Weltpremiere: Nissan bringt den Micra zurück – rein elektrisch
Der Micra ist für Nissan historisch gesehen ein Erfolgsmodell. Mehr als sechs Millionen Micras haben die Japaner weltweit verkauft, seit 1983 die erste Generation des Kleinwagens auf den Markt kam – über fünf Modell-Generationen hinweg. Doch seit 2022 klafft im B-Segment eine Lücke im Nissan-Portfolio, denn damals lief die Produktion des intern K14 genannten Micra-Modells ersatzlos aus.
Ab Ende des Jahres soll dann die sechste Micra-Generation diese Lücke wieder schließen. Allerdings haben sich die Japaner nicht für einen konventionellen Kleinwagen entschieden, sondern für einen rein elektrischen: Basierte die fünfte Generation noch auf dem Clio von Allianz-Partner Renault, bildet für den neuen Micra der Renault 5 E-Tech Electric die Basis. Und dessen Plattform AmpR Small ist nur auf Elektroantriebe ausgelegt.
Da sich die beiden Modelle die Plattform teilen und auch zusammen im Ampere-Werk Douai gebaut werden, überraschen die technischen Daten des Antriebs beim neuen Micra nicht. Allerdings hat sich Nissan Europe bewusst dazu entschieden, die gesamte Angebotsstruktur beim neuen Micra so einfach und übersichtlich wie möglich zu halten. Daher gibt es beim Micra nur zwei Antriebsvarianten: Das Basismodell erhält den 40-kWh-Akku in Kombination mit dem 90 kW starken Elektromotor für (vorläufige) 310 Kilometer WLTP-Reichweite, das Top-Modell nutzt den 52-kWh-Akku und den 110 kW starken Motor, was 408 Kilometer nach WLTP ergeben soll. Renault bietet den kleinen Akku auch mit einem 70-kW-Antrieb an, zudem gibt es von Alpine noch ein sportliches Top-Modell.

















Weitere Antriebsvarianten wie beim Schwestermodell wollte Arnaud Charpentier, Vice President Marketing & Mobility für die AMIEO-Region bei Nissan (Afrika, Naher Osten, Indien, Europa, Ozeanien) nicht ausdrücklich ausschließen, es sei aber „zu früh“, um über eine Basis-Motorisierung oder einen Micra Nismo im Stile des Alpine A290 zu sprechen. Nur eines gab Charpentier rund um die Premiere des Micra deutlich zu Protokoll: An einem SUV-Ableger auf Basis des Renault 4 E-Tech Electric arbeitet Nissan nicht, es wird im B-Segment bei einem Elektromodell bleiben – dem neuen Micra.
Mit der Technik der AmpR Small unter dem Blech gibt es auch bei den Lade-Optionen keine Überraschung: Mit bis zu 80 kW (kleiner Akku) oder 100 kW (großer Akku) kann der Micra in rund 30 Minuten von 15 auf 80 Prozent nachladen, dabei haben beide Varianten ab Werk eine Batterieheizung und -kühlung sowie eine Wärmepumpe an Bord. Das AC-Laden erfolgt über den 11-kW-Onboard-Charger, der auch das bidirektionale Laden unterstützt. Nissan kündigt hier aber vorerst nur eine Vehicle-to-Load-Funktion (V2L) an, mit der elektrische Geräte mit Strom aus der Antriebsbatterie betrieben werden können. Vehicle-to-Home (V2H) oder Vehicle-to-Grid (V2G) sind aktuell noch kein Thema.
Wie aber soll sich der Micra vom Technik-Spender Renault 5 abheben, wenn es keine großen Unterschiede bei der Technik gibt? Für Charpentier ist das vor allem eine Frage des Designs. „Das war für unsere Designer eine doppelte Herausforderung“, so der Franzose. „Zum einen wollten wir dem Retro-Pop-Charme des Renaults fern bleiben, zum anderen sollte es ein moderner Nissan werden, der auch sofort als Micra zu erkennen ist. Es war sehr wichtig für uns, eine eigene Lichtsignatur zu erhalten.“
Inspiration gefunden haben die Designer im eigenen Haus, und zwar bei der K12 genannten Micra-Generation Nummer drei, die zwischen 2003 und 2010 verkauft wurde. Wie das Vorbild hat auch der neue Micra ovale und leicht hervorstehende Scheinwerfer an der Front, die im Jahr 2025 aber vor allem durch die LED-Tagfahrlichter hervorgehoben werden. Beim Entriegeln spielen die Scheinwerfer und Tagfahrlichter eine besondere „Welcome Light“-Animation ab, welche laut Charpentier nicht nur nützlich sein soll, um etwa das Auto auf einem großen Parkplatz zu finden, sondern auch die Technologie des Autos nach außen zeigen soll – also was für aufwändige Scheinwerfer in einem Kleinwagen inzwischen verbaut werden.
