ZF-CEO Klein muss gehen, Miedreich übernimmt
Der Zulieferer vom Bodensee steht vor großen Herausforderungen und auch tiefgreifenden Einschnitten in der laufenden Restrukturierung – bis zu 14.000 Jobs sollen wegfallen. In dieser für das Unternehmen sehr wichtigen Phase hat der Aufsichtsrat unter dem Vorsitzenden Rolf Breidenbach einen Chefwechsel beschlossen. „Der Aufsichtsrat der ZF Friedrichshafen AG hat in seiner heutigen außerordentlichen Sitzung beschlossen, das mit dem amtierenden Vorstandsvorsitzenden Dr. Holger Klein bestehende Vertragsverhältnis im gegenseitigen freundschaftlichen Einvernehmen aufzulösen. Er wird zum 30. September 2025 aus dem Vorstand ausscheiden“, teilt das Unternehmen mit. Genau bis zu jenem Datum laufen auch die Verhandlungen zwischen der Unternehmensführung und den Arbeitnehmern über die Einsparungen und den als unausweichlich geltenden Stellenabbau.
Zugleich hat sich der Aufsichtsrat auch mit Peter Laier, dem Vorstand für Nutzfahrzeug-, Industrietechnik, Materialwirtschaft, Produktion und die Region Indien, auf eine „einvernehmliche“ Trennung geeinigt. Auch Laier verlässt den Zulieferer per Ende September. „Aufgrund unterschiedlicher Auffassungen über die künftige strategische Ausrichtung des Unternehmens sind der Aufsichtsrat und Herr Prof. Dr. Laier übereingekommen, dass er sein Amt als Mitglied des Vorstands im Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat niederlegt“, heißt es aus Friedrichshafen.
Während die Nachfolge von Laier für seine diversen Ressorts noch nicht geklärt ist, gibt es für Holger Klein direkt einen Nachfolger – intern. Zum 1. Oktober übernimmt Matthias Miedreich, der erst seit Januar Vorstand der Division Elektrifizierte Antriebstechnologien ist, unter die – anders als es der Name vermuten lässt – nicht nur das Zukunftsfeld der E-Antriebe fällt, sondern auch das bekannte Kerngeschäft mit Getrieben, die aber auch zunehmend elektrifiziert werden. Dem früheren Umicore-Chef traut der Aufsichtsrat in der aktuellen Lage des Unternehmens offenbar mehr zu als Holger Klein.
Miedreich hat mit „Entscheidungsstärke und Kommunikationsfähigkeit“ überzeugt
„Ich danke Holger Klein für seinen unermüdlichen Einsatz in über zehn Jahren bei ZF, besonders aber für die letzten knapp drei Jahre als Vorstandsvorsitzender. Er hat mit seiner Strategie die Grundlagen für den Turnaround von ZF gelegt und mit dem gesamten Team bereits wichtige Erfolge erzielt. Auf dem Erreichten gilt es nun aufzubauen und die eingeschlagene Strategie fortzuführen“, sagt Chefaufseher Rolf Breidenbach. „Mit Mathias Miedreich haben wir einen internen Nachfolger gefunden, der nicht nur über tiefgreifende Erfahrung in der Industrie, auch bereits in einer CEO-Position, verfügt, sondern auch seit seinem Antritt als ZF-Vorstand mit einer Kombination aus Entscheidungsstärke und Kommunikationsfähigkeit die Restrukturierung der Division E bedeutend vorangetrieben hat. Wir wünschen ihm viel Erfolg in seiner neuen Aufgabe.“ Der frühere Hella-Chef Breidenbach ist selbst erst seit diesem Jahr Aufsichtsratsvorsitzender von ZF.
Während Miedreich also noch recht neu ist in der ZF-Welt – was ihm in Kombination mit seinen bisherigen Erfolgen in der Antriebs-Sparte offenbar als Vorteil angerechnet wird – war Holger Klein schon jahrelang für ZF tätig, bevor er zum CEO berufen wurde. Klein hatte seit 2014 verschiedene Managementpositionen bei ZF inne, bevor es zum 1. Januar 2023 zur Berufung kam.
Klein selbst bezeichnet es in der Mitteilung als den „richtigen Zeitpunkt, jetzt den Vorstandsvorsitz zu übergeben“. „Gemeinsam mit dem Vorstandsteam und allen Mitarbeitern von ZF haben wir bereits große Fortschritte für den Turnaround von ZF gemacht. Unsere Strategie ‚Stärken stärken‘ zeigt erste Erfolge, die Performance-Programme wirken, Profitabilität und Cashflow steigen wieder, und wir haben gemeinsam mit dem Aufsichtsrat wichtige Weichenstellungen für die Zukunft und Restrukturierung beschlossen“, sagt der scheidende CEO. „Ich bin zutiefst überzeugt, dass wir damit auf dem richtigen Weg sind, ZF wieder erfolgreich zu machen und Arbeitsplätze zu sichern. Jetzt ist es wichtig, gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern schnell zu Umsetzungsentscheidungen zu kommen, denn ZF darf nun keine Zeit mehr verlieren.“
Wie angespannt die Lage selbst im Vorstand ist, zeigen auch die Formulierungen zum Abschied von Nutzfahrzeug-Vorstand Laier. Offenbar waren die Differenzen bei den Auffassungen über die künftige strategische Ausrichtung des Unternehmens so groß und unüberbrückbar, dass man sich auf ein Ende der Zusammenarbeit geeinigt hat. Und dennoch heißt es: „Der Aufsichtsrat und die Anteilseigner des Unternehmens bedauern sein Ausscheiden außerordentlich und drücken ihre Wertschätzung für die hervorragende Zusammenarbeit aus.“
Mehrere ZF-Divisionen brauchen neue Führung
Matthias Miedreich als neuer, starker Mann in Friedrichshafen, kommt in der Mitteilung nicht zu Wort. Vor wenigen Tagen auf der IAA war er noch als Vorstand der Antriebssparte aufgetreten, Holger Klein hat das Unternehmen als CEO präsentiert. Nichts hatte auf den anstehenden Wechsel hingedeutet, etwa eine plötzliche Abwesenheit. Auch das „Handelsblatt“ schreibt von einem „überraschenden Zeitpunkt“.
Mit den aktuellen Personalentscheidungen ist die Arbeit für den Aufsichtsrat aber nicht getan: Für den neuen CEO Miedreich muss ein Nachfolger für die Division Elektrifizierte Antriebstechnologien gefunden werden, auch Laier hinterlässt in den Divisionen Nutzfahrzeugtechnik und Industrietechnik eine Lücke. Über die Nachfolge will ZF hier „zeitnah“ informieren.
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