E-Lkw im Winterdienst: Wie die Batterie-Lkw gegen Schlitterpartien helfen

Das Vorurteil ist bekannt: Elektroautos taugen im Winter nichts, die Reichweite bricht ein. Batterie-elektrische Lastwagen werden da wohl nicht anders sein. Doch jetzt werden zwei besondere Exemplare sogar im Winterdienst eingesetzt – zum Teil auf verschneiten und schwierigen Bergpässen.

designwerk volvo fh norwegen schneepflug
Bild: Eli Ramstad, Statens vegvesen

Norwegen ist bekanntlich ein Vorzeigeland bei der Elektromobilität. Nirgendwo sonst sind die Anteile von Elektroautos an den Neuzulassungen so hoch, und auch bei den schweren Nutzfahrzeugen ist die Umstellung auf elektrische Antriebe voll im Gange. Dass es hier und da auch mal knirscht – wie etwa in diesem Winter bei einigen Elektrobussen in Oslo – ist für die Norweger selbstverständlich. Was im Ausland zum Teil für Häme sorgt, wird in dem skandinavischen Land als Lerneffekt gesehen.

Vor diesem Hintergrund sollte man auch den Einsatz eines besonderen Fahrzeugs von Designwerk betrachten: Norwegens öffentliche Straßenverwaltung Statens vegvesen setzt einen E-Lkw als Schneepflug ein. Konkret handelt es sich um einen Elektro-Truck von Designwerk auf Basis des Volvo FH mit einer 1.000-kWh-Batterie. Eingesetzt wird der E-Lkw zur Schneeräumung nicht etwa in einer Stadt oder auf den flachen Küstenstraßen, sondern auf der E6 – quer durch das Dovrefjell-Gebirge.

Im durchaus hügeligen Einsatz bei fünf Grad Celsius unter null hat der E-Schneepflug einen vollen Betriebstag mit fast neun Stunden auf der Straße ohne Probleme durchgehalten. Bei einer Mischung aus leichtem und stärkerem Schneefall lag am Ende des Tages der Ladestand noch bei 28 Prozent – gestartet ist der Designwerk-Lkw mit 90 Prozent. Das ergibt laut den Norwegern einen Durchschnittsverbrauch von 182 kWh/100km. Und da insgesamt 38 Prozent des Akkus nicht genutzt wurden, gibt es sogar einen Puffer für noch widrigere Bedingungen oder längere Einsätze.

Norwegische Behörde verlängert Testeinsatz

Das Fazit nach einer einwöchigen Testphase fällt positiv aus, so dass einen Monat lang weitere Tests auf der E136 zwischen Dombås und Bjorli und am Flughafen Bjorli folgen sollen – mit der Möglichkeit einer Verlängerung. Die norwegische öffentliche Straßenverwaltung hatte zuvor bereits mehrere Pilotprojekte mit elektrischem Pflügen durchgeführt. Das erste war im Jahr 2021, als ein elektrischer Radlader auf Fuß- und Radwegen in Trondheim getestet wurde. Allerdings sei die Akkukapazität zu gering gewesen. Das dürfte jetzt mit 1.000 kWh anders sein.

Aber nicht nur in Norwegen testet die Straßenverwaltung E-Lkw im Winterdienst, sondern auch in Deutschland. Hierzulande haben Mercedes-Benz Trucks und die Autobahn GmbH des Bundes Anfang Februar einen Prototyp des eActros 600 im „anspruchsvollen Winterdienst“ erprobt. Mit rund 600 kWh Batteriekapazität muss der elektrische Fernverkehrs-Lkw von Mercedes zwar mit etwas weniger Energie auskommen als der von Designwerk umgebaute Volvo FH, dafür ist er auch unter anderen Einsatzbedingungen unterwegs. Und zwar auf jenem Terrain, für das der eActros 600 entwickelt wurde – auf der Autobahn.

Bei dem Test auf einem Teilabschnitt der A2 zwischen Hamm und Bielefeld war ein Prototyp des Lastwagens – die Serienproduktion soll Ende 2024 starten – mit einem speziellen Sattelauflieger der Firma Epoke unterwegs. Optisch handelt es sich um einen Auflieger mit großem Tank, tatsächlich ist es aber mehr als ein reiner Tankwagen.

Als präventives Mittel gegen Glatteis nutzt die Autobahn GmbH eine Sole aus Wasser und Salz als umweltfreundlichere Alternative zu konventionellem Streusalz. Der Solesprüher-Auflieger ermöglicht das Ausbringen der Sole bei Geschwindigkeiten von 80 km/h im laufenden Verkehr bis zu einer Streubreite von 12 Metern. Angetrieben wird der Streuer über das hintere Rad des Sattelaufliegers autark vom Zugfahrzeug. !Die Erprobung hat gezeigt, dass Einsätze bei der präventiven Soleausbringung im Winterdienst mit E-Lkw bewältigt werden können“, teilt Daimler Truck mit.

Wie weit der eActros 600 mit dem Solesprüher-Auflieger an einem Tag gekommen ist, wird in der Mitteilung aber nicht erwähnt. Die Reichweite gibt der Hersteller mit 500 Kilometern an – und das nicht leer, sondern „nach Vorkonditionierung mit einer 4×2 Sattelzugmaschine mit 40t Gesamtzuggewicht bei 20°C Außentemperatur im Fernverkehrseinsatz“. Sprich: In dem Temperaturbereich, in dem üblicherweise gestreut wird, dürften es nicht ganz die 500 Kilometer werden. Aber richtig geplant scheint der Einsatz auch mit einer Elektro-Zugmaschine möglich zu sein, wie der Test gezeigt hat.

ntb.no (Norwegen), daimlertruck.com (Deutschland)

1 Kommentar

zu „E-Lkw im Winterdienst: Wie die Batterie-Lkw gegen Schlitterpartien helfen“
Vogt Oliver
19.02.2024 um 10:43
Nun, hier etwas altbacken, Viel hilft viel. So wie zu Verbrennerzeiten Hubraum ist durch nichts zu ersetzen, außer durch Hubraum. Analog, Kapazität ist durch nichts zu ersetzen, außer durch Kapazität:).Weiterhin hatte ich bei einem PKW Hersteller gelesen, dass eine deutlich größere Kapazität, in dem Fall zirka 1/3 größer ein kaum höheren Geichtsanteil von einem einstelligen Prozentanteil kostet. Leider prozentual höhere Kosten....zirka 1/3:(.MfG Gruß Oliver Vogt aus Hameln , Berufsschullehrer

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