VW legt wichtige Eckpunkte für Elektro-Plattform SSP fest

Die Scalable Systems Platform oder kurz SSP soll im VW-Konzern der Elektro-Baukasten der Zukunft werden und als Basis für möglichst viele Baureihen dienen. Jetzt fand offenbar der „Architektur-Freeze“ statt, mit dem die Wolfsburger die Grundlagen für die kommenden E-Auto-Generationen gelegt haben.

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Bild: Volkswagen

Ähnlich zum „Design-Freeze“ bei einem neuen Modell, ab welchem Zeitpunkt keine (größeren) Änderungen mehr an der Karosserie und Hardware vorgenommen werden, sind mit dem „Architektur-Freeze“ nun die wichtigsten Eckpunkte für die SSP festgezurrt. Das modulare E-Auto-Fundament nehme nun Gestalt an, wie die Automobilwoche unter Berufung auf „Wolfsburger Kreise“ schreibt.

Im nächsten Schritt gilt es nun, die Verträge mit den Lieferanten auszuhandeln – mit internen wie externen Partnern. Denn es steht bereits fest, dass das Komponentenwerk Kassel entscheidende Teile der Antriebseinheiten herstellen und an die Fahrzeugwerke liefern wird. Andere Komponenten – auch der Antriebe selbst – werden aber natürlich auch von externen Zulieferern bezogen. Das soll wohl bis Frühjahr 2026 geschehen. Für die verbindlichen Lieferverträge müssen aber die konkreten Modellfahrpläne stehen und auch die einzelnen Plattformen, die sich aus dem SSP-Baukasten ableiten lassen, genau definiert werden. Schließlich soll die SSP so skalierbar sein, dass vom Volumen- bis zum Premiumsegment künftige Elektroautos die gemeinsame Architektur nutzen können. Es ist von acht SSP-Plattformen die Rede.

Während einige Features wie die Nutzung der VW-Einheitszelle, das 800-Volt-System und die große Flexibilität bereits bei der ersten öffentlichen Erwähnung der SSP im Juli 2021 (noch unter Herbert Diess) angekündigt wurden, haben die Wolfsburger jetzt weitere, wichtige Entscheidungen rund um die Plattform getroffen. „Leistungsumfänge und die Anzahl an möglichen Varianten wurden festgelegt und mit wirtschaftlichen Kennzahlen hinterlegt“, heißt es in dem Bericht.

Blume erhöht Druck auf Top-Management

Dass so wichtige Entscheidungen erst im Mai 2025 getroffen wurden, belegt zudem die Verzögerung bei den Arbeiten an der SSP. Als Diess die neue Konzernplattform für Modelle von 85 bis 850 kW Leistung (O-Ton aus 2021) erwähnte, sollte das erste SSP-Modell 2026 auf den Markt kommen. Davon ist der Konzern nach diversen Neu-Planungen und einem Chefwechsel abgerückt, inzwischen ist meist vom „Ende des Jahrzehnts“ die Rede. VW-Markenchef Thomas Schäfer hatte die neunte Generation des VW Golf als reines Elektromodell für „frühestens 2028“ angekündigt – der Golf soll auf der SSP basieren.

Der neue Vorstand unter Konzernchef Oliver Blume ist offenbar bestrebt, weitere Verzögerungen zu vermeiden. Bei einer internen Veranstaltung vor Top-Managern soll Blume persönlich rund 150 Teilnehmende „auf die SSP eingeschworen haben“. Die Automobilwoche zitiert einen Insider, wonach Blume angemahnt habe, sich an die Vorgaben zu halten und zum Beispiel bei der jetzt festgelegten Varianz zu bleiben. Fehler könne sich Volkswagen bei der SSP nicht mehr leisten, soll Blume gesagt haben.

Bei den aktuellen Elektro-Plattformen MEB und PPE hatte sich der Konzern genau solche Fehler geleistet. Die ersten MEB-Modelle waren bei ihrem Produktionsbeginn 2019 schlicht noch nicht fertig entwickelt und gingen zum Beispiel mit zahlreichen Software-Bugs an die Kunden. Einige Entscheidungen im Entwicklungsprozess, etwa zu den unbeleuchteten Touch-Slidern unter dem Infotainment-Screen und den Touch-Flächen am Lenkrad, werden bis heute kritisiert. Bei der PPE haben ebenfalls Software-Probleme die Entwicklung belastet. Hier gingen die Fahrzeuge zwar nicht in einem unfertigen Zustand an die Kunden, die Probleme haben die Markteinführung jedoch deutlich verzögert.

Die SSP mit ihrer hohen Varianz an Segmenten und Modellen soll zum einen über die Nutzung von möglichst vielen Gleichteilen unter dem Blech für Skaleneffekte sorgen und zum anderen die Komplexität reduzieren, um die bei VW traditionell hohen Kosten zu senken. Die Rede ist von 20 Prozent Kostenreduktion zum heutigen Stand mit MEB und PPE.

Offen ist noch, in welchem Modell die SSP debütieren wird. Bei dem internen Event in Wolfsburg hieß es offenbar, dass das erste europäische SSP-Modell 2027 vorgestellt und 2028 auf den Markt kommen soll. Dabei soll es sich um ein Kompaktmodell handeln. Das könnte der elektrische Golf oder das SUV-Pendant T-Roc sein. Oder aber Audi bekommt den Vorzug und darf mit einem elektrischen A3-Nachfolger auf Basis der SSP vorlegen.

automobilwoche.de

1 Kommentar

zu „VW legt wichtige Eckpunkte für Elektro-Plattform SSP fest“
F.
28.05.2025 um 09:09
Es drängt sich leider irgendwie auf, auf diese Meldung spöttisch zu reagieren. SSP, da steht doch das P für Plattform. Und von dieser Plattform wird es nun acht Plattformen geben? Klingt durchdacht. Naja, ist aber verständlich. Ich finde nur, man hätte beim Buchstaben B bleiben sollen, weil es eben eher ein Baukasten als EINE Plattform ist.Auch die Verzögerung, die man nun bereits wieder sieht, passt so gar nicht zu dem Ausruf, den wir seit 2-3 Jahren hören, dass alles schneller gehen müsse. VW, bleibt sich eben doch treu und geht alles etwas behäbiger an. Bleibt zu hoffen, dass sich Erfolge dann eben nur etwas später einstellen.Anderserseits... Man setzt bei etwas so Essentiellem wie der Batterie weiterhin auf die vor Jahren ausgerufene "Einheitszelle". Eigentlich wissen wir aber doch seit gestern, dass das nicht gerade das effektivste Format ist, mit Blick auf Energiedichte und Overhead bei Bauraum und Kosten. Hoffentlich kann der Skaleneffekt irgendwann die Kosten im Zaum halten. Dran glauben mag ich aber leider nicht.Lustig finde ich ja auch, dass man heute schon "wirtschaftliche Kennzahlen" festlegt. Also: Erst den festen Vorsatz bilden, dass man die Marge hochtreibt, und dann mal sehen, wie man das erreicht. Hat ja in der Vergangenheit auch immer prächtig funktioniert.Man sollte es positiv sehen: Es kann nur besser werden. Zumindest bis wir vom Gegenteil überzeugt werden.

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