Bundeskabinett beschließt SchnellLG

Bild: Porsche

Das Bundeskabinett hat das Schnellladegesetz beschlossen, mit dem die rechtliche Grundlage für die geplante Ausschreibung zum Aufbau eines öffentlichen Schnellladenetzes mit 1.000 Standorten geschaffen wird. Im nächsten Schritt wird das Gesetz in Bundestag diskutiert.

Der Gesetzentwurf, der in der Branche seit Wochen diskutiert wird und dabei durchaus auf Kritik gestoßen ist, hat damit eine wichtige Hürde genommen. Das Bundesverkehrsministerium geht nach eigenen Angaben davon aus, dass das nun vom Kabinett auf den Weg gebrachte SchnellLG noch im Frühjahr von Bundestag und Bundesrat beschlossen wird. In der Folge soll im Sommer die Ausschreibung starten.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, in dessen Ministerium der Entwurf erarbeitet wurde, wiederholt dabei das Ziel, dass die nächste Schnellladesäule in wenigen Minuten erreichbar sein müsse. „Nur mit einer flächendeckenden und nutzerfreundlichen Ladeinfrastruktur schaffen wir es, dass mehr Menschen auf klimafreundliche E-Autos umsteigen und mit erneuerbaren Energien laden können“, so Scheuer in der Mitteilung seines Ministeriums anlässlich der Kabinettssitzung. „Gerade das schnelle Laden mit über 150 Kilowatt ist für die Langstreckentauglichkeit von E-Autos entscheidend.“

Um Scheuers Vorgabe zu verwirklichen, ist ein flächendeckender Ausbau der Schnellladeinfrastruktur notwendig. In den europaweiten Ausschreibungen, die auf Basis des SchnellLG folgen sollen, werden aus diesem Grund attraktive und weniger attraktive Standorte zu sogenannten Losen gebündelt. Damit will der Bund die Rosinenpickerei verhindern – will ein Betreiber einen oder mehrere attraktive Standorte an beispielsweise Autobahnen oder wichtigen Ausfallstraßen in Großstädten bauen, muss er dafür auch Ladestandorte an weniger frequentierten Stellen errichten.

Zu diesem Gebietslosen gibt es nun eine genauere Angabe: Bisher war von „mindestens zehn“ Losen die Rede (wie auch in der aktuellen Fassung des Entwurfs), in der Mitteilung gibt das Ministerium nun an, dass die Ausschreibung „voraussichtlich in 10 bis 15 Losen“ erfolgen soll. Dabei werden auch Bietergemeinschaften erlaubt, damit auch kleine und mittlere Unternehmen an dem Verfahren beteiligt werden können – bei den 1.000 Schnellladeparks würde jedes Los somit 66 bis 100 Standorte umfassen, was eine hohe Investition erfordert – mit ChargInGermany hat sich bereits ein erstes Konsortium angekündigt. Wie genau die Lose aussehen sollen, gibt das Ministerium noch nicht an. „Ein geeigneter Zuschnitt der Lose wird den Wettbewerb bei der Ausschreibung sicherstellen“, heißt es in der Mitteilung.

Den Zuschlag soll der Betreiber erhalten, „der das beste Angebot unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Aspekte abgibt“. Dieser Satz entfaltet vor allem in Kombination mit einer weiteren Passage des SchnellLG seine Wirkung, die auch noch in der Version des SchnellLG enthalten ist, die dem Kabinett vorgelegt wurde: „Kosteninduzierte Einzelpreisänderungen können ausgeschlossen werden. Auswirkungen auf Einzelpreise und das allgemeine Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.“

Sprich: Der Bund will nicht, dass wegen den eigenen Vorgaben an den Ladeparks hinsichtlich Ladeleistung, Anzahl der Ladepunkte und sonstiger „Nebenanlagen“ (u.a. Dach, Toiletten, Gastronomie), die Preise für den Endkunden steigen. Da im SchnellLG aber auch eine „vorausschauende Überdimensionierung“ gefordert wird, entstehen den Betreibern Kosten, die sie über eine höhere Förderung wieder reinholen wollen. Sprich: Den Zuschlag wird der Bieter erhalten, der die baulichen Vorgaben erfüllen wird, die Endkundenpreise in einem für das BMVI annehmbaren Korridor halten will und dabei noch die niedrigste Förderquote fordert.

