EKMI-Bericht: Was das Expertenforum für den E-Auto-Hochlauf empfiehlt

Das Expertenforum klimafreundliche Mobilität und Infrastruktur (EKMI) sollte die geplanten Maßnahmen des Bundesverkehrsministeriums für ein Sofortprogramm durchleuchten. In dem nun übergebenen Arbeitsbericht sprechen sich die Experten für eine umfangreiche Förderung aus, sehen eine Kaufprämie aber kritisch. Wir haben das Dokument mit Blick auf den Pkw-Markt durchleuchtet: Es gibt Streit um Plug-in-Hybride und hohe Ladepreise.

Bild: BMV

Das 27-köpfige EKMI unter der Leitung von Staatssekretärin Claudia Elif Stutz (CDU) hat Vorschläge zu fünf Themenfeldern bewertet – unter anderem zu den für die Elektromobilität relevanten Bereichen „Elektrifizierung des Pkw-Antriebs“ und „Dekarbonisierung des schweren Straßengüterverkehrs“. Weitere Themen waren die „kommunale Mobilität und Multimodalität“, die „Verlagerung auf die Schiene und den kombinierten Güterverkehr“ und der „Einsatz regenerativer Kraftstoffe“.

Als Arbeitsgrundlage diente dem EKMI ein vom BMV zusammengestelltes Portfolio von insgesamt 33 Maßnahmen, „welches sich im Wesentlichen aus dem Koalitionsvertrag für die 21. Legislaturperiode ableitet“, wie es in dem Arbeitspapier heißt – die Marschrichtung war also klar. „Ergänzend hat das EKMI punktuell, aber nicht vollumfänglich, neue Maßnahmen betrachtet und qualitativ bewertet, die über das vorgelegte Maßnahmenportfolio hinausgehen. Eine wissenschaftliche Quantifizierung der Effekte war in der verfügbaren Zeit nicht zu realisieren.“

In diesem Artikel betrachten wir den Bereich „Elektrifizierung des PkW-Antriebs”. Die Ergebnisse zur „Dekarbonisierung des schweren Straßengüterverkehrs” haben wir in diesem Artikel aufbereitet!

Blicken wir auf einige Aspekte des Arbeitsberichts zur „Elektrifizierung des Pkw-Antriebs“: Dieser wird als „zentraler Hebel zur Reduktion“ der Pkw-Emissionen angesehen, da der Pkw-Verkehr mit rund 60 Prozent den größten Teil der Treibhausgas-Emissionen im Verkehrssektor verursacht. Ziele der Maßnahmen sind es, die Gesamtkosten (vor allem für kleine und mittlere E-Autos) zu senken, sowohl bei den Anschaffungs- als auch Betriebskosten. Vorweg: Das vorgeschlagene Maßnahmenbündel der Politik aus dem Koalitionsvertrag bewerten die Experten als „gute, aber keine ausreichende Grundlage für die zukunftsfähige Ausrichtung des Sektors“.

Einer Kaufprämie wie dem Umweltbonus steht das EKMI sehr kritisch gegenüber, diese wird in dem Dokument „mehrheitlich als schwierig betrachtet“. Kaufanreize könnten zwar je nach Ausgestaltung die Nachfrage nach kleinen und mittleren Pkw steigern, allerdings wird dann eine Förderung direkt nach dem Kauf und nicht erst bei der Zulassung (wie beim Umweltbonus) empfohlen – das würde eher einkommensschwachen Haushalten helfen. Auch mit anderen Kriterien rund um soziale Aspekte könnten jene Kundengruppen erreicht werden, „die bislang kaum von Förderungen profitieren“, so der Bericht.

Kaufprämie darf nicht marktverzerrend wirken

Aber: Direkt geförderte Neuwagen könnten den Gebrauchtwagenmarkt unter Druck setzen und auch dem Industriestandort schaden: „Eine Förderung ohne Preisdeckelung könnte die Nachfrage nach höherwertigen, in Deutschland gefertigten Fahrzeugen stärken. Je nach Ausgestaltung könnten ausländische Hersteller begünstigt werden“, heißt es im dem EKMI-Bericht. Steuerliche Anreize, „wie etwa eine verteilungspolitisch regressiv wirkende Mehrwertsteuersenkung“, werden als planbarer und unbürokratischer eingeschätzt. Ein über den Klima-Sozialfonds (KSF) finanziertes Social Leasing, wie von der SPD befürwortet, „sollte hinsichtlich des Aufwand-zu-Nutzen-Verhältnisses geprüft“ werden, meinen die Experten.

