Daimler Buses baut öffentliche Ladestationen für elektrische Reisebusse
Bei den elektrischen Lkw schreitet die Elektrifizierung stark voran. Im Verteilerverkehr rund um das eigene Depot (mit fester Ladestation) können selbst schwere E-Lkw heute ohne Probleme eingesetzt werden. Im schwerer planbaren Fernverkehr ist der Einsatz von E-Lkw heute teilweise auch schon möglich, jedoch mit etwas Mehraufwand. Da die für schwere Nutzfahrzeug taugliche Ladeinfrastruktur entlang der Autobahnen stetig wächst, wird dieses Szenario immer einfacher umzusetzen. Bei den Bussen ist die Lage ähnlich: Stadtbusse mit festen, planbaren Routen und eigenem Ladepunkt im Busdepot können schon heute gut elektrifiziert werden. Im Reisebus-Segment sieht das aber (noch) anders aus.
Vor der Premiere des elektrischen Überlandbusses Mercedes-Benz eIntouro auf der diesjährigen Busworld macht Daimler Buses daher im Vorfeld eine wichtige Ankündigung: Der Hersteller errichtet und betreibt ab dem kommenden Jahr öffentliche Ladesäulen für E-Busse an „hochfrequentierten touristischen Standorten“ – gemeint sind etwa Busparkplätze bei Freizeitparks oder in Städten. So sollen sich E-Busse „künftig auch für entlegene Reiseziele einsetzen lassen – derzeit ist dies nur sehr vereinzelt möglich“, so Daimler Buses.
„Die Zukunft des Busses ist elektrisch. Der Aufbau der notwendigen öffentlichen Ladeinfrastruktur dauert jedoch zu lange. Wir wollen mit unseren Ladesäulen einen wichtigen Impuls geben“, sagt Till Oberwörder, CEO Daimler Buses. „Unser neuer Batterie-elektrisch angetriebener Überlandbus eIntouro verbindet bereits Stadt und Land. Er eignet sich zudem für kleinere Reisen.“
Den erwähnten eIntouro hatte der Hersteller im vergangenen Herbst als seriennahes Fahrzeug enthüllt. In diesem Jahr haben die aktuellsten Prototypen noch letzte Test- und Abstimmungsfahrten absolviert, etwa die Wintererprobung am Polarkreis und Hochtemperaturtests in Andalusien. Am 3. Oktober, einen Tag vor Beginn der Busworld in Brüssel, wird dann das Tuch vom finalen Serienmodell gezogen.
Daimler Buses nutzt vorhandenes Knowhow
Innerhalb der Daimler Truck AG gibt es bereits reichlich Erfahrung mit dem Bau von Ladeinfrastruktur: Das Unternehmen ist an dem Joint Venture Milence beteiligt, das Nutzfahrzeug-taugliche Schnelllader entlang von Autobahnen und Frachtkorridoren errichtet – so manch Milence-Ladepark in Autobahnnähe mag auch für Busse geeignet sein, eine Ladepause im Hafen von Antwerpen-Brügge unterstützt jedoch nicht gerade den touristischen Einsatz von E-Bussen. Und über die 2023 gegründete Lade-Tochter Daimler Buses Solutions hat das Unternehmen bisher vor allem seine Stadtbus-Kunden beraten oder die nötige Ladeinfrastruktur schlüsselfertig geplant, gebaut und übergeben.
Jetzt soll die Daimler Buses Solutions GmbH nicht nur Busdepots elektrifizieren, sondern auch öffentlich zugängliche Parkplätze. Das Tochterunternehmen finanziert die Ladesäulen sowie den Betrieb selbst, beim Bau arbeite man „eng mit erfahrenen Unternehmen“ zusammen. Die Refinanzierung erfolgt über den Verkauf des Stroms. „Nach der Inbetriebnahme übernimmt die Daimler Buses Solutions mit einem eigenen Serviceteam die Wartung und den technischen Betrieb. Grundstückseigentümer profitieren so von einer Ladeinfrastruktur aus einer Hand – ganz ohne eigene Investitionen oder größeren Aufwand“, so Daimler Buses.
