EKMI: Was das Expertenforum für die Elektro-Lkw empfiehlt
Das 27-köpfige EKMI unter der Leitung von Staatssekretärin Claudia Elif Stutz (CDU) hat Vorschläge zu fünf Themenfeldern bewertet – unter anderem zu den für die Elektromobilität relevanten Bereichen „Elektrifizierung des Pkw-Antriebs“ und „Dekarbonisierung des schweren Straßengüterverkehrs“. Weitere Themen waren die „kommunale Mobilität und Multimodalität“, die „Verlagerung auf die Schiene und den kombinierten Güterverkehr“ und der „Einsatz regenerativer Kraftstoffe“.
Als Arbeitsgrundlage diente dem EKMI ein vom BMV zusammengestelltes Portfolio von insgesamt 33 Maßnahmen, „welches sich im Wesentlichen aus dem Koalitionsvertrag für die 21. Legislaturperiode ableitet“, wie es in dem Arbeitspapier heißt – die Marschrichtung war also klar. Ergänzend hat das EKMI („punktuell, aber nicht vollumfänglich“) neue Maßnahmen betrachtet und qualitativ bewertet, die über das vorgelegte Maßnahmenportfolio hinausgehen.
In diesem Artikel betrachten wir den Bereich „Dekarbonisierung des schweren Straßengüterverkehrs”. Die Ergebnisse zur „Elektrifizierung des Pkw-Antriebs” haben wir in diesem Artikel aufbereitet!
Bei der „Dekarbonisierung des schweren Straßengüterverkehrs“ wird als Ziel genannt, „dass bis 2030 etwa ein Drittel der Fahrleistung im schweren Straßengüterverkehr elektrisch oder auf Basis strombasierter Kraftstoffe sein wird“. Nur: Bereits beim ersten diskutierten Punkt gab es in der Arbeitsgruppe zwei Lager bei der Überprüfung der Flottenzielwerte im Lkw-Bereich. Ein Lager will die erste Überprüfung vor 2027 durchführen, und zwar ohne Trailer. Das andere Lager lehnt ein vorgezogenes Review ab, „da erst mit den Registrierungszahlen bis Mitte 2026 der Beitrag zur Zielerreichung abschätzbar wird. Eine Vorverlegung würde eine evidenzbasierte Bewertung der Zielwerte schwächen“, heißt es dort.
Erneuerbare Kraftstoffe berücksichtigen oder nicht?
Und auch bei erneuerbaren Kraftstoffen bestand Dissens im EKMI, inwieweit diese „Berücksichtigung finden sollten“. Das eine Argument: „Die CO2-Differenzierung der Lkw-Maut basiert laut EU- und deutscher Rechtslage auf einer Tank-to-Wheel-Betrachtung. Eine Einbeziehung von erneuerbaren Kraftstoffen wäre systemwidrig und ihr tatsächlicher Einsatz weder überprüfbar noch fälschungssicher nachweisbar.“ Und die Gegenseite sieht in einer technologieoffenen Gestaltung mit Bio-LNG oder HVO100 einen „entscheidenden Hebel für die Emissionsreduktion. Typgenehmigungs- und Zertifizierungsverfahren sollten weiterentwickelt und manipulationssichere Überwachungssysteme eingeführt werden. Zudem sollten auch Hybrid- und Range-Extender-Fahrzeuge Berücksichtigung finden“.
Einigkeit herrscht dagegen darüber, dass „verlässlich planbare, zeitlich befristete, degressive Prämien“ als Kaufanreiz wichtig zur weiteren Marktaktivierung sind, etwa KfW-Kredite und Sonderabschreibungen als bürokratiearme Maßnahmen neben direkten Zuschüssen. Diese Zuschüsse sollten nicht nur beim Fahrzeugkauf, sondern auch bei Leasing oder Mietkauf gelten – und „KMU-gerecht“ gestaffelt werden. Und auch die Mautbefreiung sollte bis „2030, idealerweise bis 2032 (Ende nächstes Wegekostengutachtens)“ verlängert werden, um Planungssicherheit zu bieten.
Lkw-Ladepunkte fördern, aber auch H2-Tankstellen?
Bei der Lkw-Ladeinfrastruktur sollen Ladelösungen im Depot gefördert werden („insbesondere durch Förderung der Netzanschlüsse und des erforderlichen Lade- und Energieerzeugungsequipments, von E-Lkw-Stellplätzen und der dazugehörigen Beratungsleistung“), aber auch der Ausbau auf bewirtschafteten Rastplätzen an den Autobahnen. Bei diesem Punkt müssen laut dem EKMI „Nutzungskonkurrenzen bei Stellplätzen“ vermieden werden. Der „Aufbau staatlicher Lade-Hubs“ werde in Teilen des Marktes „durchaus kritisch gesehen“. Und beim Ausbau des öffentlichen Ladeangebots klingen die Vorschläge ähnlich wie im Pkw-Bereich: Bürokratische Hürden abbauen, den Zugang zu Flächen erleichtern, Genehmigungen vereinfachen und Förderprogramme aufsetzen – etwa eine „unbürokratische 75-Prozent-Förderung der Netzanschlüsse auf Autohöfen, bereitgestellten PWC-Anlagen und sonstigen privaten Flächen für MCS- und CCS-Lade-Hubs für E-Lkw“. Und auch beim Lkw-Laden wird eine Strompreisreduzierung angeregt, um den Logistiksektor gezielt zu entlasten.
