Diesel-Gipfel offenbart Mangel an E-Fahrzeugen

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In Berlin kamen heute erneut Vertreter von Kommunen mit Noch-Kanzlerin Angela Merkel zusammen, um Maßnahmen für bessere Luft zu besprechen. Das versprochene Geld soll zwar fließen. Doch die Bürgermeister der betroffenen Städte kritisierten zurecht den eklatanten Mangel an elektrischen Fahrzeugen.

Busflotten, Taxis, Lieferfahrzeuge – all das möchten die Kommunen lieber heute als morgen elektrifizieren, um Fahrverboten zu entgehen. Allein es fehlen die Produkte. Was Experten schon lange kritisieren, dämmerte spätestens heute bei einem weiteren „Diesel-Gipfel“ auch der Politik. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) kritisierte etwa, dass es bis heute kein elektrisches Taxi deutscher Hersteller gebe. Nach Informationen von electrive.net prüft die Bundeshauptstadt ein großes Programm zur Umstellung der Taxi-Flotte auf rein elektrische Fahrzeuge. Dabei wurde den Verantwortlichen jedoch schnell klar: Es gibt kaum passende Modelle. Ganz ähnlich sieht es bei den Bussen aus. Kein Wunder also, dass auch der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) die deutsche Autobranche in die Pflicht nimmt: Diese habe ihre Aufgaben längst nicht gemacht und dürfe bei der Beseitigung der Probleme in den Städten „nicht außen vor“ bleiben.

350 Mio für elektrische Busse – aber wo kaufen?

Spätestens am 22. Februar 2018, wenn das Bundesverwaltungsgericht aller Wahrscheinlichkeit nach die rechtliche Basis für mögliche Diesel-Fahrverbote in deutschen Städten legt, wird sich zeigen, dass Deutschland viel zu spät reagiert hat. Zwar sollen die versprochenen Fördergelder in Höhe von insgesamt einer Milliarde Euro nun endlich an die Kommunen fließen. „Ab morgen stehen Mittel zur Verfügung“, sagte Bundeskanzlerin Merkel. Doch was sollen die Städte auf die Schnelle mit den 350 Millionen Euro machen, die aus diesem Topf vorgesehen sind, um den öffentlichen Verkehr etwa mit E-Bussen zu elektrifizieren? „Wir müssten vermutlich nicht nur die polnischen, sondern auch chinesische Busse kaufen, um unseren Bedarf zu decken“, stellte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) treffend fest.

Griffiger sind da schon jene 150 Millionen Euro, mit denen Dieselbusse nachgerüstet werden sollen, damit sie weniger Stickoxide in die Luft blasen. Völlig vage bleibt derweil der Effekt jener bis zu 500 Millionen Euro, die in digitalisierte Verkehrsleitsysteme fließen sollen. Dadurch soll der Verkehrsfluss verbessert und mit dem öffentlichen Nahverkehr sowie Parkplätzen abgestimmt werden. Klingt zu schön, um wahr zu sein. Ein Blick in jede deutsche Großstadt reicht aus, um hier ein ganz großes Fragezeichen zu platzieren. Zudem sind die Förderrichtlinien für die geplanten Projekte noch längst nicht ausdefiniert. Länder und Kommunen fordern deshalb zurecht einfache, unbürokratische Programme, „die den Gemeinden einen hohen Entscheidungsspielraum überlassen“. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, stellte derweil fest, dass die erste Milliarde nur ein Anfang sein könne. Das Geld reiche nicht annähernd aus, um die Verkehrswende in den Kommunen einzuleiten. Unterstützt wurde er dabei vom Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD): „Eigentlich müsste jedes Jahr ein solcher Milliarden-Fonds aufgelegt werden.“

Fakt ist, dass die Städte bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Februar selbst dann kaum etwas ändern können, wenn jetzt die Finanzmittel nur so sprudeln. Grüne Wellen machen dreckige Diesel genauso wenig sauberer wie Software-Updates. Und so wird man sich in den Kommunen besser heute als morgen mit dem Gedanken an Fahrverbote anfreunden müssen. Handwerker, Logistiker und Bürger werden die Suppe auslöffeln müssen, die ihnen die Mischung aus Betrug (der Hersteller), laxen Kontrollen (der staatlichen Stellen) und mangelnder Weitsicht (vieler Kommunen) eingebrockt hat. Am Ende – und da müssen sich nun wirklich alle Beteiligten ehrlich machen – hilft nur die Vermeidung von Verkehr auf konventioneller Basis. Oder die Elektrifizierung entsprechender Fahrzeuge. Mit letzterer ist aber erst mit Beginn der nächsten Dekade ernsthaft zu rechnen. Finanzhilfen hin oder her: Die E-Fahrzeuge müssen produziert werden. Und die Batterien dafür ebenfalls. Die nötigen Fertigungskapazitäten für beides entstehen jedoch gerade erst. Da helfen alle Gipfel nichts.
spiegel.de, manager-magazin.de, focus.de, welt.de

