Eichrecht #läuft – Übergangsregelung für DC-Stationen

In die Bemühungen der Branche, eine eichrechtskonforme Messung an AC-Ladepunkten zu garantieren, ist Bewegung gekommen. Sechs Ladesäulen-Hersteller haben nach unseren Recherchen entsprechende Anträge gestellt. Derweil stockt die Schwerpunktaktion der Landeseichbehörden. Und bei DC-Stationen wurde das Thema vertagt. Ein Update von Christoph M. Schwarzer.

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Wir bereiten uns auf den Boom vor. Die gesamte Branche der Elektromobilität professionalisiert sich. Und ein wichtiger Teil dieses Wandels ist die eichrechtskonforme Infrastruktur fürs Laden. Als electrive.net im Juli darüber berichtet hatte, war bei einigen Anbietern noch eine gewisse Unwilligkeit spürbar. Inzwischen ist klar: Ladesäulen, die nicht eichrechtskonform messen und abrechnen können, werden mittelfristig unverkäuflich sein oder Nischen bedienen. Es müssen zwar noch einige Probleme gelöst werden. Aber die meisten Hersteller nehmen das Thema sehr ernst, erarbeiten korrekte Anwendungen und bringen sie auf den Markt.

Besonders im Firmenkundengeschäft, wo eine Kilowattstunden-genaue, transparente und nachvollziehbare Abrechnung elementar ist, fordern die Kunden inzwischen die Eichrechtskonformität ein. Auch beim Laden im öffentlichen Raum ist dieser Trend absehbar. Allein für die private Heimladung besteht die Notwendigkeit nicht, weil der Stromzähler im Haushalt schließlich geeicht ist.

PTB bereitet Baumusterprüfbescheinigungen vor

Derzeit beantragen etliche Firmen bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig eine Baumusterprüfbescheinigung für die Eichrechtskonformität. Aus mehreren Hintergrundgesprächen mit diversen Ansprechpartnern geht hervor, dass mindestens sechs Hersteller einen Antrag gestellt haben. Die Freigabe wird für die erste Jahreshälfte 2018 erwartet. Weil diese mit Ausnahme von Innogy, wo man bereits 2014 unter dem Label RWE grünes Licht erhalten hat, noch nicht erteilt wurde, werden viele Produkte als aufs Eichrecht vorbereitet oder nachrüstbar angeboten.

Außerdem interessieren sich dem Vernehmen nach viele Ladesäulenhersteller aus europäischen Nachbarländern für die deutschen Anforderungen. Sie drängen in den Markt und haben eine große Bereitschaft, die Bedingungen zu erfüllen. Norweger, Niederländer, Österreicher und andere möchten jetzt dabei sein im potenziell absatzstärksten EU-Land.

Eichrecht erfordert sichere Prozesskette

Das Prinzip der Eichrechtskonformität ist immer gleich und wird von der PTB kommuniziert. Der Strom muss korrekt nach kWh gemessen werden. Es muss eindeutig sein, wem ein jeweiliger Ladevorgang zugeordnet wird. Und so weiter. Entscheidend ist, dass die Prozesskette gesichert ist, dass also nachweisbar ist, wer, wann, wo und wie viele kWh bekommen hat.

Mennekes etwa verknüpft die Zähl- mit den Autorisierungsdaten lokal in der Säule und versendet diese digital verschlüsselt an ein Backendsystem. Alle Smart und Premium Lade- und Wandladestationen im Metallgehäuse von Mennekes sind ab sofort dafür vorbereitet.

Das Interesse der Kunden am Thema Eichrechtskonformität sei extrem groß, erklärt Volker Lazzaro, Geschäftsführer Technik bei Mennekes. Das gelte vor allem für Firmenparkplätze. Für die Zukunft sieht er Unternehmen und Produkte gut aufgestellt: „Mennekes-Ladestationen im Feld können ebenfalls auf Eichrechtskonformität nachgerüstet werden. Das Umrüstkit entspricht dem, was in den neuen Ladestationen eingebaut ist“, so Lazzaro. Und weiter: „Im Rahmen des Zertifizierungsverfahrens bei der PTB wird geklärt, wie genau der Prozess ablaufen wird.“

Kilowattstunden-genaue Abrechnung ist „fair und richtig“

Zuversichtlich ist auch Innogy. Elke Temme, Senior Vice President Elektromobilität bei Innogy SE, sieht das frühe Handeln der damaligen RWE bestätigt. Die Eichrechtskonformität setzt sich durch und ist bei allein in Deutschland 5.000 AC-Ladepunkten implementiert. „Wir glauben, dass die Abrechnung nach Kilowattstunde fair und richtig ist“, so Temme.