Für das Erfüllen der AFIR-Ziele halten die EKMI-Experten auch den geförderten Ausbau von Wasserstoff-Tankstellen für Nutzfahrzeuge als „zwingend erforderlich“ – auch wenn zum Beispiel Daimler Truck, einer der größten Fürsprecher des Brennstoffzellen-Lkw in der deutschen Industrie, seine Pläne jüngst aus Geldgründen um einige Jahre nach hinten geschoben hat. Das EKMI mahnt hier noch zwei Punkte an: Zum einen sollten Wasserstoff-Tankstellen mit Elektrolyseuren und PV-Anlagen gefördert werden, um die Erzeugung vor Ort zu stärken. Und man müsste die steuerliche Gleichbehandlung von Wasserstoff in Brennstoffzellen- und Verbrennungsmotoren sicherstellen.
Dissens bei Gewichtsklassen von E-Lkw
Bei der geplanten Anpassung der Lkw-Gewichtsklassen mit Blick auf die Batterie-bezogene Gewichtskompensation gibt es wieder zwei Lager: Die einen wollen eine zügige Überarbeitung der EU-Richtlinie anstreben, um etwa E-Lkw mit bis zu 44 Tonnen und auch verlängerte Sattelauflieger mit CO2-Einsparpotenzial zu ermöglichen. Die anderen wollen „keine pauschale 4 t Gewichtsfreigabe geben, sondern eine degressive Ausgestaltung, die sich an dem tatsächlichen Mehrgewicht des E-Antriebs im Vergleich zum Dieselantrieb sowie an den (zu erwartenden) technologischen Fortschritten bei der Verringerung des Mehrgewichts (z.B. leistungsfähigere und/oder leichtere Akkus) orientiert“.
„Die Mitglieder des EKMI haben in kürzester Zeit Ergebnisse erzielt, die wichtige Impulse für den Beitrag des BMV zum Klimaschutzprogramm leisten. Von der Schiene, über Straßen- bis hin zu Wasserverkehr: Verkehrsträgerübergreifend hat das EKMI einen konstruktiven Dialog geführt und gezeigt, dass wir gemeinsam Verantwortung für die Mobilität der Zukunft tragen“, sagt Verkehrsminister Patrick Schnieder. „Was wir daraus mitnehmen: Wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen für unsere Bürgerinnen und Bürger, genau wie für unsere Wirtschaft beim weiteren Ausbau der Ladeinfrastruktur, beim Hochlauf erneuerbarer Kraftstoffe oder beim Ausbau unserer Verkehrswege.“
Doch nicht alle teilen die positive Beurteilung des Ministers. Der ökologischen Verkehrsclub VCD kritisiert die Vorschläge als halbherzig und mutlos. „Klimaschutz ja – aber nicht auf Kosten der fossilen Industrie: Das ist leider der Tenor, der sich durch den EKMI-Bericht zieht. Klimafreundliche Mobilität soll zwar gefördert werden, aber nicht zulasten der Verbrenner-Lobby“, sagt Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher der VCD. „Am klimaschädlichen Steuerprivileg für Dienstwagen, Dieselkraftstoff und Entfernungspauschale will die Kommission nicht rütteln. Und statt konsequent auf den Elektroantrieb zu setzen, hält sie an der Illusion fest, Mogelpackungen wie E-Fuels oder HVO100 könnten eine Lösung für das CO2-Problem darstellen. Dies konterkariert Transformationsmaßnahmen, kostet den Steuerzahler viel Geld und zementiert letztlich die fossile Welt von gestern.“
BMV will Empfehlungen prüfen
Grundsätzlich schreibt das Gremium zu allen Punkten aus den insgesamt fünf Bereichen, dass man „aufgrund der noch nicht vorliegenden Ausgestaltung der Maßnahmen“ nur eine qualitative Einschätzung der Wirksamkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen geben könne. Die nun folgende „Maßnahmenausgestaltung“ im Bundesverkehrsministerium sei „ eine essenzielle Basis für die Ausarbeitung eines Vorschlages für einen klimafreundlichen Verkehr entsprechend den Anforderungen des KSG“.
Das BMV will die Empfehlungen des EKMI nun „sorgfältig“ prüfen. Hintergrund des Prozesses ist die Verpflichtung des BMV, bis Mitte September seinen Beitrag zum Klimaschutzprogramm der Bundesregierung an das federführende Bundesumweltministerium zu übermitteln. Die Bundesregierung ist verpflichtet, bis spätestens März 2026 ein neues Klimaschutzprogramm vorzulegen.
bmv.de (Mitteilung), bmv.de (Arbeitsbericht als PDF), vcd.org
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