RWTH-Studie: Bidirektionales Laden belastet die Batterie kaum

Die Haltbarkeit von E-Auto-Batterien wird meist in der Anzahl von Ladevorgängen angegeben. Kommen durch das bidirektionale Laden weitere Ladevorgänge dazu, könnte sich das auf die Haltbarkeit auswirken – in der Theorie. The Mobility House Energy und die RWTH Aachen haben die langfristigen Auswirkungen von Ladevorgängen betrachtet – mit Fokus auf V2G.

Foto: The Mobility House

Dass über die Haltbarkeit der Batterie und deren „State of Health“ (SoH) viel diskutiert wird, ist naheliegend, schließlich handelt es sich bei der Batterie um ein sehr teures Bauteil eines E-Autos. Und der Zustand der Batterie beeinflusst nicht nur die eigene Nutzung des E-Autos, sondern auch den Restwert. Daher haben sich schon zahlreiche Studien und Veröffentlichungen mit diesem Thema befasst, wie etwa ein Whitepaper von P3. Der Tenor der meisten Veröffentlichungen: Mit einem guten Batterie- und Thermomanagement halten die E-Auto-Batterien in aller Regel länger als gedacht, selbst häufiges Schnellladen ist kein allzu großer Stressfaktor mehr.

Doch wie sieht es aus, wenn zusätzlich zu den normalen Ladevorgängen für das Fahren noch weitere Ladezyklen hinzukommen, weil die E-Auto-Batterie für Vehicle-to-Grid (V2G) genutzt wird? Hat das bidirektionale Laden Auswirkungen auf die Lebensdauer der Batterie? Und in welche Richtung? Diesen Fragen sind The Mobility House Energy, ein Anbieter für intelligentes und netzdienliches Laden, und die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH) in einer gemeinsamen Studie nachgegangen. Soviel vorweg: Als Anbieter von bidirektionalen Ladelösungen hat TMH natürlich ein Interesse daran, dass bidirektionales Laden möglichst gut abschneidet.

Für die Studie haben The Mobility Hous eund das ISEA-Institut der RWTH Aachen eine „Auswahl repräsentativer Automotive-Zellen“ im Labor in drei verschiedenen Lade-Szenarien getestet. Dabei handelt es sich um Rundzellen, Pouchzellen und prismatische Zellen – nähere Infos zu den genauen Zell-Modellen, Zellchemien oder den Herstellern gibt es aber nicht. Untersucht wurden das intelligente Laden (in der Studie als V1G bezeichnet), das bidirektionale Laden (V2G) und das unmittelbare Laden nach dem Anschließen des Fahrzeugs/der Batterie (Immediate Charging/IC). Alle Ladevorgänge fanden mit 11 kW statt. Mittels empirischen Alterungsmodellen wurde auch die kalendarische Alterung und weitere zyklische Alterung über einen Zeitraum von zehn Jahren eingerechnet.

Intelligentes Laden schont die Batterie

Die zentralen Ergebnisse: Das intelligente Laden (V1G) hat die Batteriealterung im Vergleich zum unmittelbaren Laden „signifikant“ verbessert. Nach zehn Jahren soll die Alterung zwischen 3,3 und 6,8 Prozentpunkte geringer ausfallen als beim IC. Hochgerechnet auf eine etwas über 50 kWh große Referenz-Batterie entspricht das 1,8 bis 3,6 kWh Energiegehalt, die dann noch mehr zur Verfügung stehen. Oder anders ausgedrückt: Während beim sofortigen Laden die Batterie über zehn Jahre bis zu 18 Prozent ihres Energiegehalts einbüßt, sind es mit dem intelligenten Laden nur zwölf Prozent. Und es würden hochgerechnet 292 statt 274 Kilometer Reichweite nach WLTP zur Verfügung stehen.

Kommen wir zum bidirektionalen Laden: Dort hat die Studie zwar keinen positiven Effekt auf die Alterung, aber nur einen minimalen negativen Effekt aufgrund der zusätzlichen Ladezyklen festgestellt. Die zusätzliche Alterung durch V2G betrage zwischen 1,7 und 5,8 Prozentpunkten, heißt es in dem Whitepaper – also zwischen 0,9 und 3,1 kWh bei der Referenz-Batterie. Das entspricht einem gesamten Kapazitätsverlust von 21 Prozent statt 18 Prozent beim unmittelbaren Laden oder 264 statt 274 Kilometer Reichweite nach WLTP. Sprich: Die zusätzlichen Be- und Entladezyklen hinterlassen eine messbare Wirkung, allerdings fallen sie eher gering aus. Auf die Hintergründe gehen TMH und die RWTH Aachen nicht ein. Es könnte also daran liegen, dass es sich bei V2G-Szenarien in der Regel nicht um komplette Ladezyklen handelt und dass durch das intelligente, gesteuerte Laden die Alterung eingebremst wird.