Die steuerliche Begünstigung von Elektrodienstwagen – also vor allem die bereits beschlossene Anhebung des Bruttolistenpreises auf 100.000 Euro – sei eine „wirksame Maßnahme“ sowohl für den gewerblichen Umstieg auf Elektrofahrzeuge als auch zur Stärkung des Gebrauchtwagenmarktes für E-Pkw“. Aus Umweltsicht sei der Nutzen aufgrund der geringen Anzahl der Fahrzeuge unklar. Aber die bereits von Verbänden kritisierte „Partizipation von Leasing-Fahrzeugen in gewerblicher Nutzung ist dringend zu klären“.

Die Steuerbefreiung für Elektroautos bis 2035 sei „grundsätzlich sinnvoll, um die E-Mobilität zu fördern“, das EKMI erwartet jedoch wegen der niedrigen Steuerhöhe in diesem Fall eine geringe Lenkungswirkung, sie könne aber „einen relevanten psychologischen Effekt bei der Kaufentscheidung haben“. Eine stärkere Spreizung der CO2-Komponente der Kfz-Steuer könnte hingegen die Wirkung verbessern – wenn auch die Gefahr „zusätzlicher Belastungen für Nutzerinnen und Nutzer von Verbrennerfahrzeugen“ besteht.

Keine Einigkeit bei PHEV-Förderung

Bei der von der Koalition geplanten Förderung von Plug-in-Hybriden und Fahrzeugen mit Range Extender gab es in dem Expertengremium ausdrücklich keine Einigkeit. In dem Arbeitspapier werden PHEVs zwar als „Einstiegstechnologie und in Regionen im EU-Ausland mit unzureichender Ladeinfrastruktur“ ein „Mehrwert“ zugesprochen, allerdings müsse ihre „Nutzung und Effizienz durch geeignete Maßnahmen flankiert werden“. Dafür mahnen die Experten eine Definition technischer Mindestanforderungen auf „Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse“ an – die Wissenschaft hat die Plug-in-Hybride zuletzt nicht sehr gut bewertet. „Ein Teil des Gremiums verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die geplante Verschärfung des Utility Factor ausgesetzt und im geplanten Review überprüft werden sollte. Im Gesamtgremium gibt es unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der Frage, ob dies zu mehr oder weniger CO2-Emissionen führt“, heißt es dazu abschließend in dem Bericht.

Bei einer Förderung von Lademöglichkeiten in Mehrparteienhäusern empfiehlt das EKMI eine Förderung ausdrücklich – und zwar nach Zielgruppen differenziert und „möglichst unbürokratisch“. „Wohnungseigentümergemeinschaften könnten in einem vereinfachten Ansatz über prozentuale Investitionskostenzuschüsse unterstützt werden. Wohnungsbauträger könnten über steuerliche Entlastungen gefördert werden“, so die Experten. Allerdings wird eine Überprüfung der bisherigen Förderprogramme empfohlen, um den Rechtsrahmen für die neue Förderung festzulegen. Und die Umsetzung der EU-Gebäudeenergieeffizienz-Richtline (EPBD) im Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) wird grundsätzlich unterstützt: „Eine Mindestvorgabe zur Ladeleistung sollte eingeführt werden, um zukunftsfähige LIS zu gewährleisten“, so der Bericht.

Bei der Ladeinfrastruktur wird auch ein neuer „Masterplan“ unterstützt, wobei angeregt wird, diesen eher als „Aktualisierung statt Neuauflage“ zu bezeichnen, da eine Neuauflage „die bisherigen Inhalte zu stark in Frage stellen“ würde. Klar ist aber: Die Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur sollte weitergeführt werden, Kontinuität solle gesichert werden, um die Umsetzung der offenen Maßnahmen aus dem aktuellen Masterplan weiter voranzutreiben.

Diskussion über „staatliches Ladeguthaben“

Als neue Maßnahme haben die EKMI-Experten auch über das Thema Ladepreise diskutiert. Die im Koalitionsvertrag angeregte Reduzierung von Stromsteuer und Netzentgelten „wird bei Weitergabe an die Kunden die Betriebskosten verringern und die Wirtschaftlichkeit speziell für Gebrauchtwagen verbessern“. Durch die Umsetzung der AFIR-Vorgaben werden Ad-hoc-Preise ab April 2026 auf einer zentralen Plattform durch den Bund realisiert (idealerweise perspektivisch europäisch). „Es sollte geprüft werden, wie wir die Preistransparenz weiter erhöhen können“, heißt es dazu eher allgemein. Es wird aber auch ein „staatliches Ladeguthaben“ angeregt, wie es im Wahlkampf etwa von den Grünen gefordert wurde. Eine solche Maßnahme „sollte als hersteller- und modellunabhängige Anreizmaßnahme geprüft werden“. Das EKMI weist aber darauf hin, dass die tatsächliche Lenkungswirkung noch abschließend zu bewerten sei.

