Kein Zugang zu ladenetz.de über DCS-Ladedienste

Über die Roaming-Plattform von Digital Charging Solutions sind viele Ladepunkte in ganz Europa zugänglich, einige Ladedienste von Herstellern nutzen die DCS-Plattform. Seit September ist über DCS aber kein Zugang mehr zu den Ladesäulen von Stadtwerken aus dem Ladenetz-Verbund möglich – aufgrund von Vertragsstreitigkeiten. (Update am Artikelende)

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Bild: swb AG

Hinter den Ladediensten von Mercedes-Benz, BMW (beide Anteilseigner an DCS), Mini, Smart, Hyundai und Kia steht die Plattform von Digital Charging Solutions. Der Anbieter schließt selbst Roamingverträge mit Ladepunktbetreibern (Charge Point Operator, kurz CPO) und bündelt diese zu einem Angebot. Dieses wird dann etwa Flottenbetreibern als „Charge Now für Business“, privaten E-Auto-Fahrern als „Charge Now“ und eben als White-Label-Lösung für Autobauer vermarktet.

Eine solche Roamingvereinbarung zwischen DCS und dem Verbund ladenetz.de, in dem die Ladesäulen von über 270 Stadtwerken in Deutschland zusammengefasst sind, ist zum 31. August 2025 ausgelaufen – seitdem kann über DCS-Ladedienste nicht mehr an Ladesäulen aus dem Stadtwerkeverbund geladen werden. „Wir möchten Sie darüber informieren, dass das bestehende Roamingabkommen mit DCS (BMW, Mercedes, Kia usw..) zum 31.08.2025 ausgelaufen ist und das Roaming bis auf Weiteres nicht möglich ist“, hat etwa der Betreiber Energieversorgung Sylt schon am 9. September mitgeteilt. „Bislang ist es dem Stadtwerkeverbund ladenetz.de leider nicht gelungen, mit DCS eine Einigung zu erzielen. Die Vertragsverhandlungen laufen selbstverständlich weiterhin. Über die weiteren Entwicklungen informieren wir Sie schnellstmöglich.“

Eine solche Einigung gab es bisher offenbar nicht, denn es ist keine weitere Kundeninformation erfolgt. Eine Anfrage der electrive-Redaktion bei Smartlab, dem Unternehmen hinter ladenetz.de, brachte ebenfalls keine neue Erkenntnis: Leider könne man zum jetzigen Zeitpunkt hierzu keine Aussage treffen, so die Antwort.

In dem kurzen Statement von Energieversorgung Sylt wird nicht darauf eingegangen, woran genau die wohl noch laufenden Verhandlungen über ein neues Roaming-Abkommen haken. Naheliegend ist aber, dass es um die Preisgestaltung gehen dürfte. Die B2B-Preise, die zwischen dem CPO und dem Roaming-Anbieter (in diesem Fall DCS) verhandelt werden, entsprechen nicht zwingend den Konditionen, die dem Endkunden für das Laden bei dem CPO berechnet werden. Für DCS geht es also darum, den eigenen Kunden einen attraktiven Preis bieten zu können, der aber auch einen Gewinn für DCS selbst abwirft und man nicht mit jeder verkauften Kilowattstunde draufzahlt. Die CPO hingegen müssen selbst ihre Kosten für die Ladesäulen und deren Betrieb erwirtschaften – und haben oft eher das Ziel, die Endkunden in das eigene Angebot zu holen und nicht über Roaming-Anbieter laden zu lassen. Im aktuellen Fall ist aber wie erwähnt nicht bekannt, welche Seite was fordert und warum es noch keine Einigung gibt.

Klar ist nur: Die DCS-Kunden können derzeit nicht wie gewohnt an den Ladepunkten der 275 ladenetz.de-Partner laden. Wie das auf Mercedes-Modelle spezialisierte Portal „JESMB“ berichtet, hat es zumindest in elektrischen Mercedes-Modellen zunächst wie ein technischer Fehler ausgesehen. „Im MBUX System werden die Ladesäulen nur mit der Anzahl an Ladepunkten angezeigt, aber nicht der Online-Status (wie viele verfügbar sind)“, heißt es dort.

Update 06.11.2025: Die Vertragsstreitigkeiten zwischen Digital Charging Solutions und Smartlab sind immer noch nicht gelöst, das Laden bei ladenetz.de über die DCS-Dienste nicht möglich und es scheint auch keine Einigung in Sicht. Das Portal JESMB, das auch im September über das Thema berichtet hatte, hat nun ein Statement von DCS veröffentlicht, indem das Unternehmen seine Sicht auf die Vorgänge klar darlegt.

„Der Vertrag zwischen smartlab und DCS wurde zum 31.08.2025 einseitig von smartlab gekündigt. Eine Einigung über einen Anschlussvertrag konnte bislang nicht erzielt werden. Seit Anfang September sind daher die über smartlab integrierten Stadtwerke-Ladesäulen bei den DCS-Ladeservices ausgelistet“, bestätigt DCS zunächst nochmals das, was schon bekannt ist. „Unsere Kundinnen und Kunden haben weiterhin Zugang zu mehr als 160.000 öffentlichen Ladepunkten in Deutschland.“

Der nächste Part hat es aber in sich: „Das von smartlab vorgelegte Angebot ist für DCS wirtschaftlich nicht akzeptabel. Die geforderten Preise liegen deutlich über dem Marktniveau und verstoßen aus unserer Sicht gegen regulatorische Vorgaben – insbesondere gegen das Diskriminierungsverbot gemäß der Alternative Fuel and Infrastructure Regulation (AFIR) sowie gegen allgemeine kartellrechtliche Bestimmungen. Im Interesse unserer Kundinnen und Kunden bemüht sich DCS weiterhin um eine einvernehmliche Lösung, behält sich jedoch rechtliche Schritte zur Durchsetzung angemessener Preise ausdrücklich vor. Ladeservice-Nutzerinnen und -Nutzer, die in den vergangenen drei Monaten mindestens einmal an einem betroffenen Ladepunkt geladen haben, wurden aktiv per E-Mail informiert.“

