Covid-19 bremst Teslas Rekordkurs in Q1 2020 jäh aus

In abgeschwächter Form spiegeln Teslas Geschäftszahlen für das erste Quartal den wirtschaftlichen Schock wider, den die Covid-19-Pandemie weltweit ausgelöst hat. Mit einem minimalen Gewinn von 16 Millionen US-Dollar halten sich die Kalifornier aber noch in den schwarzen Zahlen. Hart auf hart könnte es im zweiten Quartal kommen.

Von Januar bis März hat Tesla einen Umsatz von 5,99 Milliarden Dollar erwirtschaftet, unter dem Strich blieb davon am Ende eines von externen Faktoren maßgeblich erschütterten Quartals ein Mini-Gewinn von 16 Millionen Dollar stehen – es ist das dritte Quartal in Folge, in dem Tesla einen Überschuss erzielt. Wenn auch in der Krise nur einen kleinen. Vor einem Jahr lag der Quartalsverlust noch bei über 700 Millionen Dollar.

Ohne die Covid-19-Pandemie wären die Zahlen besser ausgefallen, wie das Unternehmen in der Mitteilung an die Investoren andeutet. Logisch. Bei den Auslieferungen sei man auf Rekordkurs gewesen, „bis unsere Geschäftstätigkeit im März unterbrochen wurde“, teilt Tesla im neuesten Geschäftsbericht mit. Statt eine neue Bestmarke zu setzen, sackte der Absatz wie berichtet merklich ab: von 112.000 ausgelieferten Fahrzeugen im vierten Quartal 2019 auf 88.400 Exemplare im Q1 2020. Dabei war eher die Auslieferung als die Produktion an sich betroffen. Denn die Schließung der Gigafactory 3 nahe Shanghai fand bereits von Ende Januar bis zum 10. Februar statt. Das Werk im kalifornischen Fremont wurde erst mit einigen Verzögerungen am 23. März geschlossen – also rund eine Woche vor Ende des Quartals.

Dennoch macht Teslas Umsatz- und Gewinn-Kurve einen Knick nach unten: Von 7,38 Milliarden Dollar Umsatz im Vorquartal sank der Wert um 19 Prozent auf nun 5,99 Milliarden Dollar, von 105 Millionen Dollar Gewinn geht es abwärts auf 16 Millionen Dollar. Aber das Quartalsergebnis lässt sich durchaus auch positiv interpretieren: Im Vergleich zum ersten Quartal 2019 ist der Umsatz um 32 Prozent gewachsen, zudem lagen die Liquiditätsreserven am Quartalsende bei 8,1 Milliarden Dollar. Außerdem betont Tesla, dass das im jüngsten Quartal auf den Markt gekommene Model Y schon jetzt einen Gewinnbeitrag leiste. Ein Novum: „Zum ersten Mal in unserer Geschichte ist ein neues Produkt in seinem ersten Quartal profitabel“, hebt der kalifornische Autobauer hervor. Eine Aussage, die überrascht: Schließlich lief die Produktion des Model Y im Januar an (und hat vorerst vor allem Kosten verursacht), die Auslieferungen begannen aber erst Mitte März und trugen somit nur zwei Wochen lang zum ersten Quartal bei.

Neuer Ausblick für 2020 erst bei den Q2-Zahlen

Optimismus, geschweige denn Euphorie, kommt dennoch nicht auf. Ist Tesla-Chef Elon Musk sonst um die Formulierung von Messlatten für die eigene Firma nie verlegen, klingt die Prognose für das weitere Jahr außergewöhnlich vorsichtig: Es sei schwer vorherzusagen, wie schnell der Fahrzeugbau und die globale Lieferkette wieder das frühere Niveau erreichen werden, heißt es im Geschäftsbericht. Deshalb wolle man die Prognose für 2020 noch einmal überdenken. Damit spielt der Elektroautobauer auf seine Finanzziele, aber auch auf die ausgegebene Marschroute von 500.000 Fahrzeugen für das Gesamtjahr an. Einen neuen Ausblick soll es erst bei der Vorlage der Zahlen zum zweiten Quartal geben, wenn Tesla weiß, wie lange die Produktion in Fremont wirklich still steht.

Zur Einordnung: Mit 102.672 im ersten Quartal gebauten Fahrzeugen liegt Tesla etwa auf dem Niveau des Vorquartals. Um das Absatzziel von 500.000 Fahrzeugen 2020 noch zu erreichen, müsste Tesla nun aber jedes Quartal einen neuen Rekord schaffen. Extrem kompliziert, denn die US-Produktion ist noch immer vom Shutdown betroffen. Die Werke in Nevada und Fremont sollen frühestens am 4. Mai wieder in Betrieb gehen, wobei die Öffnung zu diesem Datum noch nicht in trockenen Tüchern sein soll. Und mit welcher Kapazität die Produktion an diesen Standorten dann wieder anlaufen wird, ist ebenfalls unklar. Im Geschäftsbericht heißt es dazu lediglich, dass man die Kapazität geschaffen habe, um in diesem Jahr mehr als 500.000 Fahrzeugauslieferungen zu erreichen, dass es aber ungewiss sei, wie schnell sich der Betrieb in Kooperation mit den Zulieferern wieder hochfahren lasse.