In der Industrie hat gerade der Preiseingriff für große Aufregung gesorgt. Timo Sillober, Vertriebschef der EnBW sagte vor einigen Wochen bei der Online-Konferenz electrive.net LIVE, dass man keinem Kunden oder Einzelhandelspartner, auf dessen Parkplatz die Ladesäule gebaut wurde, erklären könne, warum der Strom an der Ladesäule 20 Cent pro Kilowattstunde teurer sei als an einem zwei Kilometer weiter errichteten „Bundes-Ladepark“. „Wir investieren über eine Milliarde Euro in den Ausbau unseres Schnellladenetzes“, so Sillober. „Das Thema Preis darf nicht den Markt zerrütten.“

Aussagen, die in Berlin angekommen sind. Johannes Pallasch, Leiter der Nationalen Leitstelle Elektromobilität, gab zwar an, aufgrund des Vergaberechts derzeit noch nicht über die Inhalte (und damit die genauen Preise) sprechen zu dürfen. „Es hilft keinem weiter, wenn wir 20 Cent pro Kilowattstunde aufrufen und alle anderen Anbieter in die Röhre schauen“, so Pallasch in seinem Beitrag bei electrive.net LIVE. „Es hilft aber auch keinem weiter, wenn sich Preise von 79 Cent oder einem Euro pro Kilowattstunde im Markt etablieren.“ Eine Einordnung, die den ein oder anderen in der Branche etwas beruhigt haben dürfte – im Gesetz findet sie sich freilich nicht wieder, sondern nur der oben zitierte Satz.

Ad-hoc-Laden darf teurer sein

Angepasst wurde auch die Passage zum Ad-hoc-Laden: „Er [der Betreiber. Anm. d. Red.] hat sicherzustellen, dass der Betreiber von Schnellladepunkten allen Mobilitätsanbietern den Zugang zu diesen diskriminierungsfrei zu marktgerechten Bedingungen anbietet. Die Bedingungen für das punktuelle Laden müssen diskriminierungsfrei sein und den Bedingungen nach Satz 3 entsprechen, dürfen aber im Rahmen der Festsetzung des Entgeltes Unterschiede berück-sichtigen, insbesondere einen zusätzlichen Abwicklungsaufwand.“ Auch hier gilt: Die genaue Höhe dieses Aufschlags wird wohl erst in der Ausschreibung zu finden sein.

Wenn der Bundestag das Gesetz in der aktuellen Form annimmt, kann das BMVI im Anschluss per Rechtsverordnung ohne weitere Zustimmung des Parlaments die weiteren Verfahren auf den Weg bringen. Also etwa mit einer Rechtsverordnung „Einzelheiten zu den technischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen“ festlegen – dazu zählt unter anderem die Ladeleistung der Schnellladepunkte, die nun wieder mit 150 kW angegeben ist (im ersten Referentenentwurf waren es 100 kW). Aber auch die Regelungen für das Vergabeverfahren und die eventuelle Übernahme von Bestandsinfrastruktur (§6, Absatz 3 des SchnellLG) kann das BMVI dann eigenständig regeln.

Auf den letztgenannten Punkt verweist der BDEW in seiner Stellungnahme. „Für Unternehmen, die bereits investiert haben und Ladepunkte betreiben, muss sichergestellt werden, dass ihre bestehenden Geschäftsmodelle auch weiterhin im Markt bestehen können“ sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. „Deshalb ist es elementar, dass die Ausschreibungen die Bestandsinfrastruktur angemessen berücksichtigen, auf Kosteneffizienz setzen und einen echten Wettbewerb sicherstellen.“

In §6 Absatz 3 regelt das Gesetz, dass bei einer „wirtschaftlich unzumutbaren Härte“ in Folge eines der im Zuge der Ausschreibung errichteten Ladeparks ein Bestandsinfrastrukturanbieter dem BMVI seine „seine Ladeinfrastruktur einschließlich der zugehörigen Rechte und Verträge ganz oder teilweise zur käuflichen Übernahme anbieten oder bei Weiterbetrieb des Standortes vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur eine angemessene Entschädigung verlangen“ kann.

Den einmaligen finanziellen Aufwand für die Ausschreibung beziffert das BMVI mit rund 9,46 Millionen Euro. Darin sind auch die Arbeitskosten der Mitarbeiter erhalten, die die ganzen Anträge prüfen und bearbeiten sollen. In der ersten Stufe geht das BMVI von bis zu 100 Bietern aus, von denen im weiteren Prozess 40 Bieter hinsichtlich Standort-, Nutzer- und technischem Konzept geprüft werden sollen – alleine das wird mehrere Monate dauern. Zu einem Vertragsabschluss soll es dann mit 10 bis 15 Bietern kommen.
bmvi.de, bmvi.de (vom Kabinett beschlossene Fassung des SchnellLG als PDF)

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