EU-Parlament winkt aufgeweichte CO2-Ziele durch
Die flexibleren CO2-Flottenziele sind eine der Maßnahmen, mit der die EU-Kommission die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Autoindustrie verbessern will. Der Vorschlag räumt den Autoherstellern ein, die bekannten CO2-Flottenziele für 2025 nicht direkt in diesem Jahr erreichen zu müssen, sondern stattdessen nur im Drei-Jahres-Mittelwert zwischen 2025 und 2027. Das ist eines der Ergebnisse des EU-Strategiedialogs zur Zukunft der Autoindustrie, der Anfang des Jahres gestartet wurde.
Mit dem am Donnerstag getroffenen Beschluss des Europaparlaments steht in der EU-Gesetzgebung noch die Zustimmung des EU-Rats aus, in dem die Mitgliedsstaaten organisiert sind. Dieser Schritt gilt allgemein eher als Formalie, in diesem Fall aber besonders: Wie das EU-Parlament mitteilt, hat der Rat den gleichen Text bereits am Mittwoch gebilligt, jetzt bedarf es also nur der förmlichen Zustimmung des Rates zu einem Text, der bereits inhaltlich gebilligt wurde.
Als Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Anfang März die Ergebnisse des EU-Strategiedialogs vorgestellt hatte, war die Abschwächung der lange bekannten CO2-Ziele für 2025 eines der größten Themen. In den geltenden Vorschriften werden für Fünf-Jahres-Zeiträume Vorgaben zur Reduzierung der durchschnittlichen CO2-Emissionen neuer Pkw und Transporter festgelegt. Die für die Spanne von 2025 bis 2029 geltenden Ziele entsprechen einer jährlichen CO2-Reduktion um 15 Prozent gegenüber den Werten von 2021.
Die Zielwerte an sich sollen auch nicht angepasst werden. Der Ende März vorgelegte und im April offiziell gestellte Änderungsentwurf der EU-Kommission führt die Flexibilität ein, die Ziele über einen Drei-Jahres-Zeitraum zu erfüllen. Im Wesentlichen bedeutet dies, dass die Automobilhersteller die CO2-Flottenziele in den Jahren 2025, 2026 und 2027 nicht mehr direkt im jeweiligen Jahr erreichen müssen – es soll vielmehr nun der Durchschnitt zählen. Das bedeutet, dass ein Autohersteller, der die CO2-Emissionsgrenzwerte in diesem Jahr deutlich unterschreitet, sie im nächsten Jahr überschreiten könnte – und umgekehrt. Nach Abschluss des Jahrs 2027 wird dann Bilanz gezogen – und Autohersteller, die ihr CO2-Flottenziel im Durchschnitt der drei Jahre erreicht haben, würden ohne Strafzahlung ausgehen. Bisher war das Schreckgespenst der Branche hingegen, direkt nach 2025 hohe Strafzahlungen leisten zu müssen, sollte das CO2-Flottenziel 2025 nicht erreicht werden.
Die Kritik an der „Mittelwertbildung“ der CO2-Emissionen haben wir in diesem Artikel ausführlich behandelt. In Kurzform: NGOs gehen davon aus, dass die Autobauer aufgrund des steigenden E-Auto-Absatzes ohnehin die strengeren CO2-Ziele für 2025 erreicht hätten und die Aufweichung daher der Verbreitung von Elektroautos eher schadet, weil wieder mehr Verbrenner verkauft werden können. Das könnte zur Folge haben, dass die CO2-Ziele 2025 dann doch wieder überschritten werden, um sie dann später im Mittelwert genau zu erfüllen.
Übrigens: Das EU-Parlament hat tatsächlich erst am heutigen Donnerstag über die CO2-Emissionen abgestimmt, mit dem eingangs erwähnten, eindeutigen Ergebnis. Teilweise wurde schon am Dienstag berichtet, dass es einen solchen Beschluss gebe. An diesem Tag hatte das EU-Parlament aber nur beschlossen, das Dossier im Dringlichkeitsverfahren zu behandeln – damit schon an diesem Donnerstag darüber abgestimmt werden konnte.
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