Das unmittelbare Laden wird als „die schlechteste Alternaitve“ bezeichnet, da dieses Szenario zu einer hohen Alterung sowie Netzbelastung führe und die Batterie nicht monetarisiert werde. Und eben jene Monetarisierung ist der zentrale Punkt für The Mobility House: Mit dem intelligenten V1G-Laden soll sich hochgerechnet auf die zehn Jahre ein finanzieller Mehrwert von 3.000 Euro ergeben – und die geringste Batteriealterung. Mit V2G hat man zwar die höchste Batterie-Alterung und verliert auf zehn Jahre gerechnet am meisten Reichweite, man kann aber auch 8.000 Euro finanziellen Mehrwert generieren. Beim sofortigen Laden gibt es keine Einnahmen und eine immer noch recht hohe Batteriealterung, so die Studie.

Die Experten sehen zudem noch Luft nach oben, denn man will ausdrücklich mit der Untersuchung auch dazu beitragen, die Vorteile von V2G künftig besser nutzen zu können. „Eine fundierte Kenntnis der Alterungsprozesse ermöglicht es, V2G-Dienste so zu gestalten, dass sie die Batterie möglichst wenig belasten“, heißt es etwa in dem Whitepaper. „Wenn BMS und Stromvermarkter aufeinander abgestimmt agieren, ist der V2G-Betrieb besonders batterieschonend. Grenzen der Batterie können so besser kommuniziert und im Trading berücksichtigt werden.“

Wie übertragbar sind die Ergebnisse?

Während die Ergebnisse der Untersuchung durchaus nachvollziehbar klingen, müssen zur Einordnung auch einige Faktoren erwähnt werden. So hat etwa das erwähnte Whitepaper von P3 zum State of Health der Batterien teilweise deutlich geringere Alterungen als zwölf bis 21 Prozent ergeben, wobei es sich nicht um Labor-Versuche mit einzelnen Zellen, sondern um reale Daten von Fahrzeugen auf der Straße handelte – also oft inklusive dem Batterie-belastenden Schnellladen. Genau das ist der Punkt: Bei Labor-Tests mit Zellen wird das Batteriemanagement der Autobauer nicht beachtet – gerade das ist für die reale Haltbarkeit der Elektroauto-Batterien maßgeblich, da die Software die Batterien in der Regel sehr schonend behandelt.

Zudem bleibt offen, wie genau die drei Lade-Szenarien Ladens umgesetzt wurden, was je nach Ausgestaltung enorme Auswirkungen auf das finale Ergebnis haben kann. Das unmittelbare Laden zum Beispiel belastet die Batterie natürlich am meisten, wenn sofort voll geladen wird und das Fahrzeug dann längere Zeit mit 100 Prozent Ladestand geparkt bleibt. Aus dem Whitepaper geht aber nicht hervor, wie einfach umsetzbare Funktionen wie eine Beschränkung auf einen geissen Ladestand das geplante Laden zu einer bestimmten Abfahrtszeit berücksichtigt wurden. Es fällt nicht wirklich unter das intelligente Laden, mindert aber die Netzbelastung und schon die Batterie, wenn diese erst pünktlich zur geplanten Abfahrt geladen wird.

Wird zum Beispiel im Alltag nur unmittelbar geladen, dann aber auch nur auf 60 Prozent Ladestand, fällt die hochgerechnete Alterung auf zehn Jahre vermutlich etwas geringer aus als jene 18 Prozent, die in der Studie genannt werden – genau beziffern lässt sich das natürlich nicht. Nur eines ist klar: Egal ob auf eher schonende Ladestände oder auf 100 Prozent geladen wird: Einen finanziellen Mehrwert von mehreren Tausend Euro gibt es beim unmittelbaren Laden nicht.

Quelle: Info per E-Mail (Mitteilung und Whitepater)

0 Kommentare

zu „RWTH-Studie: Bidirektionales Laden belastet die Batterie kaum“

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert