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VW ID. Buzz Cargo im Fahrbericht: Durchbruch für den E-Transporter oder teurer Lifestyle-Laster?

Mit dem ID. Buzz Cargo bringt VWN die Langstreckentauglichkeit und die Ladeleistung eines modernen Elektroautos in das Transporter-Segment. Doch reicht das aus, um sich im Wettbewerb zu behaupten? Oder wird die Pkw-Plattform auch zum Nachteil? Antworten gibt unser Fahrbericht.

Bis zu 170 kW Ladeleistung verspricht VW für seine MEB-Modelle ab der 3.0-Software. Mit dem ID. Buzz Cargo hatten wir sogar 185 kW auf der Anzeige der Ladesäule – ein Wert, der auch in anderen Tests bestätigt wurde. Ja, die Peak-Ladeleistung ist wenig aussagekräftig, wenn sie nur eine kurze Zeit gehalten werden kann. Aber auch die 100 kW, welche die Transporter der diversen Stellantis-Marken im Datenblatt haben, liegen nicht dauerhaft an. Mit einer Ladedauer von zehn auf 80 Prozent in rund 30 Minuten bringt der ID. Buzz Cargo frischen Wind ins Segment. Selbst der eVito von Mercedes-Benz als Vertreter einer Premium-Marke steht länger am Schnelllader.

Einen ersten Eindruck von der Transporter-Version des lange erwarteten MEB-Vans konnten wir uns schon im vergangenen Sommer bei der Fahrvorstellung des ID. Buzz verschaffen. Nur damals – wie bei solchen Presse-Veranstaltungen üblich – waren nur kürzere Strecken rund um Kopenhagen möglich.

Statt in Dänemark stand der ID. Buzz Cargo nun in Deutschland für einen ausführlicheren Test bereit – auf den bekannten Strecken führt das oftmals zu anderen Eindrücken als bei dem kurzen Erstkontakt. Nicht so beim VW-Transporter: Der Cargo bestätigt auch rund um Düsseldorf die Eindrücke aus dem vergangenen Jahr. Das Cockpit ist gut strukturiert und verfügt über viele Ablagen, die Materialien sind deutlich einfacher und robuster als in der Pkw-Version und das VW-Infotainment bringt noch seine bekannten Schwächen mit. Dass die im ID. Buzz aufgeschäumte Armablage in der Tür im Cargo aus Hartplastik ist, gehört eben zu dem Transporter dazu: Das Hartplastik sieht vermutlich noch nach Jahren intensiver Nutzung gut aus, wo das weichere Material aus der Pkw-Version schon deutlich das Alter zeigen dürfte. Aber: Hartplastik ist aus den Pkw-Modellen auf Basis des MEB sehr vertraut.

Für das vertraute Gefühl sorgen auch zahlreiche Elemente aus dem MEB-Baukasten, etwa das kleine Cockpit-Display hinter dem Lenkrad oder auch das Lenkrad selbst – die Touch-Bedienflächen sind aber auch im ID. Buzz Cargo nicht der Weisheit letzter Schluss. Für unseren Test hat VW Nutzfahrzeuge übrigens ein Fahrzeug mit zwei Stoffsitzen in der Kabine gestellt, alternativ können drei Sitzplätze verbaut werden – auch wenn es dann natürlich etwas enger wird.

Für Personen, die nicht regelmäßig Transporter mit fester Trennwand fahren, ist im ID. Buzz Cargo das kleine Sichtfenster in der Trennwand sicher ein hilfreiches Feature – für 110 Euro Aufpreis. Sofern die Beladung nicht im Weg steht, kann so selbst im Transporter noch der Innenspiegel genutzt werden. Also natürlich nur dann, wenn auch eine Version mit Glasscheibe im Kofferraumdeckel bestellt wird. Wird die Variante mit geschlossener Heckklappe geordert oder die Ladung versperrt den Blick, kann man sich die Mehrkosten sparen.

Im Laderaum selbst gibt es reichlich Platz: In der 4,71 Meter langen Normal-Version gibt VW den Laderaum mit bis zu 3,9 Kubikmetern an. Hinter der 62 Zentimeter hohen Ladekante erstreckt sich ein 2,20 Meter langer Laderaum (2,32 Meter mit Flügeltüren statt Heckklappe). Eine Durchlademöglichkeit für noch längere Gegenstände kostet 160 Euro Aufpreis und war in unserem Testwagen nicht verbaut. An der breitesten Stelle misst der Laderaum 1,73 Meter, zwischen den Radkästen sind es noch 1,23 Meter – so passen zwei Europaletten auf die Ladefläche. Um die Maße zu vervollständigen: Die maximale Ladehöhe liegt bei 1,25 Metern.

Maximal 647 Kilogramm Zuladung, mit Ausstattung eher weniger

Während in der KEP-Branche mit oft leichten Paketen eher das Volumen oder die maximale Arbeitszeit des Fahrers die Grenzen bilden, ist bei anderen Einsätzen eines Transporters die maximale Nutzlast der entscheidende Faktor. Und hier wird die Pkw-Plattform des ID. Buzz Cargo ein Problem: Je nach Ausstattung liegt die Nutzlast nur zwischen 516 und 647 Kilogramm. Da bieten einige Elektro-Kastenwagen der Konkurrenz mehr. Und falls die Beton-Säcke aus dem Baumarkt dann eher auf den Anhänger sollen als in den Laderaum: Hier bietet der ID. Buzz Cargo ebenfalls den Standard-Wert der MEB-Pkw mit Heckantrieb – ungebremst ist bei 750 Kilogramm Schluss, gebremst sind es 1.000 Kilogramm.

Ihre Vorteile kann die MEB-Plattform aber ganz klar beim Antrieb ausspielen: So effizient wie der ID. Buzz Cargo ist kaum ein anderer E-Transporter. An die wirklich hervorragenden Werte aus unserer kurzen Kopenhagen-Testfahrt kamen wir nicht ganz heran, Verbräuche zwischen 16 kWh/100km durch die Stadt und auf Landstraßen sowie Werte zwischen 20 und 25 kWh/100km je nach Fahrweise auf der Autobahn können sich in der Größenklasse sehen lassen – da brauchen auch manche Pkw mit besserer Aerodynamik mehr. Ein Reise-Tempo über 130 km/h empfiehlt sich aber nicht, der höhere Verbrauch lässt die Reichweite arg schnell schrumpfen.

Zudem bietet der Heckantrieb eine gute Traktion, die durchgängig frontgetriebene Konkurrenz weist ein anderes Fahrverhalten auf. So kann der ID. Buzz Cargo bei Bedarf auch seine 150 kW gut auf die Straße bringen – falls die Ladung es zulässt. Bei der für einen Transporter guten Beschleunigung sollte alles auf der Ladefläche gesichert sein. Nötig sind 150 kW sicher nicht, da die Plattform es ermöglicht und auch die Batterie die 150 kW gut abgeben kann, ist es natürlich ein angenehmes Feature. Mit dem Elektro-typischen Antritt auf dem Beschleunigungsstreifen schon genügend Tempo aufnehmen zu können, erhöht aber auch die Sicherheit.

Unser Testwagen war mit zahlreichen Assistenzsystemen ausgestattet, bis hin zu dem „Travel Assist mit Schwarmdaten“. Das System mit der sperrigen Bezeichnung ermöglicht ein wirklich gutes, assistiertes Fahren. Die Fahrspur und Verkehrsschilder werden zuverlässig erkannt und einbezogen, der automatisierte Spurwechsel (ausgelöst durch den Blinker) wird so zügig durchgeführt, wie es auch ein menschlicher Fahrer machen würde –bei anderen Herstellern sind die Fahrzeuge beim Spurwechsel oft extrem vorsichtig. Insgesamt agiert die aktuelle Generation des VW-Assistenten sehr ausgereift und zuverlässig. Andere mögen noch zusätzliche Funktionen oder eine hübschere Darstellung im Display bieten. Sich auf den Assistenten stärker verlassen zu können, sorgt im Zweifel für eine angenehmere Langstreckenfahrt als ein System mit mehr Funktionen, aber auch mit mehr unerwarteten Fahrmanövern bis hin zu Phantombremsungen.

Wenn man versucht, den ID. Buzz Cargo zu bewerten, ist es ein klares „Kommt darauf an“. Denn die Palette an möglichen Einsatzzwecken für einen E-Transporter dieser Größe ist extrem breit. Für die einen kommt der ID. Buzz Cargo generell nicht in Frage, weil so manch Langversion eines Kastenwagens mehr Zuladung und Laderaum bietet – und dabei günstiger ist. Andere benötigen schlichtweg die 77 kWh große Batterie nicht – die Variante mit 58 kWh ist derzeit noch nicht bestellbar. Und wer bei seinem E-Transporter vor allem auf die Kosten achtet, wird von Preisen ab 45.743 Euro netto (oder ab 476 Euro pro Monat im VW-Geschäftsleasing) abgeschreckt. Und die Aufpreisliste ist auch beim ID. Buzz Cargo lang.

