
E.ON sieht großes Potenzial in flexibler Energienutzung
Die E.ON-Studie hat mit Unterstützung der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) für 2025 eine potenziell verschiebbare Energiemenge von 15,6 Terawattstunden (TWh) in Deutschland ermittelt. Um diese Zahl etwas einzuordnen: Die Stadt München verbraucht etwa sieben bis acht TWh pro Jahr, mit dem Potenzial könnten also zwei Großstädte versorgt werden – oder rund ein Drittel der öffentlichen Stromerzeugung aus Gas-Kraftwerken im Jahr 2024 ersetzt werden. Bis 2030 steigt dieses Flexibilitätspotenzial auf 30,9 TWh an – oder vier Städte von der Größe Münchens. Eine enorme Energiemenge, die eingespart werden könnte – wenn das Potenzial mit einer intelligenten Steuerung auch genutzt werden kann.
Für die Studie haben die FfE und ein E.ON-Data-Team ausgewertet, wie verbreitet Wärmepumpen, E-Autos sowie Heimspeicher heute sind und künftig sein könnten. Auf Basis der Daten und verschiedener Annahmen hat das Experten-Team aus den Energieverbräuchen der Technologien eine potenziell flexible Energiemenge abgeleitet. Sie beschreibt das technische
Potenzial der maximal verfügbaren verschiebbaren Kapazität. Faktoren wie die tatsächliche Verbreitung von Smart Metern wurden aber ausgeklammert.
Als flexible Verbraucher wurden dabei Wärmepumpen, Heimspeicher, sogenannte „Mikro-Flexibilitäten“ (Haushaltsgeräte wie Spülmaschinen, Waschmaschinen und Wäschetrockner) und eben die Wallboxen für die E-Autos betrachtet. „Flexibilitäten, um die Verbräuche zu schieben, sind da“, sagt Filip Thon, CEO E.ON Energie Deutschland, bei der Vorstellung der Studie. „Wenn man das mit der Erzeugung matcht, ergibt sich enormes Potenzial. Es ist gut für das Energiesystem und die Kunden können Geld sparen.“


Für 2025 sehen E.ON und die FfE bei den Elektroautos ein Potenzial von 2,8 TWh, wenn die heimischen Ladevorgänge an der Wallbox intelligent gesteuert und an die Energieerzeugung zeitlich angepasst werden. Für das Jahr 2030 geht die Studie von 5,9 Millionen E-Autos in Deutschland aus, die dann ein Flexibilitätspotenzial von 8,2 TWh bieten. Also mit dem zeitlich flexiblen Laden von E-Autos könnte der Jahresverbrauch von München eingespart werden.
Und das auch alleine mit den Ladevorgängen an der eigenen Wallbox, denn andere Szenarien haben E.ON und die FfE für die Studie nicht betrachtet. Dabei werden viele Dienstwagen und elektrische Firmenfahrzeuge oft nicht – oder nicht ausschließlich – an privaten Wallboxen geladen, sondern tagsüber am Firmenstandort, während der Arbeitszeit. „Wenn es die Möglichkeit gibt, direkt beim Arbeitgeber diese Flexibilität anzubieten, ergeben sich weitere Anwendungsfälle. Etwa wenn es in das Energiemanagement des Arbeitgebers eingebundenen wird und über die Batterien der angeschlossenen Elektroautos zum Beispiel Lastspitzen abgefedert werden können“, sagt Serafin von Roon, Managing Director der FfE, auf eine entsprechende Nachfrage von electrive. „Das wird ein extrem wichtiger Anwendungsfall in der Zukunft, gerade wenn mittags die Energieerzeugung hoch ist.“
Aber: Es bringt auch neue Herausforderungen mit sich, etwa bei der Abrechnung und der Regulatorik. Kurzfristig kann es also für Privatkunden einfacher sein, das Potenzial des eigenen E-Autos zu nutzen. Entsprechende Angebote mit dynamischen und flexiblen Tarifen gibt es teilweise schon heute.
