Weltpremiere des Dolphin Surf: So will BYD den ID.2, Renault 5 und Co aufmischen
Kleine, preiswerte Autos mit elektrischem Antrieb – was viele Kunden lange fordern, wird so langsam Realität. Zwar gibt es schon seit vielen Jahren Elektro-Kleinwagen, doch diese waren in der Regel nicht sonderlich günstig – etwa ein BMW i3 oder Fiat 500 Elektro – oder für den Hersteller nicht wirklich rentabel – wie einst der VW e-Up. Mit den Modellen, die jüngst auf den Markt gekommen sind, ändert sich das gerade. Der Hyundai Inster, Citroen e-C3, Opel Frontera Electric, Renault 5 und auch angekündigte Modelle wie die Kleinwagen-Familie rund um den VW ID.2, der Renault 4 oder der neue Nissan Micra sollen für die Kunden bezahlbar und für die Hersteller profitabel sein.
Genau das hat auch der chinesische Marktführer BYD vor: Obwohl von chinesischen Herstellern deutlich früher günstige E-Kleinwagen erwartet wurden – also Modelle wie der Leapmotor T03 – steigt BYD erst mit seinem achten Europa-Modell in das elektrische Kleinwagen-Segment ein. Den neuen Dolphin Surf bringen die Chinesen als „nachhaltige und effiziente Mobilitätslösung für den städtischen Verkehr“ nach Europa. Vorerst aus China, später soll der Elektro-Kleinwagen auch aus der BYD-Fabrik in Ungarn kommen. „Das A-Segment wird das erste Segment in Deutschland sein, das voll elektrifiziert wird“, sagt BYD-Deutschland-Chef Patrick Schulz am Rande der Premieren-Veranstaltung in Berlin – 15 weitere Parallel-Veranstaltungen fanden in weiteren Europa-Märkten von BYD statt. Und in Anspielung auf den Modellnamen: „Wir wollen die grüne Welle durch Deutschland surfen.“





















Doch blicken wir zunächst auf das Auto selbst: Der Dolphin Surf ist mit 3,99 Metern Länge exakt im Kern des Kleinwagen-Segments um die vier Meter angesiedelt. Der Stromer ist 1,72 Meter breit und 1,59 Meter hoch, den Radstand gibt BYD mit 2,50 Metern an. Zum Vergleich: Ein Renault 5 ist einige Zentimeter kürzer und flacher, jedoch etwas breiter und hat auch vier Zentimeter mehr Radstand. Die VW-Studie ID.2all liegt mit 4,05 Metern Länge etwas darüber, ist fast zehn Zentimeter breiter als der BYD, aber auch etwas flacher. Mit den gewählten Abmessungen zeigt sich BYD aber zuversichtlich, dass der Dolphin Surf eben wegen der schmaleren (und dafür etwas höheren) Karosserie „perfekt für die engen Straßen in der Stadt mit ihren kleine, schmalen Parklücken“ gemacht ist – und dennoch ein gutes Platzangebot im Innenraum bietet.
Die Grundlage dafür ist die hauseigene e-platform 3.0 – also eine reine Elektro-Plattform, auf der auch schon größere Europa-Modelle wie der Dolphin oder der Seal basieren. Der 4,30 Meter lange Kompaktwagen Dolphin ist über die Plattform mit dem Dolphin Surf verwandt, es handelt sich aber um zwei unterschiedliche Modelle. In China wird eine etwas kürzere Version des Dolphin Surf als Seagull verkauft und ist inzwischen eines der meistverkauften Modelle auf dem dortigen Markt. Dass BYD zwar das Design des Seagull in weiten Teilen übernimmt, Karosserie und Technik aber für Europa anpasst, zeigt das wachsende Verständnis des Unternehmens für den hiesigen Markt. Auch wenn die Namens-Ähnlichkeit zwischen Dolphin und Dolphin Surf sicher für die ein oder andere Verwechslung sorgen dürfte.
