Artemis GmbH gibt Landjet-Projekt ab / Hitzinger tritt ab

Die bisher eigenständig agierende Artemis GmbH gibt die Entwicklung des autonom fahrenden E-Autos an Audi und die Softwareentwicklung an VWs Softwareschmiede Cariad ab. Das bestätigt Audi nun offiziell. Alexander Hitzinger wird im Zuge dieser Neuausrichtung die Leitung der Artemis GmbH an Oliver Hoffmann abgeben.

Erste Hinweise, dass das Artemis-Projekt neu aufgesetzt wird, waren bereits im Februar durchgesickert. Nun gibt Audi dazu eine offizielle Mitteilung heraus. Darin heißt es, dass die Artemis GmbH näher an die technische Entwicklung von Audi heranrücken solle. Wie in solchen Pressenotizen üblich, wird die Strategieänderung mit sehr viel Lob flankiert: Das Team um Alexander Hitzinger habe die Entwicklung des innovativen Artemis-Modells außerhalb gelernter Strukturen und Prozesse aufgesetzt und in der Konzeptphase gemeinsam mit Cariad und der Audi AG den Grundstein für zukunftsfähige Technologien gelegt, heißt es aus der Audi-Zentrale.

„Jetzt folgt die Neuausrichtung des Projektteams. Als Kompetenzzentrum für schnelle und moderne Entwicklungsprozesse rückt die Artemis GmbH noch näher an die Technische Entwicklung von Audi heran und stärkt das neue Innovationsmanagement“, heißt es. Die Tochtergesellschaft solle sich nun „mit voller Kraft auf Methoden, Tools und Prozesse konzentrieren, um eine Blaupause für software-getriebene Fahrzeugentwicklung zu kreieren“. Als neuen Geschäftsführer der Artemis GmbH nennt Audi Oliver Hoffmann, der seit März Vorstand für Technische Entwicklung des Unternehmens ist.

De facto wird das bei Audi angesiedelte Artemis-Projekt, in dessen Rahmen bis 2024 eine Premium-Elektro-Limousine entwickelt werden sollte, wieder eingefangen. Obwohl Audi erst im Dezember die Taskforce Artemis zu einer eigenen GmbH mit Projektleiter Alex Hitzinger als Geschäftsführer gemacht hat, folgt bereits jetzt die Kehrtwende. In der aktuellen Mitteilung spricht Audi vom „erfolgreichen Abschluss der Konzeptphase“ für das in Berichten immer wieder „Landjet“ genannte Modell. Nun erfolge die Übergabe der Verantwortung für die weitere Fahrzeugentwicklung an Audi sowie für die Softwareentwicklung an Cariad. Alexander Hitzinger wird sich nach Angaben des Unternehmens auf eine neue Aufgabe vorbereiten.

„Wir danken Alexander Hitzinger für sein Engagement in der frühen Entwicklungsphase unseres Artemis-Modells. Ohne diesen Einsatz, gepaart mit seiner Erfahrung und seinem Know-how, würde das Fahrzeug nicht 2025 zu unseren Kund_innen rollen“, sagt Markus Duesmann, CEO der AUDI AG, laut der Mitteilung. Der frühere Motorsport-Entwickler war von Audi-Chef Markus Duesmann (ebenfalls mit Motorsport-Hintergrund) unter anderem deshalb mit dem Artemis-Projekt betraut worden, weil er nicht in den üblichen Beschränkungen der Serienproduktion denkt.

Laut Medienberichten aus dem Februar soll ihn nun aber genau das disqualifiziert haben. Das „Manager Magazin“ schrieb seinerzeit ohne konkrete Angabe von Quellen, dass Hitzinger in Ingolstadt „enttäuscht“ habe. Er soll zu viele Wünsche und Ideen eingebracht haben, die nicht für eine profitable Serienfertigung geeignet seien. Wohl noch wichtiger: Der Autohersteller soll realisiert haben, „dass Einzelmodelle nicht ausreichten gegen Tesla.“ Im Volkswagen-Konzern soll deshalb stattdessen eine groß angelegte Plattform-Strategie gefahren werden, die wir bereits im Februar näher beschrieben haben. Allerdings basieren die Informationen dazu bis dato nur auf Medienberichten. Eine erste Folge der  plausiblen Strategieänderung ist nun allerdings Fakt: Das Artemis-Projekt verliert seine Autonomie.

