Next-Gen battery strategies – Ines Miller, P3 Group
„Der Markt wird wachsen – nur nicht ganz so schnell wie ursprünglich erwartet“, stellte Ines Miller zu Beginn klar. Während die Branche vor wenigen Jahren noch mit einer rasanten Elektrifizierung gerechnet hatte, zeigt sich aktuell ein „EV-Slowdown“ – also ein verlangsamtes Wachstum der Elektromobilität. Gründe dafür sind unter anderem die weiterhin hohen Anschaffungskosten und die nach wie vor verbreitete Reichweitenangst bei Endverbraucher*innen.
Parallel dazu steht Europa unter starkem wirtschaftlichem Druck, insbesondere durch chinesische Anbieter. Diese profitieren von Skaleneffekten, staatlicher Förderung und geringerer Regulatorik. Laut Miller liegen die Produktionskosten für Batteriezellen in China rund „20 bis 30 Prozent“ unter dem europäischen Niveau. Das macht es für europäische Hersteller schwer, wettbewerbsfähig zu bleiben.
Technologisches Spannungsfeld: LFP vs. Solid-State
Ein zentrales Thema in Millers Vortrag war die zunehmende Diversifizierung der Zelltechnologien. Zwei Entwicklungen stellte sie besonders heraus: Zum einen das Megawatt-Charging von BYD mit LFP-Blade-Technologie, das künftig auch für Premiumfahrzeuge interessant werden könnte. „C-Raten von über 6C – das macht LFP für Premiumsegmente plötzlich attraktiv“, so Miller.
Dem gegenüber steht der Trend zu Solid-State-Zellen, also Feststoffakkus. Hier gebe es zwar Fortschritte, aber die Industrie müsse sich gedulden: „Die Entwicklungen gehen weiter, aber nicht so schnell, wie es die Branche gerne hätte.“ Besonders der Einsatz von Semi-Solid-State-Systemen, wie etwa bei Mercedes und Factorial, signalisiere zwar Bewegung, doch Herausforderungen in der Schnellladefähigkeit und bei tiefen Temperaturen bleiben.
Zukunft ist Vielfalt: Kein Einheitsweg in Sicht
Die Zukunft der Batterietechnologie werde nicht von einer einzigen Innovation geprägt, sondern von einer Vielzahl an Entwicklungen. „Wir sehen eine stärkere Technologievielfalt – angepasst an die spezifischen Anforderungen unterschiedlicher Anwendungen“, so Miller. Während Premiumfahrzeuge auf hohe Energiedichten setzen, steht bei stationären Energiespeichern oder Einsteigerfahrzeugen der Preis im Vordergrund.
Neben Klassikern wie NMC und LFP gewinnen dabei auch alternative Konzepte wie Natrium-Ionen-Batterien wieder an Relevanz – nicht zuletzt aufgrund der volatileren Rohstoffpreise. Auch Anoden mit hohem Siliziumanteil oder Lithium-Metall als Basis für Solid-State-Technologien werden in westlichen Märkten verstärkt verfolgt.
Europas Weg: Was es jetzt braucht
Zum Abschluss ihres Vortrags machte Miller deutlich, was Europa braucht, um im globalen Batteriewettbewerb zu bestehen: Klar definierte politische Rahmenbedingungen, weniger bürokratische Hürden und vor allem Innovationsbereitschaft. „Die Nachfrage ist da – aber es braucht mutige Investitionen, lokal angepasste Lieferketten und regulatorische Vereinfachung.“
Neben technologischer Exzellenz müsse Europa auch seine Materialversorgung absichern und verstärkt auf Kreislaufwirtschaft setzen. Der Schlüssel zur Unabhängigkeit sei eine gesamtheitlich gedachte, lokal verankerte Batteriewertschöpfungskette.
Der Vortrag von Ines Miller war ein eindringlicher Appell, die Zukunft der Batterietechnologie nicht nur als technologische, sondern auch als strategische Aufgabe zu begreifen. Eben aus diesem Grund will übrigens gerade der Lkw-Hersteller Scania die Northvolt Labs retten, also die Forschungssparte des insolventen Batteriezellherstellers Northvolt. Europa hat nach wie vor die Chance, den asiatischen Playern Konkurrenz zu machen – wenn es bereit ist, entschlossen zu handeln.
Sie möchten sich den Vortrag von Ines Miller zu „Next-Gen battery strategies 2027+“ in voller Länge anschauen? Dann nutzen Sie bitte oben unseren Videoplayer.
Übrigens steht bereits am 25. Juni unsere nächste Online-Konferenz electrive LIVE an. Thema diesmal: „Logistik unter Strom: Der E-Lkw kommt ins Rollen“. Als Speaker sind u.a. Elektrotrucker Tobias Wagner, MAN-Deutschlandchef Dennis Affeld und P3-Geschäftsführer Markus Hackmann dabei. Hier geht’s zur kostenlosen Anmeldung!
0 Kommentare