Sparkurs bei Daimler Truck: Invest in Batterie-Lkw gedeckelt, H2-Lkw vertagt

Daimler Truck muss sparen und weicht seine mehrgleisige Antriebsstrategie auf. So erwägt der Stuttgarter Nutzfahrzeugbauer die Auftragsproduktion von E-Lkw und verschiebt den Launch seines H2-Lkw auf die frühen 2030er Jahre. In Deutschland sollen zudem rund 5.000 Jobs bis 2030 wegfallen.

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Bild: Daimler Truck AG

Diese Einschnitte nennt Daimler Truck in einer neuen strategischen Roadmap namens „Stronger 2030“, die die Profitabilität und Widerstandsfähigkeit des Unternehmens steigern soll. Mit der modifizierten Konzernstrategie reagiert das Management um CEO Karin Rådström auf „eine schwer vorhersehbare Dynamik durch externe Faktoren“ – konkret genannt werden die Energiepreise, sich ändernde Subventionen und regulatorische Anforderungen und „die unterschiedliche Geschwindigkeit der Dekarbonisierung in Kernmärkten“. Die Details der Roadmap gab die Konzernleitung nun auf dem eigenen Kapitalmarkttag 2025 im US-Produktionswerk in Cleveland bekannt.

Spruchreif ist demnach, dass Daimler Truck (vor allem in den USA) wieder verstärkt in die Wettbewerbsfähigkeit seiner Diesel-Plattform investiert und bei seinen Batterie-Lkw künftig zwischen der Eigenfertigung und der Fremdvergabe abwägt. Dabei will das Unternehmen „pragmatisch“ vorgehen. Andererseits kündigt das Dax-Unternehmen auch an, je nach Marktakzeptanz auf für Lkw maßgeschneiderte emissionsfreie Antriebsplattformen umzustellen. Präziser wird Daimler Truck an dieser Stelle nicht. Die Vorgehensweise zeigt aber, dass das Unternehmen sich regional flexibler aufstellen will. Das Management betont explizit, die Transformation „mit der richtigen Geschwindigkeit“ vollziehen und dazu künftige Investitionen in Diesel- und emissionsfreie Technologien sorgfältig abwägen zu wollen – mithilfe von einer „modularen Technologiestrategie, flexiblen Investitionen, Partnerschaften und der Nutzung von globalen Skaleneffekten“.

Serienstart des H2-Lkw verschiebt sich um Jahre

In diesem Zuge wird der künftige Wasserstoff-Lkw GenH2 Truck depriorisiert: Dessen geplante Serienproduktion wird von 2027 auf die frühen 2030er Jahre verschoben. Denn: „Der Ausbau von Wasserstofftankstellen verläuft deutlich langsamer als erwartet“, schreibt der Konzern. Mitte 2024 waren Vorserienfahrzeuge des GenH2 Truck bekanntlich in die Kundenerprobung gestartet. Aus einem zeitnahen Regelbetrieb wird nun nichts. Neben der Vertagung des Serienstarts rechnet der Konzern auch mit einem geringeren Volumen. Außerdem fokussiert der Konzern die Entwicklung von Wasserstoffantrieben zunächst nur noch auf Europa.

Regional will Daimler Truck seine Antriebsstrategie ab sofort noch stärker an die Dynamik seiner Kernmärkte anpassen. Dies gilt insbesondere für den nordamerikanischen Markt, „wo sich die Geschwindigkeit der Einführung emissionsfreier Fahrzeuge verlangsamt“, wie die Leitung konstatiert. Dies veranlasst den Konzern nun, die dortigen Investitionen in emissionsfreie Antriebsplattformen zu senken. Auch das 2024 mit Paccar und der Cummins-Sparte Accelera gegründete Batterie-Joint-Venture Amplify Cell Technologies soll in diesem Zuge „an die Marktaussichten angepasst werden“.

Konkrete Jahreszahlen für den Ausstieg aus dem Verbrenner nennt Daimler Truck in seiner modifizierten Konzernstrategie nicht. Bisher war stets davon die Rede, bis 2039 in Europa, Japan und Nordamerika nur noch Neufahrzeuge anbieten zu wollen, die im Fahrbetrieb CO2-neutral sind. Als langfristiges Ziel gaben die Stuttgarter stets den CO2-neutralen Transport auf den Straßen bis 2050 an.