Auch der nächste Schritt sei bereits offensichtlich, sagt Elke Temme weiter: „Plug and charge, also die automatische Identifizierung an der Ladesäule und die spätere exakte Abrechnung, bieten wir über unser smartes Ladekabel an. Grundlage ist die ISO 15118, die wir mit der Automobilindustrie zusammen entwickelt haben. Sie sollte von allen Marktteilnehmern so schnell wie möglich flächendeckend umgesetzt werden.“ Eine simple Bedienung könnte fraglos ein großes Plus fürs Batterie-elektrische Fahren werden.

Handlungsbedarf beim DC-Laden

Während AC-seitig alles auf dem richtigen Weg ist, gibt es bei den DC-Säulen noch Handlungsbedarf. Bisher gibt es keine als eichrechtskonform zertifizierte DC-Ladestation. Aber die Hersteller arbeiten daran. EBG compleo etwa plant, das eigens entwickelte Speicher- und Anzeigemodul SAM neben den AC- auch auf DC-Säulen anzuwenden.

Das SAM speichert den Anfangs- und Endzählerstand der Ladevorgänge über einen ausreichend langen Zeitraum und kann diese auf Anfrage lokal anzeigen. Das Modell Cito 500 2.0 zum Beispiel bietet genug Bauraum für den Einbau eines kommenden DC-Zählers sowie für das SAM. Sobald ein geeichter DC-Zähler auf dem Markt verfügbar ist, wird EBG compleo eine entsprechende Baumusterprüfbescheinigung bei der PTB beantragen.

Wie wichtig die Eichrechtskonformität für das Unternehmen ist, hat Geschäftsführer Checrallah Kachouh in einem Interview mit electrive.net nochmals verdeutlicht. Es wird also auch für das Laden mit Gleichstrom eine korrekte Lösung geben.

Übergangsregelung für DC mit 20-prozentigem Abschlag

Diese ist aber noch von keinem Unternehmen fertig gestellt. Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) sieht darum einen Kompromiss vor, der den Firmen etwas Zeit gibt: Bis zum 31. März 2019 gilt eine Übergangslösung. Diese ist allerdings an Voraussetzungen geknüpft.

So verpflichten sich die Betreiber, zum 1. April 2019 alle DC-Säulen eichrechtskonform nachgerüstet zu haben. Die Absicht allein genügt nicht. Bis dahin ist es erlaubt, die interne AC-Messung – also vor der Umwandlung in DC – als Abrechnungsgrundlage zu nehmen. Um sicherzustellen, dass der Autofahrer hier nicht benachteiligt wird, müssen pauschal 20 Prozent der kWh-Summe als Verluste abgezogen werden. Dieser Abschlag wiederum muss auf der Rechnung ausgewiesen werden. Stück für Stück setzt sich das Eichrecht also durch.

Misstöne am Rand

Dennoch gibt es am Rand des Geschehens kleine Unstimmigkeiten, die irgendwann zu den Anekdoten über die Wachstumsschmerzen der Elektromobilität gehören werden.

Bei der so genannten Schwerpunktaktion der Landeseichbehörden zur Erhebung des Ist-Zustands bei der Ladeinfrastruktur etwa macht die Eichdirektion Nord offenbar nicht mit. Skurril ist in der aktuellen Gemengelage außerdem, dass es den Versuch gibt, die Vorgaben der PTB zur Eichrechtskonformität patentrechtlich schützen zu lassen. Wahrscheinlich wird dieser Anlauf, über Lizenzgebühren für das ohnehin Vorgegebene Geld zu verdienen, in der Versenkung verschwinden.

Das Ziel für alle Beteiligten indes sollte klar sein: Wenn 2018, 2019 und 2020 neue Batterie-elektrische Autos in den Showrooms stehen, muss das Laden an öffentliche Säulen so transparent und einfach wie möglich sein. Der Fahrer hält an, steckt das Kabel ein, die Identifikation und die Abrechnung erfolgen automatisch und eichrechtskonform. Es gibt nur diesen Weg – jeder andere schadet dem Ruf der Elektromobilität.

2 Kommentare

zu „Eichrecht #läuft – Übergangsregelung für DC-Stationen“
stefan
12.12.2017 um 08:28
Da kommt nun endlich Bewegung in das Thema! Der Bezahl-Strom an den Ladesäulen ist das einzige Produkt in Deutschland, das verkauft wird, ohne dass der Kunde direkt (!) sieht, was es ihn kostet.
fuchs25
12.12.2017 um 18:47
Das kommt auf denn Anbieter an, bei der BEW sind das immer 35 Cent. Würden die anbieter einen festen Preis + eine feste gebühr (Z.B. 2 Cent je KW/h nehmen wären displays nicht nötig. Aber dann müssten sich Anbieter ja absprechen

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