Zwei Batterien, zwei Antriebe, drei Versionen
Mit der e-platform 3.0 ist klar, dass auch im Dolphin Surf das BYD-Markenzeichen, die Blade-Batterie, zum Einsatz kommt. Dabei handelt es sich um eine Zellchemie auf Lithium-Eisen-Phosphat-Basis (LFP), die im Vergleich zu NMC-Batteriezellen ohne teils kritische Rohstoffe wie Kobalt, Nickel oder Mangan auskommt. LFP-Zellen gelten als robuster, sicherer und günstiger als NMC-Zellen, haben aber eine geringere Energiedichte. Allerdings lassen sich Nachteile wie die Energiedichte auf Zell-Ebene durch einige Entwicklungsansätze auf Pack-Ebene wieder teilweise ausgleichen. LFP-Batterien gelten inzwischen als die Technologie der Zukunft in Volumenmodellen, weil ihr Kostenvorteil überwiegt.
BYD ging es im Dolphin Surf nicht darum, die Konkurrenz mit Spitzenwerten für das Auto-Quartett zu übertrumpfen, sondern man hat die „Batteriekapazität den Fahrbedürfnissen vieler städtischer Autofahrer“ angepasst, wie es in der Mitteilung heißt. Im Dolphin Surf bietet BYD zwei Batterie-Größen und zwei Leistungsstufen an, die zu drei verschiedenen Modellvarianten kombiniert werden. Der Dolphin Surf Active hat einen 30-kWh-Akku, der mit einem 65-kW-Antrieb mit 220 Kilometern WLTP-Reichweite zertifiziert wurde. In der Boost-Version kommt ebenfalls der 65-kW-Motor zum Einsatz, jedoch zusammen mit einem 43,2 kWh großen Akku für bis zu 322 Kilometer Reichweite. Der Dolphin Surf Comfort nutzt auch die große Batterie, aber in Kombination mit einem 115 kW starken Frontantrieb – diese Version kommt auf eine WLTP-Reichweite von 310 Kilometern. Alle wichtigen Daten finden Sie in folgender Tabelle in der Übersicht:
Dolphin Surf Active | Dolphin Surf Boost | Dolphin Surf Comfort | |
---|---|---|---|
Antrieb | FWD | FWD | FWD |
Leistung | 65 kW | 65 kW | 115 kW |
Drehmoment | 175 Nm | 175 Nm | 220 Nm |
Beschleunigung | 11,1 s | 12,1 s | 9,1 s |
Höchstgeschwindigkeit | 150 km/h | 150 km/h | 150 km/h |
WLTP–Reichweite | 220 km | 322 km | 310 km |
Batteriekapazität | 30 kWh | 43,2 kWh | 43,2 kWh |
Ladeleistung DC | 65 kW | 85 kW | 85 kW |
Ladezeit DC 10-80% | 30 min | 30 min | 30 min |
Preis | 22.990 Euro | 26.990 Euro | 30.990 Euro |
Mit dem Fokus auf die Stadt hebt BYD hervor, dass die Reichweite im WLTP-City-Zyklus bis zu 507 Kilometer beträgt. Wie effizient der Dolphin Surf wirklich ist, werden wohl erst die Testfahrten zeigen. 500 Kilometer dürften sehr sportlich sein, aber mit Stadt-Verbräuchen zwischen 12 und 13 kWh/100km könnten je nach Batteriegröße reale 200 bis 300 Kilometer möglich sein. Bei den Motoren handelt es sich übrigens ebenfalls um eine BYD-Eigenentwicklung, der 8-in-1-Elektroantrieb kombiniert den Antriebsmotor, das Getriebe, das Fahrzeugsteuergerät (VCU), den Gleichstromwandler, den Batteriemanagement-Controller, den Motor-Controller, die Stromverteilungseinheit und das Onboard-Ladegerät zu einem einzigen Modul.
Der AC-Onboard-Charger leistet dabei 11 kW, egal in welcher Variante. Dazu gibt es eine Vehicle-to-Load-Funktion, dank der elektrische Geräte mit bis zu 3,3 kW Leistung mit Strom aus der Antriebsbatterie versorgt werden können. Beim DC-Laden kommt es auf die Batterie an: Der 30-kWh-Akku kann mit maximal 65 kW geladen werden, der 43,2-kWh-Akku mit 85 kW in der Spitze. In beiden Fällen soll der Standard-Ladevorgang von zehn auf 80 Prozent 30 Minuten dauern – das ist eher Durchschnitt und einer der wenigen Punkte, an denen deutlich wird, dass es sich beim BYD Dolphin Surf um ein E-Auto für Sparfüchse handelt. Von 30 bis 80 Prozent soll der DC-Ladevorgang mit der großen Batterie 22 Minuten dauern.