„Die richtigen Technologien zur richtigen Zeit“

Andreas Gorbach, Vorstandsmitglied von Daimler Truck, verantwortlich für Truck Technology, äußerte einst, die CO2-Emissionen der eigenen Lkw-Flotte bis 2030 massiv reduzieren zu wollen – sogar über die politisch fixierten Grenzwerte hinaus. Daimler Truck wollte Vorreiter sein. Nun tritt auch er für eine „flexible, modulare Technologiestrategie“ ein, in deren Zuge sich der Konzern „mit der richtigen Geschwindigkeit verändern“ kann. Und weiter: „Abhängig von der Transformationsgeschwindigkeit in den verschiedenen Märkten liefern wir die richtigen Technologien zur richtigen Zeit, um das Geschäft unserer Kunden erfolgreicher zu machen und für Daimler Truck globale Skaleneffekte zu schaffen. Das gilt sowohl für Diesel- und emissionsfreie Antriebssysteme als auch für Software und Elektronik im Lkw.“ Im Bereich Fahrzeugsoftware hat Daimler Truck bekanntlich gerade erst ein Joint Venture mit der Volvo Group aufs Gleis gesetzt.

Den Strategieschwenk hin zu mehr Flexibilität und Partnerschaften kombiniert Daimler Truck mit einem rigorosen Sparkurs. So sollen bis 2030 etwa 5.000 Stellen in Deutschland wegfallen. Hintergrund ist das schwache Wirtschaftsumfeld in Europa und speziell in Deutschland, das sich in den jüngsten Bilanzen des börsennotierten Unternehmens widerspiegelt. Vor allem Mercedes-Benz Trucks schwächelt, weshalb Karin Rådström vorrangig bei der Lkw-Marke den Rotstift ansetzt. Der Jobabbau soll dabei über natürliche Fluktuation und Altersteilzeit erfolgen, möglich sind laut DPA-Angaben auch gezielte Abfindungsprogramme. Betriebsbedingte Kündigungen sind dagegen bis Ende 2034 ausgeschlossen.

Kosten in Europa sollen um eine Milliarde Euro runter

Ein großes Thema ist die Profitabilität des Unternehmens in Europa. 2024 kam Daimler Truck laut der Nachrichtenagentur auf eine um Sondereffekte bereinigte Umsatzrendite von 8,9 Prozent. Radström peilt bis 2030 nun über 12 Prozent an. Dazu sollen die wiederkehrenden Kosten des hiesigen Geschäfts bis 2030 dauerhaft um mehr als eine Milliarde Euro runter. Von dem Programm „Cost Down Europe“ sind sowohl die Produktion als auch die Zentrale, die Verwaltung, der Vertrieb und die Entwicklung betroffen. „Gesenkt werden sollen neben den Personalkosten zum Beispiel auch Ausgaben für Material, Verwaltung, IT-Infrastruktur sowie Forschung- und Entwicklung“, schreibt die DPA. Erste Effekte in den Bilanzen soll der Sparkurs ab 2026 entfalten.

Bei Mercedes-Benz Trucks prüft der Konzern in diesem Kontext die Verlagerung von Produktionsvolumen ins Ausland. Außerdem soll ein modularer Strategieansatz („Mercedes-Benz Trucks ONE“) dazu führen, die regionalen Teams unter Einbeziehung von Indien und China enger zu verzahnen, die Produktkomplexität zu reduzieren und die globalen Skalen zu erhöhen. Parallel verlangt die Konzernführung von der Marke neuerliches Wachstum auf verschiedene Feldern, darunter im Verteidigungssektor und auch bei emissionsfreien Fahrzeugen („auf über 25.000 Einheiten in Europa bis 2030“).

Vorstandsvorsitzende Karin Rådström äußert sich zu der neuen Konzernstrategie wie folgt: „Bei Daimler Truck sind wir stolz darauf, für alle zu arbeiten, die die Welt bewegen. Und wir wollen das beste Lkw- und Busunternehmen werden – für unsere Kunden, unsere Beschäftigten und unsere Aktionäre. Wir haben die Strategie und wir schaffen eine Leistungskultur, um diese Ambition zu erreichen. Wenn wir es richtig machen, bringt uns das eine Profitabilität von mehr als 12 % Umsatzrendite bis 2030.“

daimlertruck.com, handelsblatt.com

2 Kommentare

zu „Sparkurs bei Daimler Truck: Invest in Batterie-Lkw gedeckelt, H2-Lkw vertagt“
Fabian
09.07.2025 um 13:08
Anstatt die Software und Teile der Hardware von Mercedes PKW zu übernehmen trennt man sich vom PKW und arbeitet nun mit dem Konkurrenten Volvo zusammen. Gerade im Elektrobereich nähern sich ja PKW und LKW/Bus weiter an. zB haben neue BYD Stadtbusse die Batterie auch im Unterboden. Sehe die Trennung von Mercedes PKW als unsinnig. Wie geil wäre das Infotainment vom CLA EQ im eActros 600.
Elisabeth
09.07.2025 um 14:37
Niemand braucht H2-LKWs. Sparen Sie sich die Entwicklungskosten und investieren Sie in batterieelektrische Antriebe. BEVs gehört die Zukunft!

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