Lkw-Laden als Business Case – Markus Hackmann, P3
Die Prognose ist ambitioniert, aber datenbasiert: „Wir prognostizieren aktuell, dass ungefähr ein Drittel der Lkw-Neuzulassungen in Deutschland im Jahr 2030 schon elektrifiziert sein werden und das dieser Wert bis 2040 auf 95 Prozent ansteigen wird“, sagte Hackmann gleich zu Beginn seines Vortrags. Denn die Elektromobilität im Schwerlastverkehr sei mittlerweile aus der Nische heraus und auf dem Weg in die Breite.
Doch Hackmann warnte davor, diesen Hochlauf nur national zu denken. Denn rund 50 Prozent des mautpflichtigen Schwerlastverkehrs in Deutschland wird von ausländischen Lkw abgedeckt – typischerweise im Transitverkehr. Daraus ergibt sich ein klarer Handlungsbedarf: Ladeinfrastruktur muss entlang der tatsächlichen Verkehrsströme geplant werden – und zwar grenzüberschreitend. Doch die Ost-West-Achse ist aktuell unterversorgt, während die Nord-Süd-Verbindungen bereits deutlich weiter sind.
Depotladen als Schlüssel – mit Stolpersteinen
Für viele Einsätze, insbesondere im Nah- und Regionalverkehr, sieht Markus Hackmann das Depotladen als zentrale Lösung. Zwei Drittel der Lkw-Fahrten in Deutschland liegen laut seinem Beratungsunternehmen P3 unter 300 Kilometern – Distanzen, die sich technisch problemlos mit heutiger E-Lkw-Technologie bewältigen lassen. Der Vorteil: Logistikunternehmen behalten die Kontrolle über Ladezeiten und -kosten, der Netzanschluss kann planbar dimensioniert werden.
Allerdings ist die Umsetzung anspruchsvoll: „Das bleibt für die Logistiker aufgrund der technischen, organisatorischen Hürden eine extrem anspruchsvolle Aufgabe“, betonte Hackmann. Vieles müsse parallel gedacht werden: Lade- und Tourenplanung, Energie- und Lastmanagement sowie Softwareintegration. Für P3 ist klar: Ohne übergreifendes Depot-Energiemanagement wird es nicht funktionieren. Entsprechend ist die Digitalisierung hier kein „Nice to have“, sondern Grundlage für Wirtschaftlichkeit und Skalierbarkeit.
Unterwegs laden: Bedarf bleibt – Standardisierung entscheidet
Trotz der Chancen des Depotladens bleibt das öffentliche Schnellladen auf Langstrecken ein zentrales Thema. Für etwa ein Drittel der Fahrten – also alle Strecken jenseits der 300 Kilometer – werde das Unterwegs-Laden zur Notwendigkeit. Dabei spielen nicht nur Reichweiten eine Rolle, sondern auch die internationale Logistikstruktur mit ihren Hubs und Transitrouten.
Spannend: Hackmann sieht den noch jungen Megawatt-Ladestandard (MCS) zwar als strategisch relevant, aber keineswegs als flächendeckend notwendig. Dabei beruft er sich u.a. auf Erkenntnisse aus dem HoLa-Projekt. „MCS wird bei Weitem nicht überall erforderlich sein, sondern mit CCS können wir sehr, sehr viel abdecken.“ Was ebenfalls dafür spricht: Hackmann geht davon aus, dass der CCS-Standard auf weit über 500 Kilowatt Leistung erweitert werden dürfte. Auch Ladezeiten und Leistungsprofile von heutigen E-Lkw zeigen, dass Hochleistungs-Laden bereits mit etablierten Standards in vielen Fällen umsetzbar ist – sofern die Infrastruktur dafür vorhanden ist.
Wichtig sei jedoch, dass die Infrastruktur auch dem Nutzungsverhalten folgt. Anders als Pkw laden Lkw überwiegend werktags, oft unter Zeitdruck und vorzugsweise während gesetzlich vorgeschriebener Ruhezeiten. Das bedeutet: Ladepunkte müssen genau dort entstehen, wo die Fahrer ohnehin ihre Pausen machen – und dann auch verfügbar sein und zuverlässig funktionieren. Denn Zeit ist im Güterverkehr ein entscheidender Kostenfaktor.
Software macht den Unterschied
Einen Schwerpunkt legte Hackmann auf das Zusammenspiel aus Hardware und digitaler Steuerung. Ein intelligentes Energiemanagement könne Lastspitzen glätten, Kosten senken und den Netzanschluss optimieren. Das ist besonders bei mehreren Depotstandorten entscheidend. „Wir sehen hier Einsparungen, die bei einem Drittel liegen – was in der Logistiker-Welt riesig ist“, so Hackmann.
Konkret nennt P3 mehrere Ansatzpunkte: Integration von Ladeplanung in die Tourensoftware, Echtzeitüberwachung von Lade- und Netzsituationen, prädiktive Analysen für Kapazitätsplanung, Nutzung dynamischer Stromtarife sowie Partnerschaften mit anderen Logistikern zur besseren Auslastung. Auch Batteriespeicher könnten dabei helfen, Netzanschlüsse zu entlasten und zugleich als Puffer für günstigen Strom dienen.
Marktchancen sichtbar machen
Im Marktmodell von P3 zeigt sich: Die Hochlaufkurve ist steil, das Marktpotenzial erheblich – sowohl für Fahrzeughersteller, als auch für Betreiber von Ladeinfrastruktur. Gerade im Zusammenspiel aus Fahrzeug, Depot, Stromnetz und Software entstehen neue Geschäftsmodelle.
Oder wie Hackmann es formuliert: „Das ist ein gigantisches Potenzial an Energie, an verkaufbarer Energie, was hier insbesondere durch Depots genutzt werden kann.“ Gleichzeitig ist der Truck-Markt aber auch einer, der eigene Lösungen braucht – abseits der oft zitierten Blaupausen aus dem Pkw-Bereich. Markus Hackmanns Appell am Ende seines Vortrags war deutlich: Die Branche muss sich auf die spezifischen Anforderungen des Nutzfahrzeugsektors einstellen – und den Wandel strategisch und koordiniert angehen.
Sie möchten sich den gesamten Vortrag von Markus Hackmann zu „Truck-Markt und Ladeinfrastruktur-Hochlauf“ anschauen? Dann nutzen Sie gern oben unseren Videoplayer oder gehen zu unserem YouTube-Kanal.
0 Kommentare