Smartlab vermarktet exklusiv als Aggregator den Zugang zu den Ladenetzen von deutschlandweit mehr als 300 Stadtwerken für Anbieter von Mobilitätsdienstleistungen. Das Schlüsselwort ist hier „exklusiv“. „Eine Direktanbindung einzelner Stadtwerke oder eine Anbindung über andere Aggregatoren ist für Mobilitätsdienstleister wie Digital Charging Solutions (DCS) derzeit nicht möglich“, so DCS in der Stellungnahme. „Die von smartlab gebündelten Stadtwerke betreiben deutlich mehr als 10 % der AC-Ladepunkte in Deutschland.“

energieversorgung-sylt.de, jesmb.de, jesmb.de (Update)

8 Kommentare

zu „Kein Zugang zu ladenetz.de über DCS-Ladedienste“
Gerrit
22.09.2025 um 16:47
Herausforderungen in der Vertragsausgestaltung mit der Smartlab höre ich persönlich nicht zum ersten Mal. Spannend zu sehen, dass es wohl auch woanders Themen gibt.
Christian
23.09.2025 um 07:35
Die Preise über meinen DCS-Ladedienst für das Laden an den 22 kW Ladesäulen von Stadtwerken aus dem Ladenetz-Verbund waren bisher schon unattraktiv. Ich kann mir also gut vorstellen dass es genau an diesem Punkt scheitert.
Holger
23.09.2025 um 07:49
Also mir werden sie in der Volvo App angezeigt mit Preisen und Verfügbarkeit. Volvo hängt auch an der DCS Plattform.
Frank Ziemer
23.09.2025 um 09:59
DCS, wie alle anderen puren EMPs, sind ein Auslaufmodell ohne Mehrwert. Eine weitere Instanz in der Wertschöpfungskette, die die Hand aufhält führt zu den vielkritisierten hohen Tarifen bei minimaler Transparenz. Allein CPMS Anbieter mit EMP Lösungen werden die Zukunft des Roamings bestimmen, gepaart mit max . 3 europäisch agierenden Roaming-Hubs.
Max
23.09.2025 um 17:21
Smartlab nutzt seine Stellung als alleiniger Zugang zum CPMS der Stadtwerke (LISY) dazu aus, neben den Roaming-Gebühren für e-clearing auch noch weitere Session-Gebühren zu erheben und die Ladegebühren zentral zu verhandeln - wobei der Verhandlungsspielraum denkbar gering ist. Eine Direktanbindung an einzelne Stadtwerke wird systemseitig absichtlich nicht ermöglicht, u.a. um die Wertschöpfungskette über e-clearing abzusichern und es EMPs nicht zu ermöglichen, mit Stadtwerken direkt bessere Konditionen zu verhandeln. Die Gebühren von Smartlab kommen zusätzlich zu den Roaminggebühren von e-clearing und sind in Summe deutlich höher als bei vergleichbaren Netzwerken und Roaming-Plattformen. Dieser monopolartige Zugang zu den Ladenetz-Netzwerken der Stadtwerke - und Business Partner - sollte alleine schon aus Verbraucherschutz zugunsten eines offenen Ansatzes verändert werden.
Pfuzy
24.09.2025 um 08:37
Es scheint, dass DVK beginnt, den Wettbewerb zu behindern, indem es seinem direkten Konkurrenten den Zugang zu einem erheblichen Teil der kommunalen Infrastruktur in Deutschland verwehrt. Meiner Ansicht nach sollte eine Regulierung sicherstellen, dass CPMS-Anbieter ihre einzelnen Ladepunktbetreiber nicht daran hindern können, direkte Vereinbarungen mit Mobilitätsdienstleistern zu schließen.
R.Lau
01.10.2025 um 21:36
So sieht es aus. DKV hat sich ladenetz.de im Frühjahr 2025 einverleibt und versucht nun Mitbewerber wie DCS loszuwerden bzw zu behindern. Der Vertrag zwischen Ladenetz.de und DCS ist nämlich nicht ausgelaufen, sondern wurde seitens DKV einseitig gekündigt kurz vor Septemberanfang! Problem ist einfach, dass sich die Stadtwerke bequem und den Verwaltungsmantel von Ladenetz.de begeben haben und gar keine alternativen Verwaltungen ihrer Ladenetze aufbauen wollen, ggf sogar keine finanziellen oder personellen Kapazitäten dafür haben. Jetzt werden sie seitens DKV als Verhandlungsmasse zur Erpressung anderer EMPs eingesetzt. Sehr schade.
Mike McCollin
25.09.2025 um 12:17
Dazu ist jeder CPO doch berechtigt. Niemand zwingt die Stadtwerke Musterstadt Smartlab als CPMS zu nutzen. Fraglich ist allerdings, ob Stadtwerke Musterstadt Interesse und Fähigkeiten hat, mit x Roamingpartnern, EMPs und anderen CPOs in Vertragsverhandlungen über Direktverbindungen zu gehen, ganz abgesehen von der technischen Umsetzung einschließlich Pflege von n Roamingtarifen. Vielleicht sollten EMPs eher ihren Größenvorteil ausnutzen und Volumenverträge mit Roaminghubs verhandeln, sofern denn Verhandlungsmasse da ist.

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