In puncto Sicherheit lässt BYD dagegen keine Kompromisse zu: Die Karosserie besteht zu über zwei Dritteln aus hochfestem Stahl und serienmäßig sind zahlreiche Assistenzsysteme an Bord – darunter ein adaptiver Tempomat, Spurhalteassistent, Notbremsfunktion und Fernlichtassistent. Auch eine Rückfahrkamera, Parksensoren, mehrere Airbags und ein Reifendruckkontrollsystem gehören zur Grundausstattung. Je nach Ausstattungsvariante kommen weitere Features hinzu, etwa elektrisch verstellbare Sitze, Regensensor, LED-Scheinwerfer, 360-Grad-Kamera oder kabelloses Smartphone-Laden. Alle Versionen verfügen über drei ISOFIX-Punkte für Kindersitze, was den Dolphin Surf besonders familienfreundlich machen soll.
Auch mit der Raumaufteilung der reinen E-Plattform will BYD punkten, wobei auch die Konkurrenz bei den kostenoptimierten E-Kleinwagen zunehmend auf reine Elektroautos und keine Multi-Energy-Fahrzeuge mehr setzt. Mit den 2,50 Metern Radstand soll der Platz für vier Insassen ausreichen, zugleich fasst der Kofferraum 308 Liter. Werden die Rücksitze nicht genutzt, können mit umgeklappten Lehnen sogar 1.037 Liter Stauraum in dem Kleinwagen erreicht werden. Und da der Dolphin Surf hinten über eine platzsparende Verbundlenkerachse verfügt, gibt es sogar ein weiteres großes Staufach unter dem Kofferraum, wo zum Beispiel eine Reisetasche verstaut werden kann.
Aktionspreise direkt zum Start
Im Innenraum verfügen alle Versionen des Fahrzeugs über den BYD-typischen, drehbaren 10,1-Zoll-Touchscreen „mit der neuesten Benutzeroberfläche“, wie der Hersteller ankündigt. Das umfasst etwa die permanente Shortcut-Leiste und auch die Drei-Finger-Gestensteuerung der Klimaanlage. Android-Smartphones und iPhones können kabellos an das System angebunden werden.
Der Dolphin Surf kann in Deutschland ab sofort bestellt werden, mit den ersten Auslieferungen rechnet BYD selbst ab Juni. Zur Markteinführung bietet BYD den Dolphin Surf direkt zu Aktionspreisen an: Bis zum 30. Juni 2025 startet die Active-Version bei 19.990 Euro, danach sind es regulär 22.990 Euro. Gerade mit dem Aktionspreis wirkt der Dolphin Surf gut eingepreist. Zum regulären Wert von rund 23.000 Euro gibt es auch schon fast einen Hyundai Inster – der in der Basis schon mit 42 kWh eine deutlich größere Batterie für mehr Reichweite hat.
Den Dolphin Surf Boost gibt es zunächst ab 22.490 Euro, später ab 26.990 Euro. Bei der Comfort-Version fällt der Aktionsrabatt am höchsten aus: Bis Ende Juni gibt es das Topmodell ab 24.990 Euro, ab Juli stehen dann satte 30.990 Euro in der Liste. Auch hier gilt: Die Aktionspreise scheinen durchaus wettbewerbsfähig – mit dem regulären Preis von knapp 31.000 Euro liegt der Dolphin Surf aber schon auf dem Niveau der Größenklasse darüber – mit dem „echten“ Dolphin und dem ID.3. Allerdings sieht sich BYD selbst ausstattungsbereinigt im Konkurrenz-Vergleich im Vorteil, da der Dolphin Surf Features wie eine Sprachsteuerung, 360-Grad-Kamera, V2L, Öffnen per NFC-Device und vegane Ledersitze (also Kunstleder) bietet – die es bei der Konkurrenz teilweise nicht einmal gegen Aufpreis gibt.
Ob BYD damit bei den deutschen und europäischen Kunden punkten kann, werden die kommenden Wochen und Monate zeigen. Für die Verbraucher ist aber schon die Premiere an sich positiv, denn Konkurrenz belebt das Geschäft. Und für die Hersteller ist klar: Auf dem guten Namen oder dem dichten Vertriebs- und Servicenetz können sie sich nicht mehr lange ausruhen. „Jetzt machen wir Elektromobilität bezahlbar“, sagt BYD-Manager Schulz in Berlin. „Und wir machen es auch noch cool!“
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