Elektro-Lkw im Mittelstand: Vom Brummi zum Summi?
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Was zunächst simpel klingt – Diesel raus, Strom rein – ist für viele Speditionen ein komplexer Kraftakt. Denn bevor der erste elektrische Lkw bestellt wird, müssen grundlegende Fragen geklärt werden: Wo soll geladen werden? Wie viel Leistung steht zur Verfügung? Und wie integriert man die neue Technik in bestehende Abläufe? Genau dabei hilft GP Joule Connect: „Wir kümmern uns wirklich von A bis Z um Errichtung und Betrieb von Ladeinfrastruktur“, sagt Tüllmann-de Lima. Was einst mit Pkw begann, entwickelt sich zunehmend in Richtung Schwerlast. „Wir bauen die großen Steckdosen für die Energie, die in der Gruppe erzeugt wird“, erklärt er mit Blick auf die Muttergesellschaft GP Joule, die in den Bereichen Windkraft, Solarenergie und Wasserstoff aktiv ist.
Die Kunden, mit denen GP Joule Connect arbeitet, sind vor allem mittelständische Familienbetriebe. „Da sitzt man mit dem Senior, dem Junior oder dem Schwiegersohn am Tisch – und dort wird entschieden“, beschreibt Tüllmann-de Lima gegenüber electrive-Chefredakteur Peter Schwierz die Zusammenarbeit. Entscheidungen fallen schnell, ohne viele Präsentationen: „Lieber eine PowerPoint weniger zeigen, anstatt zu sagen: Wir machen und legen los.“ Dieses unternehmerische Handeln sei eine große Stärke des Mittelstands.
Doch was treibt die Unternehmen an, den Schritt zur Elektromobilität zu gehen? Laut Carl Philip Tüllmann-de Lima ist es ein Mix aus Druck von Kunden, Wirtschaftlichkeit und Technologiereife. Viele Auftraggeber verlangen heute CO₂-arme Transporte. „Die Kunden dieser Familienbetriebe sagen: Wir möchten, dass ihr eure Flotte dekarbonisiert.“ Zudem rechnen sich elektrische Lkw zunehmend – nicht zuletzt wegen Mautbefreiung und sinkender Strompreise. „Die Technik ist da, die Trucks kommen in Serie, die Ladeinfrastruktur steht bereit. Jetzt geht’s wirklich ohne Förderung“, betont er.
Pioniere sind im Vorteil
Das Umdenken ist spürbar: Die Pioniere, die schon früh gestartet sind, seien nun im Vorteil: „Die können immer bessere Aufträge vermelden – und das motiviert die anderen.“ Entscheidend sei, die Unternehmen „mitzunehmen, zuzuhören und zusammenzuarbeiten“. Denn die Transformation betrifft nicht nur Technik, sondern das gesamte Geschäft: Fahrer, Disponenten, Abläufe – alles muss sich ändern.
Wie aber läuft die Elektrifizierung konkret ab? Tüllmann-de Lima geht in unserem Podcast das fiktive, aber typische Beispiel eines „Herrn Berger“ durch, einem Spediteur aus Duisburg mit 20 Sattelzugmaschinen. Der erste Schritt: ein ausführliches Gespräch. „Wir fragen: Wo möchtest Du Deine Lkw einsetzen? Wie viele Kilometer fahrt Ihr am Tag? Wie lange können die Fahrzeuge stehen?“ So entsteht ein klares Bild für Ladeleistung, Netzanschluss und Betriebsabläufe. Wichtig sei, auch technische Ansprechpartner vor Ort einzubeziehen – etwa Elektriker, die später die Wartung übernehmen können.
Lange Wartezeiten für Genehmigungen und Trafos
Nach den ersten E-Trucks bauen die Speditionen meist rasch aus. Und dann ist auch mehr Strom gefragt: „Wenn drei oder vier Trucks mehrmals am Tag laden müssen, braucht man ein Standortkonzept“, so Tüllmann-de Lima. Dabei gehe es vor allem um Netzanschlüsse und Trafostationen, deren Lieferzeiten teils bis zu einem Jahr betragen. „Je früher man sich hinsetzt, desto besser“, rät er. Deshalb empfiehlt GP Joule Connect den Speditionen, Ladeinfrastruktur in Etappen zu planen – mit langfristigen Ausbaupfaden und frühzeitigen Genehmigungen. Nicht selten kümmert sich GP Joule Connect auch direkt um die Kommunikation mit Energieversorgern: „Wir haben drei Personen, die sich nur mit Netzbetreibern auseinandersetzen, um Netzanschlussanträge zu stellen.“
Neben den technischen Hürden gibt es aber auch viele Chancen. So öffnen einige Speditionen ihre Ladeparks für Nachbarbetriebe – ein Modell, das GP Joule Connect „Depot-Laden Plus“ nennt. „Die kennen sich alle vor Ort, und je früher man ein Angebot schafft, desto mehr kann man sich die angrenzenden Spediteure sichern“, erklärt Tüllmann-de Lima. So entstünden neue Kooperationen, etwa in Form von Genossenschaften wie beim Logistiker TST oder regionalen Ladegemeinschaften. „Aus Mitbewerbern werden Partner. Es werden untereinander Ladennetze aufgebaut – eine Win-Win-Situation für alle.“
Ganzheitliche Konzepte mit PV und Batteriespeicher
Zudem denken viele Mittelständler noch viel weiter. Auf ihren Betriebshöfen entstehen Photovoltaikanlagen, Batteriespeicher und eigene Windräder. „Wir nennen das Geschäftsführer-Wolken“, sagt Tüllmann-de Lima lachend. Zwar müsse man realistisch bleiben, aber: „Je größer, desto mehr lohnt sich das tatsächlich auch.“ Manche Kunden erzeugten bereits Strom für unter elf Cent pro Kilowattstunde selbst – und wollen diesen günstig weiterverkaufen.
Am Ende des Gesprächs blickt der GP-Joule-Experte optimistisch in die Zukunft. Der Markt ziehe an, die Auftragsbücher füllten sich. „Ich finde es super – ein richtig guter Drive gerade. Alle haben Bock“, sagt er. Die Branche sei bereit, die Transformation gemeinsam zu gestalten: „Ich kann nur empfehlen, sich so früh wie möglich mit fähigen Menschen hinzusetzen, um die Transformation zu planen.“ Und dann fällt der Satz, der wie eine stille Verpflichtung klingt: „Wir haben die Verantwortung, diese Branche auf den Weg zu bringen und zu begleiten.“ Auch findet Tüllmann-de Lima lobende Worte für die Branche: „Unternehmen kommt von unternehmen – und das tut der Mittelstand gerade.“
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