Micra 40 kWh | Micra 52 kWh | |
---|---|---|
Antrieb | FWD | FWD |
Leistung | 90 kW | 110 kW |
Drehmoment | 225 Nm | 245 Nm |
Beschleunigung | 9,0 s | 8,0 s |
Höchstgeschwindigkeit | 150 km/h | 150 km/h |
WLTP–Reichweite | 310 km | 408 km |
Batteriekapazität | 40 kWh | 52 kWh |
Ladeleistung DC | 80 kW | 100 kW |
Ladezeit DC 15-80% | 30 min | 30 min |
Preis | – | – |
Insgesamt hebt sich der im europäischen Nissan-Designzentrum in London entworfene Micra mit eher rundlichen Formen vom kantig gezeichneten Renault 5 ab – anzusehen ist den beiden Modellen die enge Verwandtschaft in der Tat kaum. Dafür sorgt auch die etwas höhere und steilere Frontpartie des Nissan, die dem neuen Micra schon fast SUV-Anleihen gibt – etwa mit den serienmäßigen 18-Zoll-Felgen (ungewöhnlich groß in dem Segment) sowie den ausgeprägten Radkästen. „Das Design der sechsten Generation des Nissan Micra feiert all jene Werte, die das Modell so beliebt gemacht haben – und schlägt zugleich ein neues Kapitel für den Micra als Elektrofahrzeug auf“, sagt auch Giovanny Arroba, Vice President von Nissan Design Europe.
Während der Micra außen etwas verspielt designt ist, wurde der Innenraum betont schlicht und eher elegant gehalten. Hinter dem Drei-Speichen-Lenkrad ist ein 10,1 Zoll großes Cockpit-Display verbaut, in der Mitte gibt es je nach Ausstattung einen sieben oder ebenfalls 10,1 Zoll großen Touchscreen. Die Infotainment-Software bezeichnen die Japaner als „NissanConnect with Google built-in“ – für die Navigation und den EV-Routenplaner wird die aus anderen Fahrzeugen bekannte Version von Google Maps genutzt, als Sprachsteuerung kommt der Google Assistant zum Einsatz (nicht nur für Fahrzeug-Funktionen, sondern auch für Fragen wie zum Beispiel der Wettervorhersage) und auch der Google-Play-Store für weitere Apps wird im Micra angeboten.
Das System wird auf dem Smartphone des Kunden um die MyNissan-App erweitert, über die zum Beispiel die Klimaanlage gesteuert werden kann, aber auch ein „Battery Manager“ ist in die App integriert. „Für viele Elektro-Neulinge ist es eine große Herausforderung, sich in dem Ökosystem mit dem Laden zurechtzufinden. Mit unserer MyNissan-App geben wir alle Features mit, damit das Fahren und Laden eines Elektroautos so einfach wie möglich wird“, sagt Arnaud Charpentier.
Mit einer Länge von 3,97 Metern (vier Zentimeter mehr als der Renault 5) soll auch das Fahren und Parken in der Stadt einfach sein. Auch die Breite von 1,77 Metern soll dabei helfen. Gleichzeitig ist der Radstand mit 2,54 Metern (exakt wie beim Renault) für die Fahrzeuggröße relativ lang, was laut Nissan für gleich drei Vorteile sorgen soll: „Es garantiert mehr Platz im Innenraum, sorgt gleichzeitig für eine dynamischere Straßenlage und eine optimale Mischung aus Agilität und Stabilität.“ Um den Platz im Innenraum zu verdeutlichen: Der Kofferraum fasst immerhin 326 Liter und kann mit umgeklappten Rücksitzlehnen auf 1.106 Liter erweitert werden.
Anders als frühere Generationen wird der neue Micra nur noch als Fünftürer angeboten – und wie erwähnt auch nur rein elektrisch. E-Power-Hybride mit Blick auf die Nachfrage in Südeuropa nach betont günstigen Kleinwagen sind nicht in Planung – und mit der AmpR Small auch gar nicht möglich, wie Charpentier erklärt. „Wir wollen mit dem Preis so attraktiv sein, dass er auch in Südeuropa preislich interessant ist“, sagt der Franzose, allerdings ohne die Preise für den neuen Micra zu nennen. Diese werden erst später im Jahr kommuniziert.
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