Model Y bleibt Hoffnungsträger

Die Auswirkungen der Produktionsstopps lassen sich kaum abschätzen. Im ersten Quartal wurde in der Gigafactory 3 rund zwei Wochen nicht produziert, in Fremont eine. Die Fertigung in China läuft wieder, in Kalifornien stehen die Bänder der Auto-Produktion seit nunmehr fünf Wochen still, vier davon zählen zum zweiten Quartal. Und das Ende ist noch nicht abzusehen – und wegen der längeren Schließung auch nicht die Auswirkungen auf die Zulieferer.

Hoffnungsträger in dieser undurchsichtigen Gemengelage bleibt freilich das Model Y. Wie Tesla mitteilt, hat die Produktion des auf der Model-3-Plattform aufbauenden SUV im ersten Quartal in Fremont begonnen. „Unser vereinfachter und skalierbarer Fertigungsansatz beginnt zu greifen“, betonen die Kalifornier mit Blick auf ein kombiniertes Fertigungskonzept aus einerseits neuen und andererseits gemeinsam mit dem Model 3 genutzten Produktionslinien. Laut Tesla sind im Debütquartal mehr Model-Y-Fahrzeuge gefertigt worden als seinerzeit Model-3-Fahrzeuge in ihren ersten beiden Produktionsquartalen. Konkrete Zahlen nennt der Hersteller allerdings nicht. Wie schon beim Model S und X fasst Tesla die technisch sehr ähnlichen Model 3 und Y bei den Angaben zusammen.

Ausgeliefert wird das Model Y  bekanntlich seit Mitte März in den USA. Der Produktionshochlauf des neuen Modells soll an sich Mitte des Jahres abgeschlossen sein. Ob dies vor dem Hintergrund der aktuellen Ausnahmesituation realisierbar ist und wenn ja, wie sich dann die genaue Verteilung zwischen Model 3 und Model Y entwickeln wird, ist offen. Im Januar äußerte Tesla noch, dass man schätze, dass das Kompakt-SUV populärer werde als die kleine Limousine.

Wie üblich gab Tesla in dem Quartalsbericht noch neue Daten zum Ausbau des Supercharger-Netzes: Die Zahl der Stationen stieg um fünf Prozent auf nun 1.917 Locations, die Zahl der Ladepunkte um sechs Prozent auf 17.007 Supercharger Stalls. Für das Solar- und Batteriespeicher-Geschäft war es derweil kein gutes Quartal: In beiden Bereichen ging die installierte Kapazität (Umsatz und Gewinn gibt Tesla für die Sparten nicht an) verglichen mit dem Vorquartal im 35 Prozent (Solar) bzw. 51 Prozent (Storage) zurück.

Semi wird verschoben, Cybertruck Gigafactory womöglich noch im Mai verkündet

Ungeachtet der ausgebremsten Rekordjagd peilt Tesla für das zweite Quartal einen weiteren Ausbau der Produktionszahlen in Fremont (Model Y) und Shanghai (Model 3) an. Außerdem bekräftigt das Unternehmen nochmals, ab 2021 auch in Shanghai und Brandenburg mit dem Bau und der Auslieferung des Model Y starten zu wollen: „Die Model-Y-Produktionslinien in Shanghai und Berlin bleiben unsere wichtigsten kurzfristigen Projekte“. Hinter diesen Plänen muss der E-Lkw Tesla Semi zurückweichen: Die für das laufende Jahr angekündigten ersten Lieferungen werden auf kommendes Jahr verschoben.

Bei dem anschließenden Webcast gab Musk noch ein Update zu der geplanten Cybertruck-Gigafactory: Man werde den Standort definitiv in den kommenden drei Monaten verkünden, so Musk – vielleicht auch schon im Mai. Im Rennen sind offenbar Texas, die Region Nashville (Tennessee), Joplin in Missouri und Wichita in Kansas.

In Erinnerung bleiben wird vielen Experten im Hinblick auf den Quartalsbericht womöglich aber auch eine andere Aussage Musks: Er nannte die derzeitigen Ausgangsbeschränkungen einen Versuch, den Ausbruch des Coronavirus „faschistisch“ einzudämmen. „Zu sagen, dass sie ihr Haus nicht verlassen können und verhaftet werden, wenn sie dies tun, ist faschistisch“, sagte Musk. „Das ist nicht demokratisch, das ist keine Freiheit. Geben Sie den Menschen ihre gottverdammte Freiheit zurück!“ Später wiederholte er auf Twitter diese Aussage.

Redaktionelle Mitarbeit: Sebastian Schaal
ir.tesla.com, yahoo.com, electrek.co (Cybertruck Gigafactory)

2 Kommentare

zu „Covid-19 bremst Teslas Rekordkurs in Q1 2020 jäh aus“
Bartholomäus Steiner
30.04.2020 um 18:26
„Mit einem minimalen Gewinn von 16 Millionen US-Dollar„ :D wow das war knapp, nur 16 Mio, also fast nix!^^ Klar Tesla ist ein großes Unternehmen, aber das hört sich trotzdem lustig an
eCar-Fan und TESLA-Fahrer
30.04.2020 um 22:03
Der Spiegel: VW-Gewinn bricht um 86 Prozent einDa sind schmale 16 Mio. Gewinn bei gut ein Drittel Umsatzsteigerung ggü. Qu 1/19 doch ein wahrer Lichtblick!

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Lesen Sie auch