Für das bidirektionale Laden wird ein geeigneter, regulatorischer Rahmen gefordert, um etwa wirtschaftliche Anreize zu schaffen und Doppelabgaben zu vermeiden. Als Ziel wird eine Plug-&-Play-Lösung genannt („Nutzerinnen und Nutzer sollen verschiedene Fahrzeuge mit unterschiedlichen Ladeeinrichtungen verbinden und mit dem Heim-Energiemanagementsystem vernetzen können“), aber es werden keine konkreten Maßnahmen vorgeschlagen, wie das erreicht werden könnte.

Insgesamt mahnen die Experten für den Pkw-Bereich Planungssicherheit und Verlässlichkeit bei der politischen Umsetzung an. „In Bezug auf eine Fahrzeugförderung sollte schnellstmöglich Klarheit geschaffen werden, um aktuelle, marktverzerrende Warteeffekte zu verhindern“, so der Bericht. „Die Industrie und die Energiewirtschaft benötigen eine langfristige Stabilität von Rahmenbedingungen für die Modell- und Produktionsplanung und den Ausbau des Ladeangebots. Wenn an einer Stelle Maßnahmen mit hoher Klimawirkung abgeschwächt werden, dann müssen an anderer Stelle höhere Einsparungen erzielt werden, um die Klimawirkung beizubehalten.“

„Die Mitglieder des EKMI haben in kürzester Zeit Ergebnisse erzielt, die wichtige Impulse für den Beitrag des BMV zum Klimaschutzprogramm leisten. Von der Schiene, über Straßen- bis hin zu Wasserverkehr: Verkehrsträgerübergreifend hat das EKMI einen konstruktiven Dialog geführt und gezeigt, dass wir gemeinsam Verantwortung für die Mobilität der Zukunft tragen“, sagt Verkehrsminister Patrick Schnieder. „Was wir daraus mitnehmen: Wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen für unsere Bürgerinnen und Bürger, genau wie für unsere Wirtschaft beim weiteren Ausbau der Ladeinfrastruktur, beim Hochlauf erneuerbarer Kraftstoffe oder beim Ausbau unserer Verkehrswege.“

Doch nicht alle teilen die positive Beurteilung des Ministers. Der ökologischen Verkehrsclub VCD kritisiert die Vorschläge als halbherzig und mutlos. „Klimaschutz ja – aber nicht auf Kosten der fossilen Industrie: Das ist leider der Tenor, der sich durch den EKMI-Bericht zieht. Klimafreundliche Mobilität soll zwar gefördert werden, aber nicht zulasten der Verbrenner-Lobby“, sagt Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher der VCD. „Am klimaschädlichen Steuerprivileg für Dienstwagen, Dieselkraftstoff und Entfernungspauschale will die Kommission nicht rütteln. Und statt konsequent auf den Elektroantrieb zu setzen, hält sie an der Illusion fest, Mogelpackungen wie E-Fuels oder HVO100 könnten eine Lösung für das CO2-Problem darstellen. Dies konterkariert Transformationsmaßnahmen, kostet den Steuerzahler viel Geld und zementiert letztlich die fossile Welt von gestern.“ Als positiv wertet er aber, dass die Kommission konkrete Vorschläge gemacht habe, die Maßnahmen nicht nur klimawirksam, sondern auch sozial gerecht auszugestalten. „Doch das meiste, was der EKMI eingefallen ist, liegt seit Jahren auf dem Tisch. Noch immer fehlt ein Plan, wie das Ganze umzusetzen ist“, so Müller-Görnert.

BMV will Empfehlungen prüfen

Grundsätzlich schreibt das Gremium zu allen Punkten aus den insgesamt fünf Bereichen, dass man „aufgrund der noch nicht vorliegenden Ausgestaltung der Maßnahmen“ nur eine qualitative Einschätzung der Wirksamkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen geben könne. Die nun folgende „Maßnahmenausgestaltung“ im Bundesverkehrsministerium sei „ eine essenzielle Basis für die Ausarbeitung eines Vorschlages für einen klimafreundlichen Verkehr entsprechend den Anforderungen des KSG“.

Das BMV will die Empfehlungen des EKMI nun „sorgfältig“ prüfen. Hintergrund des Prozesses ist die Verpflichtung des BMV, bis Mitte September seinen Beitrag zum Klimaschutzprogramm der Bundesregierung an das federführende Bundesumweltministerium zu übermitteln. Die Bundesregierung ist verpflichtet, bis spätestens März 2026 ein neues Klimaschutzprogramm vorzulegen.

bmv.de (Mitteilung), bmv.de (Arbeitsbericht als PDF), vcd.org

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