Preise starten bei 45.743 Euro netto

Wer als Sub-Unternehmer Pakete ausliefert, wird derartige Preise wohl nicht zahlen (können) und zum Diesel greifen – so sinnvoll der Einsatz von E-Transportern in der innerstädtischen Zustellung auch ist. Wer zum Beispiel seine ganze Service-Flotte auf Elektrofahrzeuge umstellen will und entsprechende Stückzahlen ordert, braucht wohl einen guten Mengenrabatt, um zu rechtfertigen, warum es der ID. Buzz Cargo sein soll.

Aber andererseits: Wenn der ID. Buzz mit Größe und Zuladung in das Beschaffungs-Schema passt, kann die Kombination aus Batterie und Ladeleistung den praktischen Einsatzradius des Fahrzeugs enorm erweitern – was je nach Unternehmen den Mehrpreis schon rechtfertigen würde. Wir haben zwar keinen Vergleichstest gemacht, aber mit der bekannten Reichweite und um mindestens 15 Minuten längeren Ladedauer bieten sich die Stellantis-Modelle nicht so sehr für längere Einsätze mit Ladestopp an. Wird der E-Transporter aber jede Nacht auf dem Firmenparkplatz per AC geladen und der Akku reicht für die tägliche Fahrstrecke in der Regel aus, verpufft dieser Vorteil beim DC-Laden wieder – während es für andere der Game Changer ist.

Und selbst dann wird der ID. Buzz Cargo immer noch die Transporter-Version eines Pkw-Modells sein. Die reinen Transportaufgaben kann wie erwähnt wohl auch ein Kastenwagen (in der Langversion) erledigen, für schwerere Transporte geht dem ID. Buzz Cargo schnell die Zuladung aus. Oder der Einsatz einiger Handwerker mit schwerem Sortimo-Ausbau im Heck ist gar nicht möglich – eine Variante, die möglich ist, wurde im vergangenen Herbst auf der IAA Transportation mit dem Miele ServiceVan gezeigt. Dieser verfügt über einen auf die Anforderungen der Service-Mitarbeitenden ausgerichteten Ausbau mit Regalsystemen zur Verstauung von Materialien, Ersatzteilen und Werkzeugen für den Miele-Kundenservice. Wer aber mehr als Hausgeräte reparieren will, muss dann auf den VW-Ableger des Ford E-Transit Custom warten, der dann im Ein-Tonnen-Segment elektrische Transporte ermöglichen soll.

Fazit

Mit dem ID. Buzz ist VWN ein guter Elektro-Van für Privatkunden gelungen. Der ID. Buzz Cargo kann einige dieser Stärken in die Transporter-Welt bringen, nimmt auf diesem Weg aber leider auch einige Nachteile der Pkw-Plattform mit bzw. kann diese nicht ganz ausbügeln. Somit kommt es auf den jeweiligen Einsatz an, ob die Vor- oder Nachteile überwiegen und ob das Transporter-Modell seinen Preis wert ist – oder ob man doch noch etwas auf den Ein-Tonner wartet.

2 Kommentare

zu „VW ID. Buzz Cargo im Fahrbericht: Durchbruch für den E-Transporter oder teurer Lifestyle-Laster?“
Alfred
07.06.2023 um 16:55
Schade, dass VW die Maße und Flexibilität eines Transporters oder auch Multivan nicht erhalten hat. Mir scheint, als hätte man die Kunden nicht befragt, bevor man einen ID Buzz dimensioniert, jedenfalls die MultivanfahrerInnen die ich kenne, und das sind einige, werden zu 95% keinen ID Buzz fahren. Die Zielgruppe ist dann wohl eher der Sharanfahrer.
lenzano
09.06.2023 um 09:06
stimme zu, aber es kommt im Buzz Van ja eine Änderung. Da wird der Wagen wenigstens so lang wie ein T6 https://www.electrive.net/2023/06/02/vwn-enthuellt-id-buzz-mit-langem-radstand/ Stärker wird er und soll sogar noch schneller laden können, dank noch größerer Batterie.

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