8 Kommentare

zu „Diesel-Gipfel offenbart Mangel an E-Fahrzeugen“
Daniel
29.11.2017 um 13:55
Streetsooter für die Hanwerker, Tesla für die Taxis und BYD für die Busse. Wer dort bestellt bekommt auch was geliedert. Wer natürlich auf ein Mercedes E-Taxi warten will der wird wohl ab 2019 keine Personen mehr in den Städten befördern.
Beat
29.11.2017 um 16:18
Als zweitbeste Lösung würden z.B. auch Benzin-Hybride (Taxis) eine massive Verbesserung bringen, und das zu sehr konkurrenzfähigen Kosten und ohne Lieferengpässe. Elektrische Busse gibt es auch schon, teils auch aus Europa. Da muss man als Deutscher wohl in den sauren Apfel beissen und sich eingestehen dass die einheimische Industrie samt Kommunen zu lange geschlafen haben, dass dies aber nicht die Lungen der Bevölkerung ausbaden sollten.
Anonym
29.11.2017 um 22:33
Mit der elektrischen B-Klasse GAB es mal ein elektrisches Taxi eines deutschen Herstellers.
josef
30.11.2017 um 14:06
...und die Aklasse und der A2 wurden extra für Elektro und Brennstoffzelle entwickelt! mit Steuergeld!
eFernfahrer
30.11.2017 um 09:25
Richtig die deutschen Bushersteller sind massiv hinten dran. Dank Wechselspiel mit dem VDV der seine Arbeit über die Kommunen ausgießt und beständig predigt, das eBusse noch nicht funktionieren. Wer sich jedoch in der EU umsieht, wird ein reiches Angebot an Busse geliefert bekommen. Auch das Umrüsten von Diesel auf eBus (s. EBE) ist mit ZF startklar. Einzig der feste Wille, auch dieser Städte die jetzt Fingerpointen und sich am Bundesgeld bereichern wollen, fehlt. Braunschweig hat auch ohne dieses Geplänkel 40 eBusse geordert die zu je 6 Stück p. a. geliefert werden. München indes hat ein 30 Mio Programm seit 2015 im Ausführungsbeschluss nun ist gerade 1 Bus unterwegs auf den 2. dürfen die Münchner weiter warten. Wohl auch ein Grund weshalb das Oktoberfest beim Alkoholkonsum floriert.
WD Rüger
30.11.2017 um 10:00
@Peter Schwarz Die Suppe haben nicht die Hersteller eingebrockt, sondern die ewige Verschleierung der Politik. Die Gesetze zu Emissionen von Kraftfahrzeugen legen Grenzwerte auf Prüfständen fest, nicht im realen Fahrbetrieb auf der Straße. Das beginnt sich erst jetzt zu ändern (aus NEFZ wird WLTP). Bisher nicht, auch weil Messungen auf der Straße nur schwer mit identischen Bedingungen an verschiedenen Testorten möglich sind. Der Dieselskandal zwingt nun dazu. Auf der Straße stoßen die Fahrzeuge seit es Emissionsvorschriften gibt mehr aus, weil die Bedingungen (Topografie,Umweltbedingungen, Beladung, Fahrprofil des Fahrers) unterschiedlich sind. Erst wenn die Politik zu den geltenden Flottenemissionen auch die unendlich hohen CO² Emissionen bei der Herstellung von E-Fahrzeugen hinzugerechnet haben will, wird Politik ehrlich den Bürgern gegenüber. Erst dann sind Bürger auch wieder in der Lage, sich aus dem verfügbaren Antriebsmix richtig zu entscheiden. In diese Richtung sollten Sie journalistisch wirken.
Martin Leitner
04.12.2017 um 21:28
WD Rüger, die CO2-Emmissionen bei der Herstellung von E-Autos sind nicht "unendlich" hoch. Nach einer aktuellen Untersuchung des MIT schneidet sogar der schwere Tesla unterm Strich besser ab als ein Benzin-Fiesta: http://www.manager-magazin.de/unternehmen/autoindustrie/tesla-laut-elektroauto-oekobilanz-sauberer-als-ford-fiesta-a-1177177.htmlWarum fällt es vielen so schwer zu akzeptieren, dass der E-Antrieb das beste ist was wir derzeit haben?
WD Rüger
27.11.2019 um 20:28
@Martin Leitner, dann viel Spaß mit Ihrem Elektroauto auf dem Weg in den Skiurlaub, nachts im Stau über mehrere Stunden bei starkem Schneefall und Temperaturen um die 0°C. Dafür ist es noch nicht alltagstauglich genug, nachladen noch immer ein Abenteuer. Im Stadt- und Umlandverkehr ist es Top, Langstrecke noch nicht. Also Antriebsoffenheit, meine Favoriten: Elektro Für Kurzstrecke - 200 km, Brennstoffzelle für Langstrecke, wenn es Serienreif ist und die Infrastruktur steht sowie bis dahin synthetische Kraftstoffe für die vorhandenen Fahrzeuge.Unter Ihrem angegebenen Link finden sich Verweise zu einer Tabelle und einem Aufsatz, beides politisch getrieben, physikalische Fakten und eine End to End Betrachtung kann ich nicht erkennen.

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