Warum die Umweltministerin eine E-Quote fordert

Da ist es wieder, das böse Wort von der Quote. Eine ebensolche fordert Barbara Hendricks (SPD) jetzt für Elektroautos. So richtig dieser Vorstoß im Angesicht des schleppenden Markthochlaufs erscheint, so krachend wird die Umweltministerin an ihren Genossen und den anderen Ministerien scheitern.

Ambitionierte Vorschläge und Ziele ist man von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) gewöhnt. Sie ist auf dem richtigen Weg, versucht nach Kräften Deutschland bei Energie- und Verkehrswende voran zu bringen. Und so brachte sie jetzt gegenüber der „Stuttgarter Zeitung“ eine verbindliche E-Quote für Autohersteller ins Spiel:

„Es ist gut möglich, dass wir eine Quote für Elektroautos brauchen werden, um den Übergang ohne Brüche zu organisieren. Und das sage ich nicht als Umweltministerin, sondern als Sozialdemokratin, die die guten Arbeitsplätze in Deutschland erhalten möchte. Eine Quote würde die Hersteller auch dazu bewegen, endlich Modelle anzubieten, die für Normalverdiener erschwinglich sind.“

Die Sinnhaftigkeit einer solche Quote hatten wir von electrive.net zuletzt Anfang Dezember ausführlich bewertet. Vor allem, weil derzeit in China eine solche Regelung droht – und die deutschen Autobauer empfindlich treffen könnte. In den Fachabteilungen des Wirtschaftsministeriums herrscht nach Informationen von electrive.net reges Treiben, um die Folgen der möglichen China-Quote abzumildern. Damit wären wir auch schon an der entscheidenden Adresse: Denn das BMWi unter Führung von SPD-Chef Sigmar Gabriel hat in letzter Zeit die meisten mutigen Vorstöße von Umweltministerin Hendricks kassiert. Erinnert sei nur an das Gezerre um den Klimaschutzplan 2050, den Gabriel zugunsten der Kohle abgeschwächt hat.

Mitzureden hat auch das Bundesverkehrsministerium, welches unter Alexander Dobrindt (CSU) schon mal per se keiner Quote zustimmen wird. Und das ist das Dilemma von Barbara Hendricks: Sie ist zwar für saubere Luft zuständig. Doch Mittel, für eben jene zu sorgen, haben nur Gabriel und Dobrindt. Und deshalb ist das Interview von Barbara Hendricks vor allem eines: Wahlkampf-Getrommel für die nahende Bundestagswahl. Immerhin nähert sich Hendricks dem Thema nicht aus einer Verbotsperspektive, die im Autoland reichlich unbeliebt ist, sondern mit dem Lieblingsargument – den Arbeitsplätzen. Dass die großen Volksparteien in Sachen Elektromobilität vor der Wahl aber die Zügel anziehen, ist unwahrscheinlich. Die Autobranche sollte dem Interview gleichwohl Beachtung schenken. Passagen wie diese – von einer Bundesministerin – lassen aufhorchen:

„Dafür, dass die Autobranche uns die hohe Stickoxidbelastung maßgeblich eingebrockt hat, trägt sie erstaunlich wenig zur Lösung bei. Und wenn sie liefert, dann immer nur unter Druck. Als wir letztes Jahr die neuen Testsysteme für reale Schadstoffemissionen eingeführt haben, hat die Automobillobby bis zum Schluss dagegen opponiert und versucht das weiter aufzuweichen. Einen Lernprozess nach dem Abgasskandal stelle ich mir anders vor.“

Gewohnt reflexhaft fällt die Antwort der Branche aus: „Dieser Vorschlag ist gut gemeint, aber nicht gut gedacht“, lässt VDA-Präsident Matthias Wissmann die Umweltministerin wissen. Und ergänzt: „Ich glaube, dass am Ende der Kunde entscheiden muss.“ Dass der Käufer aus Mangel an Optionen derzeit aber nur sehr eingeschränkt auswählen kann, erwähnt Wissmann natürlich nicht. In den kommenden Jahren werde die Zahl der E-Modelle schon stark ansteigen, 2020 würden es „rund 100 Modelle sein“. Doch mehr als die üblichen Parolen sind das nicht. Wissmann verweist gar auf die Batteriekosten, die „nicht durch einen Zaubertrick“ sinken würden. Den massiven Preisverfall bei den Energiespeichern (rund 80 Prozent zwischen 2010 und 2016), diese Woche erst von McKinsey vorgerechnet, lässt Wissmann ebenfalls unerwähnt. Dafür gibt’s die übliche Packung Autobranchen-Selbstgefälligkeit: „Wir müssen nicht zu unserem Glück getrieben werden – auch nicht von der Bundesumweltministerin.“ Doch diese Arroganz könnte sich eines Tages noch rächen.

Sollte die nächste Bundesregierung entgegen aller Umfragen aus roten und grünen Entscheidern bestehen, könnte der Schalter viel schneller auf Elektromobilität umgelegt werden. Spätestens dann wäre die E-Quote ein probates Mittel, um die Hersteller eben doch auf den Pfad der Tugend zu zwingen.
stuttgarter-zeitung.de (Interview Hendricks), stuttgarter-zeitung.de (Antwort Wissmann)

Fotocredit: BMUB/Ina Faßbender

2 Kommentare

zu „Warum die Umweltministerin eine E-Quote fordert“
Marc Mültin
10.01.2017 um 08:04
Guter Artikel. Ich sehe so viele Parallelen zwischen VDA-Präsident Wissmann sowie der bisherigen Denke mancher Automobiler und den Figuren, wie sie im exzellenten Roman "Elektrisiert" beschrieben werden. Da bekommen Dinosaurier wie Wissmann am Ende noch die Quittung für diese völlig überflüssige Rückwärtsgewandtheit.Der Romand "Elektrisiert": https://www.amazon.de/Elektrisiert-Michael-Valentine-Urbschat/dp/3000477497/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1484031528&sr=8-1&keywords=elektrisiert
H. Helmlinger
13.01.2017 um 08:56
Wir brauchen keine kostspieligen und administrativ aufwändigen Maßnahmen wie Kaufprämien oder Quten sondern eine simple Erhöhung der Mineralölsteuer um E-Mobilität attraktiver zu machen.

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