Den Auftakt bildet ein Pilotprojekt auf Initiative der Landesgesellschaft für Energie und Klimaschutz NRW.Energy4Climate mit der Stadt Köln: Im kommenden Jahr sollen dort vier öffentliche Schnellladepunkte für E-Busse nahe dem Stadtzentrum entstehen. Konkret geht es um den Busparkplatz „Buspark Köln“ am Kuhweg, westlich des Rheinufers. Dieser liegt nahe dem Hafen Niehl nördlich der Innenstadt, ist aber mit der Stadtbahnhaltestelle Slabystraße an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) gut angebunden.
Daher wird der Standort schon heute als zentraler Abstellort für Überland- und Reisebusse genutzt, die Touristen nach Köln bringen. Das soll – markenunabhängig – ab 2026 auch mit E-Bussen gehen. Die Säulen werden rund um die Uhr und an sieben Tagen die Woche öffentlich zugänglich sein, wie Daimler Buses betont. Sie sind auf eine Nennleistung von jeweils 400 kW ausgelegt. Da die Überland- und Reisebusse dort nur wenige Stunden parken, sind hier höhere Ladeleistungen nötig als etwa im Stadtbus-Depot, wo ein Ladevorgang über die gesamte Betriebspause in der Nacht gestreckt werden kann – und teilweise 50 bis 70 kW je Ladepunkt ausreichen.
Ziel der Stadt Köln ist es, im Rahmen des Pilotprojekts herauszufinden, wie gut das neue Angebot einer öffentlichen Ladeinfrastruktur für elektrisch angetriebene Überland- und Reisebusse angenommen wird. „Köln ist ein beliebtes Ziel für Reisegruppen aus dem In- und Ausland. Wir möchten unterstützen, dass sie künftig auch problemlos mit emissionsfreien Bussen anreisen können“, sagt Ascan Egerer, Beigeordneter für Mobilität der Stadt Köln. „Die als Pilotprojekt vorgesehenen Schnellladesäulen auf dem Busparkplatz am Kuhweg sind somit ein wichtiger Schritt für nachhaltigen Tourismus in Köln.“
Fokus auf BEV-Reisebus, erst dann FCEV
Für Daimler Buses ist das Projekt in Köln jedoch nur der Anfang, auch wenn konkrete Ziele, etwa eine geplante Anzahl an Ladepunkten bis 2030, nicht genannt werden. Daimler-Buses-CEO Till Oberwörder betont, dass sich Fahrzeuge wie der kommende eIntouro bereits „für kleinere Reisen“ eignen. „Dies sind die aktuell sinnvollsten Einsatzszenarien für E-Busse außerhalb des urbanen ÖPNV. Das Fahrzeug wird somit bereits vom Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur profitieren“, so Oberwörder. „Für den elektrischen Reiseverkehr zu fernen und entlegenen Zielen hingegen braucht es ein flächendeckendes Netz, damit Busunternehmen E-Reisebusse auch wirtschaftlich und ohne Komforteinbußen für ihre Fahrgäste einsetzen können.“
Und es braucht natürlich auch die richtigen Fahrzeuge: Daimler Buses plant „bis zum Ende der Dekade“ Batterie-elektrisch angetriebene Reisebusse im Portfolio zu haben, Brennstoffzellen-Reisebusse sollen dann in einem nächsten Schritt in Serie gehen. „Der Hersteller liefert damit das richtige Produkt zur richtigen Zeit – wenn die Infrastruktur bereit ist“, teilt das Unternehmen mit. Diese Strategie gilt auch für die Trucks: Unter anderem weil die Rahmenbedingungen bei der Infrastruktur noch nicht stimmen, hat Daimler Truck seinen Brennstoffzellen-Lkw trotz funktionsfähiger Prototypen im Kundeneinsatz auf die 2030er Jahre verschoben. Bis dahin steht die Batterie im Fokus – mit der bereits vorhandenen, aber noch ausbaufähigen Infrastruktur.
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