Im Februar bezeichnete Artemis die Darstellung im „Manager Magazin“ auf Anfrage von electrive.net übrigens noch als „sehr verkürzend“. „Artemis wurde als Inkubator und Beschleuniger gegründet und agiert als eigenständige GmbH in einem geschützten Raum“, so ein Sprecher. „Entwicklungszyklen werden durch die zur Anwendung kommenden innovativen Entwicklungsmethoden, -prozesse und -tools deutlich verkürzt. Das hat wegweisende Funktion für den gesamten Konzern.“ Das erste Modell „mit wertvollen Ideen aus dieser Tech Company“ werde 2024 an den Start gehen. „Kundenfokus ist die wesentliche und maßgebliche Richtschnur“, so der Sprecher weiter. „Darunter fallen dann gegebenenfalls auch die Ausgestaltung und Entwicklung eines Ökosystems.“ Zu den konkreten Aussagen des Artikels, wonach die Entwicklung des „Landjet“ wieder bei Audi angesiedelt sei, machte der Sprecher keine Angaben. Jetzt wissen wir auch, warum.
audi-mediacenter.com

9 Kommentare

zu „Artemis GmbH gibt Landjet-Projekt ab / Hitzinger tritt ab“
David
29.05.2021 um 19:14
Naja, von Tesla spricht man heute nicht mehr. Das ist nicht mehr die Benchmark. Man schaut sich da auch nichts ab, Rundzellen sind den Massenmarkt zu teuer zu konfektionieren, machen die Verkabelung deutlich aufwendiger und vergrößern die Zahl potenzieller Fehlerquellen. Der Radarentfall ist absurd und ansonsten bietet Tesla Technik von 2017.Was der VW Konzern machen muss, ist, einerseits, die MEB weiterzuentwickeln, das machen sie, und, andererseits, die bisherigen MEB-Fahrzeuge zu optimieren. Da ist man zwar dran, aber da ist noch viel Potenzial. Wenn die Autos gescheit rekuperieren, laden und heizen würden, wären sie extrem effizient. Sind sie aktuell nicht, weil alles Potenzial hat:Was ist daran so schwer, die Akkuheizung im Standard auszustellen? Was ist daran so schwer, den Akku während des Ladens gescheit zu kühlen, um die Ladegeschwindigkeit zu halten? Wo bleiben die 175 kW für den großen Akku? Was spricht gegen mehr Rekuperationsleistung? Was ist so schwer daran, die Wärmepumpe gescheit einzusetzen?
Martin Hofstetter
31.05.2021 um 07:18
ich bin beeindruckt ob ihrer fachlichen kompetenz! ich würde, trotz 30 jahre in der zellforschung, mich nicht getrauen solche aussagen zu treffen!
Raphael
30.05.2021 um 22:35
Tönt dies nicht alles ein bisschen nach überstürzter Entwicklung, wo einfach mal etwas her musste und keine Zeit für Optimierung vorhanden war? Vielleicht war der Entscheid für OTA auch dadurch motiviert, weil sie so möglicherweise noch Funktionalitäten nachrüsten können, die auf der Strecke geblieben sind.
BEV
31.05.2021 um 09:00
der VW Konzern hätte OTA lieber schon viel früher gehabt, dann hätte man über nacht schnell ein Update auf die Diesel gespielt .. HAHA
Raphael
31.05.2021 um 19:47
Stimmt, dies hätte bei einigen der Skandalmotoren sehr viel Werkstattkosten einsparen können :-)
Jonny
30.05.2021 um 20:22
Da ist halt noch ein langer Weg zu Tesla,da reicht es nicht einfach mehr Kobalt hineinzupacken.
TM3
30.05.2021 um 15:00
Haha .. du weist Bescheid.
Frank
30.05.2021 um 14:11
"Naja, von Tesla spricht man heute nicht mehr. Das ist nicht mehr die Benchmark"Ich denke bei VW und insbesondere Audi weiß man das besser.
BEV
31.05.2021 um 09:02
absolut... und das mit den Rundzellen, die werden bald noch viel mehr haben. Ok, "bald" ist relativ, in der alten Welt dauert das mehrere Jahre, bei Tesla nur paar Monate, siehe LFP, das wurde auch sehr schnell in Serie gebracht, dann haben alle gejammert, dann kam das Update und schwupps ist das Ding super gut.

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