Batterie-Recycler Li-Cycle beantragt Gläubigerschutz
Wie Li-Cycle selbst mitteilt, hat das Unternehmen für sich und seine Tochtergesellschaften in Nordamerika beim Ontario Superior Court of Justice einen Antrag auf Gläubigerschutz gemäß dem kanadischen Companies‘ Creditors Arrangement Act (CCAA) gestellt, der auch gewährt wurde. Alvarez & Marsal Canada wurde zum „Monitor“ der Li-Cycle-Gruppe während des CCAA-Verfahrens bestimmt. Parallel dazu haben die US-Niederlassungen Verfahren vor dem US-Konkursgericht für den südlichen Bezirk von New York eingeleitet – es handelt sich dabei um die Betreibergesellschaften der Spoke-Anlagen in Arizona, Alabama und New York sowie des Hub-Anlage in Rochester.
Der Insolvenzschutz nach Kapitel 15 des CCAA ermöglicht es kanadischen Unternehmen, die ihren Gläubigern mehr als 5 Millionen Dollar schulden, die Umstrukturierung ihrer Geschäfts- und Finanzangelegenheiten. Eine solche Lösung zeichnet sich auch schon ab: Mit dem Gläubiger und Partner Glencore hat Li-Cycle eine Debtor-in-Possession-Finanzierung in Höhe von 10,5 Millionen US-Dollar und ein sogenanntes Stalking-Horse-Gebot in Höhe von mindestens 40 Millionen US-Dollar abgeschlossen. Das ist ein Gebot für ein insolventes Unternehmen oder dessen Vermögenswerte, das im Vorfeld einer Auktion so vereinbart wird, dass es praktisch als Mindestgebot fungiert – Glencore arbeitet also an einer Übernahme von Li-Cycle.
Li-Cycle hat bereits seit März nach einem Käufer für das Unternehmen oder die eigenen Vermögenswerte gesucht, da das finanziell angeschlagene Unternehmen zusätzliche Mittel für den weiteren Betrieb benötigt. Bereits damals gab es erste Verhandlungen mit Glencore über einen potenziellen Deal. Li-Cycle hatte bereits seit längerem mit steigenden Kosten und Verzögerungen zu kämpfen. Der Bau der Anlage in Rochester musste zum Beispiel schon im November 2023 unterbrochen werden, da die Gesamtkosten den Projektplan überschritten hatten.
Li-Cycle hat sich auf das Recycling von Batterien und Produktionsausschüssen aus der Batteriefertigung spezialisiert. Die Materialien werden zunächst in den Spoke-Anlagen gesammelt und verarbeitet. In diesen möglichst Kunden-nahen Anlagen findet die mechanische Verarbeitung der Batterien statt, im Endprodukt stehen erste Materialien wie Aluminium und Kupfer sowie die schwarze Masse mit den wertvollen Batterie-Aktivmaterialien. In den zentralen Hubs findet dann das eigentliche hydrometallurgische Recycling der schwarzen Masse aus den Spokes statt, um die einzelnen Rohstoffe für die Produktion neuer Batterien zu gewinnen. In Nordamerika war das in der eigenen Hub-Anlage in Rochester geplant, das Hub für Europa sollte in der Glencore-Anlage im italienischen Portovesme entstehen.
Im Zuge des Stalking-Horse-Gebots will Glencore nicht nur die genannten Spokes und das Rochester-Hub in Nordamerika übernehmen, sondern auch die „Germany Spoke“ – noch steht die Stalking Horse-Vereinbarung unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch das CCAA-Gericht. Bei der Germany Spoke handelt es sich um die Recyclinganlage in Magdeburg, die Li-Cycle 2023 eröffnet hat.
Dort ist die wirtschaftliche Lage wohl noch etwas besser, denn Li-Cycle äußert sich in der Mitteilung direkt zu der Anlage in Magdeburg. „Es wird erwartet, dass die deutsche Niederlassung des Unternehmens über ausreichend Betriebskapital (einschließlich der DIP-Fazilität) verfügt, um während des CCAA-Verfahrens weiterarbeiten zu können. Li-Cycle bemüht sich derzeit um die Abwicklung einiger seiner europäischen Tochtergesellschaften, mit Ausnahme der operativen Geschäftstätigkeiten in der Schweiz und Deutschland“, so das Unternehmen. Klar ist, dass die Asien-Pläne gestoppt wurden und die dortigen Niederlassungen ebenfalls abgewickelt werden. Für die Anlage in Magdeburg könnte es aber unter Glencore-Führung weitergehen.
Übrigens: Aus der im vergangenen November gewährten Darlehenszusage des US-Energieministeriums in Höhe von 475 Millionen US-Dollar hat Li-Cycle nach eigenen Angaben keine Gelder abgerufen – „da das Unternehmen die aufschiebenden Bedingungen für den ersten Vorschuss nicht erfüllt hat“.
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