BAM: Natrium-Ionen-Batterien benötigen neue Sicherheitsmechanismen

Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) hat gemeinsam mit der European Synchrotron Radiation Facility (ESRF) und dem Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik (EMI) untersucht, wie sicher Natrium-Ionen-Batterien sind – mit klarem Ergebnis.

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Bild: Fraunhofer EMI

Die Untersuchungen haben laut der BAM gezeigt, dass bewährte Sicherheitsmechanismen nicht automatisch für alle Batterietechnologien gleich wirksam sind, sondern an die chemische Zusammensetzung und das Zelldesign neuer Akkus gezielt angepasst werden sollten. Aufgrund ihrer ressourcenschonenden Materialien und potenziellen Kostenvorteile gelten Natrium-Ionen-Batterien als vielversprechende Alternative zu Lithium-Ionen-Systemen. Und: Die Natrium-Ionen-Zellchemie gilt auch als recht sicher.

Daher hat die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung die Sicherheit von drei unterschiedlichen Akku-Typen im Vergleich ermittelt. Bei den Tests wurden neben Natrium-Ionen-Zellen auch Lithium-Ionen-Batterie mit Nickel-Mangan-Kobalt-Kathode und mit einer Lithium-Eisenphosphat-Zellchemie geprüft. NMC-Zellchemien kommen derzeit vorrangig in Elektroautos und tragbaren Geräten (wie etwa Smartphones) zum Einsatz, während die LFP-Zelchemie häufig in stationären Speichern eingesetzt wird – aber auch zunehmend in Elektroautos. Konkret wurden NFM-Zellen (Natrium-Ionen-Zellen mit Nickel, Eisen und Mangan), NMC532-Zellen und LFP-Zellen untersucht – allesamt Rundzellen im Format 18650.

In den Untersuchungen wurde die mechanische Beschädigung der Akkuzellen durch einen Nagelpenetrationstest simuliert – die Zelle wird mit einem Metallstift durchbohrt, um „ein kritisches Schadensereignis auszulösen“, wie es das BAM formuliert. Dabei wird meist ein interner Kurzschluss in der Zelle ausgelöst, was zusammen mit der mechanischen Beschädigung zu einem thermischen Durchgehen der Zelle führen kann. Hier wollte die BAM untersuchen, wie sich die Natrium-Ionen-Zelle im Vergleich zu den bekannteren Zelltypen verhält und ob die eingebauten Sicherheitsmechanismen greifen. Mittels Hochgeschwindigkeits-Röntgenaufnahmen in einer vom Fraunhofer Institut für Kurzzeitdynamik (EMI) speziell entwickelten Prüfkammer konnten die Forschenden an der European Synchrotron Radiation Facility in Grenoble erstmals die inneren Abläufe in Natrium-Ionen-Akkus während eines kritischen Ereignisses in Echtzeit sichtbar machen.

Die Tests haben „deutliche Unterschiede im Verhalten“ ergeben. Bei den Lithium-Ionen-Batterien verliefen die Tests offenbar wie erwartet. „Die Lithium-Eisenphosphat-Batterie erwies sich als besonders stabil. Die Lithium-Ionen-Batterie mit Nickel-Mangan-Kobalt-Kathode reagierte kontrolliert – ihre Sicherheitsmechanismen funktionierten wie vorgesehen“, teilt die BAM mit. Das Verhalten der Natrium-Ionen-Zelle wird hingegen als „überraschend“ bezeichnet, weil es „zu einem nahezu explosionsartigen Verlauf“ kam. Wichtig ist aber die direkt folgende Einordnung, welche die Experten dank der aufwändigen Hochgeschwindigkeits-Röntgenaufnahmen machen konnten: Denn die Ursache für diesen Verlauf war nicht die Zellchemie selbst, sondern der Aufbau der getesteten Zelle – konkret „ein Versagen des Entlüftungssystem der Zelle“.

Dieses sorgt eigentlich dafür, dass bei einer thermischen Reaktion im Inneren der Zelle der Überdruck aufgrund der entstehenden Gase abgebaut wird, indem gezielt entlüftet wird. „Aufgrund des schnellen Druckanstiegs wurde das Entlüftungssystem jedoch von weiteren Komponenten der Sicherheitseinrichtungen verstopft, was zu der abrupten und heftigen Reaktion führte“, so die Bundesanstalt.

„Unsere Untersuchungen zeigen, dass Sicherheitsmechanismen nicht einfach von einer Batterietechnologie auf eine andere übertragen werden können“, erklärt Nils Böttcher, Leiter des Batterietestzentrums der BAM. „Gerade bei neuen Batterietypen wie Natrium-Ionen-Zellen müssen mechanische Komponenten wie Entlüftungssysteme gezielt angepasst und getestet werden. Unsere Ergebnisse stellen die grundsätzliche Sicherheit der Natrium-Ionen-Technologie nicht infrage, aber sie unterstreichen die Notwendigkeit, chemische Zusammensetzung und Sicherheitsdesign gemeinsam zu betrachten.“ Die BAM wirke daher aktiv an der Entwicklung von Standards und Normen im Bereich der Sicherheit von Natrium-Ionen-Batterien mit.

Die Ergebnisse wurden auch in der Ausgabe 36 des „Journal of Power Sources Advances“ veröffentlicht. Dort sind auch Zeitlupen-Videoaufnahmen der Tests zu finden – auf denen genau zu sehen ist, wie sich die Bauteile im Inneren der Natrium-Ionen-Zelle verhalten, bevor es zu der explosionsartigen Beschädigung kommt.

bam.de, sciencedirect.com (Studie inkl. Videos)

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