Als „dynamischen“ Tarif sieht E.ON die Kopplung an den aktuellen Strompreis. „Dynamische Tarife sind spannend, aber auch risikobehaftet. Der Kunde ist dem schwankenden Marktpreis voll ausgesetzt“, sagt E.ON-Manager Thon. „Das bietet großes Potenzial, Negativpreise zu nutzen. In einer Dunkelflaute kann es aber auch sein, dass man einen Euro pro kWh zahlen muss.“ Die flexiblen Tarife sind daher „eine spannende Brücke“ zwischen dynamischen und klassischen Tarifen mit fixem Grund- und Arbeitspreis. „Wir garantieren einen gewissen Fixpreis, aber auch einen Bonus am Ende des Tages oder des Jahres“, so Thon. „Wenn ich einige Konditionen erfülle, etwa sechs Mal im Monat das E-Auto zu laden und die Steuerung dabei dem Energieversorger überlasse, bekomme ich 20 Euro pro Monat oder 240 Euro im Jahr zurück.“
Elektroautos haben mit ihren großen Batterien und Energiemengen wohl das höchste Potenzial. Was Kunden etwa mit einem flexiblen Tarif bei einem Heimspeicher oder einer Wärmepumpe an Bonus erhalten könnten, will Thon nicht nicht verraten – man rechne derzeit noch. Bei der flexiblen Energiemenge ist das Potenzial der Heimspeicher aber groß: E.ON geht ausgehend von 3,3 TWh in diesem Jahr von satten 11,7 TWh im Jahr 2030 aus. „Über 90 Prozent der PV-Anlagen, die wir derzeit installieren, haben eine Batterie mit dabei“, so Thon.
„Wie die Bevölkerung konkret zur Flexibilität im Energiesystem steht, zeigt eine repräsentative Umfrage für den „E.ON Flexibilitäts-Check“: Fast jeder Zweite (44 Prozent) gibt darin an, bereits über dynamische/flexible Tarife informiert zu sein. Zudem zeigen sich zwei Drittel der Befragten (68 Prozent) offen für Verbrauchs-Verschiebungen in eine andere Tageszeit. Den Wert von 68 Prozent hält Thon zwar für gut, aber „das ist in meinen Augen nicht genug“. „Dieses Flexibilitätspotenzial privater Haushalte nicht zu nutzen, wäre fatal“, so der E.ON-Deutschland-Chef.
Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz vorne
In der Studie haben die beiden Partner nicht nur den bundesweiten Trend betrachtet, sondern auch auf die Lage in den Bundesländern geschaut. Dafür wurden unter anderem die regionalen potenziell verschiebbaren Energiemengen pro Haushalt ermittelt, um eine Vergleichbarkeit herzustellen; sowie Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov zugrunde gelegt. In das Bundesländer-Ranking sind aber nicht nur absolute Daten wie die flexible Energiemenge je Haushalt eingeflossen, sondern auch die Umfrage-Aussagen zu Wissen und Bereitschaft, die Flexibilität zu nutzen.
In beiden Jahren platzieren sich dieselben Bundesländer an der Spitze: Bayern liegt mit einer potenziell verschiebbaren Energiemenge von 463 Kilowattstunden (kWh) pro Haushalt im Jahr 2025 und starken Umfrage-Platzierungen auf Platz eins und kann diese Position 2030 halten. Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz landen 2025 punktgleich auf Platz zwei – 2030 platziert sich Rheinland-Pfalz dann vor Baden-Württemberg. Also ist das Flexibilitätspotenzial in jenen Bundesländern, die am weitesten von den großen Windparks im Norden Deutschlands entfernt sind, am größten.
„Unser Flexibilitäts-Check belegt, dass die Haushalte ein wichtiger Player auf dem Weg hin zu einer grünen, flexiblen Energiezukunft sind. Unsere Aufgabe als Branche ist es, Verbraucher bestmöglich bei der Nutzung von Flexibilität mit innovativen Tarifen und der entsprechenden Infrastruktur – Stichwort ‚Smart Meter‘ – zu unterstützen“, sagt Thon. „Als E.ON setzen wir nicht nur auf dynamische Tarife, sondern machen mit flexiblen Tarifen ganz bewusst auch denjenigen Kunden ein Angebot, die nicht permanent den Börsenstrompreis im Blick haben.“
Quelle: Livestream der Pressekonferenz, Info per E-Mail
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