur Haltestelle „Porz Markt“ dauert der Ausrückweg nur wenige Minuten.
Der Bau des ersten reinen Elektrobus-Betriebshofs in Nordrhein-Westfalen war somit auch für die Kölner Verkehrsbetriebe eine Premiere – zumal parallel zu dem Großprojekt auch der Betriebshof Nord mit Ladepunkten nachgerüstet wurde. KVB-Technik-Vorstand Jörn Schwarze kennt also beides bestens – Neubau und Nachrüstung.
Auf der Elektrobuskonferenz im Rahmen der VDV mobility move wird Schwarze über die Elektrifizierung von Busdepots sprechen und seine Erfahrungen mit anderen ÖPNV-Betreibern teilen, die vor ganz ähnlichen Herausforderungen an ihren Standorten stehen. Im Vorfeld der Konferenz haben wir uns bereits mit dem KVB-Vorstand unterhalten – über das Feedback der Mitarbeitenden, so manch Technik-Entscheidung und was bei einer Depot-Nachrüstung nicht unterschätzt werden darf.
Herr Schwarze, die KVB hat vor ziemlich genau einem Jahr den Busbetriebshof Porz eröffnet, das erste reine E-Bus-Depot in Nordrhein-Westfalen. Wie fällt ihr Fazit zwölf Monate später aus? Läuft alles wie erhofft oder gab es Anlaufschwierigkeiten?
Im Rückblick können wir sagen, dass alles gut gelaufen ist. Die Mitarbeitenden sind sehr zufrieden, der Betriebshof verfügt über eine moderne Ausstattung, die explizit auf E-Busse abgestellt wurde.
Was sind die wichtigsten Learnings, die man bei der Planung eines neuen Betriebshofs für E-Busse beachten sollte? Ich vermute, man kann gar nicht früh genug mit dem Netzbetreiber für den passenden Netzanschluss in Kontakt treten.
Ja, die Zusammenarbeit mit dem Netzbetreiber ist sehr wichtig. Kalkuliert und geplant werden muss mit einem Vorlauf von circa fünf Jahren. Hierbei sollte auch für die finanzielle Förderung und für die notwendigen Genehmigungen genug Zeit eingeplant werden.
Sind die Abläufe und Planungen ähnlich, wenn man keinen komplett neuen Betriebshof baut, sondern einen bestehenden Standort mit Ladeinfrastruktur für E-Busse ertüchtigt? Oder kommt das immer auf die Gegebenheiten vor Ort an?
Das Bauen selbst ist im Grunde gleich, wobei die Baufeldfreimachung immer unterschiedlich sein wird – abhängig von der konkreten örtlichen Situation. Der große Unterschied zwischen einem kompletten Neubau und einem Bauen im Bestand liegt darin, dass bei letzterem der laufende Betrieb teilverlagert werden muss. Bei den erforderlichen Flächenbedarfen und für die Verkehrslogistik ist dies in den Planungen nicht zu unterschätzen.
In Porz hat sich die KVB für ein Pantographen-Ladesystem mit Stromabnehmern auf dem Dach anstelle von Ladekabeln entschieden. Was ist der Hintergrund? Wären kabelgebundene Ladestationen nicht günstiger gewesen?
Eventuell wären kabelgebundene Ladestationen günstiger gewesen, aber wir haben mit einer hundertprozentigen Haltestellenladung aufgrund der Batteriereichweiten begonnen und da ist der Pantograph das probate Mittel. Damit waren wir festgelegt. Ein Umstieg wäre jetzt teurer.
Und vergessen werden darf auch nicht, dass die Pantographenlösung für die Mitarbeitenden einfacher ist. Sie müssen im Prinzip nur richtig einparken und auf einen Knopf drücken. Dabei befindet sich die Technik über dem Bus und unten stehen nicht überall Ladesäulen, die beim Ein- und Ausparken beschädigt werden können.
Neben der Ladeinfrastruktur müssen in E-Bus-Depots auch die Werkstätten auf die anfallenden Arbeiten ausgelegt und das Personal dafür geschult sein. Wie ist das Feedback aus der Belegschaft rund um die Arbeiten an den Elektro-Bussen?
Das Feedback ist sehr positiv, da die Mannschaft an einem sehr modernen Fahrzeug arbeitet.
Die KVB hat die Ladeinfrastruktur in den Depots für das Laden über Nacht auch mit einigen wenigen Lademöglichkeiten an Endhaltestellen der Buslinien ergänzt. Warum haben Sie sich für diese zusätzlichen Investitionen entschieden?
Wie erwähnt, die Reihenfolge war genau umgekehrt und damit gab es keine Entscheidungsfreiheit. Inzwischen sind die Batterien aber deutlich leistungsfähiger bei akzeptabler Gewichtszunahme. Somit entfällt die Notwendigkeit der Nachladung an Endhaltestellen in vielen Fällen. Dabei hat die bereits im Stadtgebiet befindliche Ladeinfrastruktur auch einen langfristigen Wert, wenn etwa ungeplante Einsätze von E-Bussen für Schienenersatzverkehre vorgenommen werden müssen. Diese können dann an einigen Stellen im Stadtgebiet schnell nachladen, ohne zum Betriebshof zurückkehren zu müssen.
Die KVB hat über 400 Busse in der Flotte und das Tempo der Flotten-Erneuerung gibt auch vor, wie schnell die Depots umgerüstet werden müssen. Wie sehen da Ihre Planungen aus? Ist ein groß angelegter Umstieg auf E-Busse ohne umfassendes Förderprogramm überhaupt wirtschaftlich darstellbar?
Wir wollen alle Depots bis circa 2031/2032 umgerüstet haben. Hierfür gibt es nach wie vor eine Förderung. Unser Dank richtet sich an das Land Nordrhein-Westfalen, mit dem wir über inzwischen viele Jahre eine tolle Zusammenarbeit haben. Eventuell muss die Beschaffung von E-Bussen etwas gestreckt werden, aber die Industrie wird ab in wenigen Jahren keine Dieselbusse mehr liefern.
Das Interview ist Teil der Medienpartnerschaft von electrive mit der VDV mobility move vom 01. bis 03. April in Berlin.
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