Batteriezellen-Entwickler CustomCells ist insolvent
Damit ist einer der Pioniere der Batteriezellen-Entwicklung in Deutschland insolvent. Bereits 2012 als Spin-off der deutschen Fraunhofer-Gesellschaft gegründet, baute CustomCells Batterie-Standorte in Itzehoe und Tübingen auf. Heute sind mehr als 200 Menschen bei CustomCells beschäftigt – und die müssen nun um ihre Arbeitsplätze bangen. Sie wurden bei einer Mitarbeiterversammlung bereits über den Insolvenzantrag sowie die weiteren Schritte im vorläufigen Insolvenzverfahren informiert.
„Die aktuelle Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen. Trotz größter Anstrengungen, herausragender Produkte und einer guten Geschäftsentwicklung müssen wir aufgrund äußerer Umstände, die wir nicht beeinflussen konnten, diesen Schritt gehen“, sagt Dirk Abendroth, CEO von CustomCells. „Unser Fokus liegt jetzt darauf, den Betrieb bestmöglich aufrechtzuerhalten und eine Zukunftsperspektive für unser Unternehmen zu schaffen. Wir danken unseren Mitarbeitern, Kunden, Investoren und Partnern für ihr Vertrauen und die Unterstützung in dieser herausfordernden Zeit.“
Hintergrund der Zahlungsunfähigkeit ist die Insolvenz des Flugtaxi-Entwicklers Lilium als größtem Kunden von CustomCells. Dieser soll offene Rechnungen in zweistelliger Millionenhöhe nicht bezahlt haben. „Aufgrund der aktuell schwierigen gesamtwirtschaftlichen Lage konnten trotz vielversprechender Entwicklungen kurzfristig keine neuen Investoren mit dem nötigen Volumen zum Ausgleich der Belastungen gewonnen werden“, heißt es in einer Pressemitteilung. Dabei habe sich die angespannte Situation bei Wettbewerbern in der Batteriebranche zusätzlich erschwerend ausgewirkt. Damit dürfte zum Beispiel die Insolvenz von Northvolt aus Schweden gemeint sein. Auch Bemühungen, die Insolvenz durch Unterstützung seitens Land, Bund und EU abzuwenden, seien ohne Erfolg geblieben, heißt es von CustomCells weiter.
Der Geschäftsbetrieb bei CustomCells kann bis auf Weiteres fortgeführt werden. Die Löhne und Gehälter der Beschäftigten sind bis einschließlich Juni 2025 gesichert. Parallel zur Stabilisierung des laufenden Geschäfts wird die Suche nach neuen Investoren vorbereitet.
Das zuständige Insolvenzgericht in Kiel hat Rechtsanwalt Malte Köster, Partner der Kanzlei WillmerKöster, zum vorläufigen Insolvenzverwalter der operativen Gesellschaften von CustomCells in Itzehoe und Tübingen bestellt. Die Holding-Gesellschaft der CustomCells-Gruppe ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht vom Insolvenzantrag betroffen.
Köster sagt: „CustomCells zählt als Premium-Batteriehersteller zu den Pionieren im Bereich hochmoderner Batteriezellentechnologie und verfügt über einen starken Forschungs-Schwerpunkt. Das Umfeld für Start-ups in Deutschland ist derzeit alles andere als einfach, nicht nur im Batteriebereich. Letztlich sind die Entwicklungen bei Lilium auf CustomCells durchgeschlagen. Wir sind aktuell dabei, uns ein vollumfängliches Bild der Situation zu machen und werden in den kommenden Tagen und Wochen prüfen, wie Perspektiven für eine Sanierung unter dem Schutz des Insolvenzrechts aussehen können. Parallel werden wir gemeinsam mit der Geschäftsführung einen neuen Investorenprozess starten.“
CustomCells hat sich als Spezialanbieter für besonders hochwertige Batterien positioniert: Das Unternehmen entwickelt und fertigt auf verschiedene Einsatzzwecke spezialisierte Zellen mit hoher Leistungs- und Energiedichte für Marktsegmente, die von den großen asiatischen Volumenherstellern nicht bedient werden. Dazu zählen die Bereiche Agrartechnik, Premium-Automobilbau, Motorsport, E-Aviation, Verteidigungstechnologie sowie allgemein das Offroad-Segment etwa im Bereich Schwerlast, Bergbau und maritimen Anwendungen.
Erst Anfang 2024 hat CustomCells in Itzehoe eine neue Unternehmenszentrale bezogen, die neben der Verwaltung auch ein Forschungszentrum beherbergt. CEO Abendroth bezeichnete damals den Standort als „unser Zukunftslabor“. Die Pläne waren groß – und mit einem Erfolg von Großkunden Lilium hätten sich die Hoffnungen auf eine rosige Zukunft vielleicht auch bewahrheitet. Doch jetzt steht den Angestellten und Investoren ein unruhiger Sommer bevor.
Quelle: Pressemitteilung per Mail
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