Kölner Forscher arbeiten an Mini-Verteilnetzen mit mehreren Haushalten

Im Projekt GridMaximizer haben Forschende der TH Köln eine Anwendung zur koordinierten Steuerung von Ladevorgängen entwickelt. Um die Lösung zu erproben, entwarf das Projektteam im Labor ein Verteilnetz mit sechs simulierten Haushalten.

Bild: Henrike Klehr/TH Köln

Werden in einer Straße zu viele Elektroautos gleichzeitig geladen, kann es aufgrund der Netzüberlastung zum Stromausfall kommen – dieses hypothetische Szenario sitzt immer noch in vielen Köpfen, auch wenn zahlreiche Feldversuche den Mythos längst widerlegt haben haben, die Wahrscheinlichkeit eines Blackouts wegen ladenden E-Autos ist sehr gering. Dennoch sind Forschung und Entwicklung in diesem Bereich weiter gelaufen, denn ein kontrolliertes und optimiertes Laden mehrerer Elektroautos hat handfeste wirtschaftliche Vorteile – der ohnehin nötige Netzausbau kann so anders geplant werden.

Die Herausforderung: Ein sogenanntes Lastmanagement, welches mehrere Ladestationen steuert, ohne den Netzanschluss zu überlasten, ist in der Regel nur lokal möglich – also pro Grundstück bzw. Netzanschluss. So können zwar 20 Ladepunkte in der Tiefgarage eines Mehrfamilienhauses per Lastmanagement optimal gesteuert werden, fünf Wallboxen an fünf Einfamilienhäusern in einer Straße aber in der Regel nicht. Und genau da haben die Kölner im Projekt GridMaximizer angesetzt – und die Möglichkeiten des bestehenden Stromnetzes voll auszunutzen.

Wie Projektleiter Eberhard Waffenschmidt vom Cologne Institute for Renewable Energy (CIRE) der Fakultät für Informations-, Medien- und Elektrotechnik der TH Köln erklärt, basiert die Lösung auf dem Schwarm-Prinzip. Die entwickelte Anwendung sammelt Messdaten von bereits in den Gebäuden vorhandenen Ladestationen und kann auf dieser Basis den aktuellen Netzzustand bestimmen. Das sei eine wesentliche Voraussetzung, um Ladevorgänge so zu steuern, dass die Verteilnetze, also Kabel und Transformatoren, nicht überlastet und die erlaubten Spannungsbänder, sprich die obere und untere Grenze der Spannung, nicht unter- und überschritten werden, so die Kölner.

„Um einer Überlastung vorzubeugen, gibt es zwei aufwendige Möglichkeiten: Zum einen der kostenintensive und langwierige Netzausbau und zum anderen die Ausrüstung der Gebäude mit komplexer Messtechnik, was aufgrund regulatorischer Vorgaben zudem häufig schwierig umzusetzen ist“, sagt Waffenschmidt. „Wir verfolgen einen einfacheren Weg, um die Ladevorgänge untereinander koordiniert und netzdienlich zu steuern.“ Der zweite Projektleiter Ingo Stadler ergänzt: „Unsere Lösung erfordert keine Anbindung an die Leitwarte des Netzbetreibers. Ein zusätzliches Steuergerät, um die verfügbare Ladeleistung zu verteilen, wird ebenfalls nicht benötigt. Wir setzen auf eine Ladeinfrastruktur, die sich nach der Installation selbstständig verwaltet, ohne dass eine zentrale Instanz die Kontrolle übernimmt. Das bedeutet weniger Aufwand bei Planung und Koordinierung.“

Um die eigene Lösung zu erproben, hat das Team im Labor ein eigenes Verteilnetz aufgebaut. Hunderte Meter Kabel, Wechselrichter, Batterien sowie Mess- und Steuereinheiten wurden so verschaltet, dass sechs Haushalte simuliert werden – drei davon mit Wallbox. Die Nutzer der Elektroautos können angeben, bis zu welcher Uhrzeit welcher Ladestand erreicht werden soll – wann genau mit welcher Leistung geladen wird, berechnet das System. „Unser Algorithmus kann den Netzzustand bestimmen. Dafür nutzt er Messdaten wie die elektrische Spannung und die Stromstärke sowie Standardlastprofile zur Ermittlung des aggregierten Stromverbrauchs von Geräten wie Backofen oder Waschmaschine innerhalb eines Haushalts. Darauf aufbauend verteilt das Programm freie Netzkapazitäten auf zu ladende E-Autos. Dabei werden vorgegebene Spannungsgrenzen an allen Stellen des Netzes eingehalten“, erklärt der wissenschaftliche Mitarbeiter André Ulrich.

Die Anwendung ist in den USA patentiert, in der EU wird sie noch geprüft. Auch ein Folgeprojekt ist schon geplant: Die Forscher wollen ihre im Labor erprobte Lösung um ein Energiemanagement erweitern, damit auch weitere Verbraucher wie etwa Wärmepumpen einbezogen werden können. Zum Abschluss ist auch ein Realversuch mit einem Netzbetreiber geplant.

th-koeln.de

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