DAF produziert Elektro-Lkw XD und XF Electric in Serie
Die beiden Elektro-Modelle basieren auf der neuen Generation des XF und XD. Das sind bei DAF zwei bis dato reine Verbrenner-Baureihen, die nun strombetriebene Ableger erhalten. Laut den Niederländern wurden die Elektroversionen bei der Entwicklung der neuen Generation des DAF XD und XF von Anfang an mitgedacht. Insofern sollen sie den vollelektrischen Transport bei DAF auch auf eine neue Ebene heben. Der XD Electric und der XF Electric sind grundsätzlich das zweite und dritte E-Modell im aktuellen Portfolio – neben dem kleineren XB Electric (als 12-, 16- und 19-Tonner verfügbar). Die Debüt-Stromer des Unternehmens – der ab 2018 gebaute Dreiachser CF Electric mit bis zu 28 Tonnen und der Zweiachser LF Electric mit bis zu 19 Tonnen sind nicht mehr erhältlich.
Die beiden neuen XXL-Stromer hatte der Hersteller 2022 im Umfeld der IAA Transportation in Hannover vorgestellt. Seitdem ist das Duo auch bestellbar. Zur Eröffnung einer eigenen Montageanlage für die XXL-Stromer in Eindhoven im Januar 2023 hatte DAF den Start der Serienproduktion dann kurzfristig für Frühjahr 2023 in Aussicht gestellt. Doch der Fertigungsbeginn ließ seitdem auf sich warten. Was für die Verzögerung von nun fast zweieinhalb Jahren verantwortlich war, ist unbekannt. DAF selbst geht auf die Verspätung in seiner Presseerklärung zum Serienstart nicht ein. 2024 meldete der Hersteller zwischenzeitlich lediglich erfolgreiche Kundeneinsätze von Vorserienfahrzeugen.
Antriebe von US-Konzernmutter Paccar
Doch zurück in die Gegenwart: Die XD-Baureihe von DAF ist für das Verteilsegment gedacht – mit größeren Windschutz- und Seitenscheiben für eine verbesserte Rundumsicht. Bei der XF-Baureihe handelt es sich in erster Linie auch um ein Fahrzeug für den „intensiven Verteilverkehr“, bei maximaler Akku-Konfiguration kann sie aber auf Fernverkehrs-Niveau mit 500 Kilometern Reichweite gepusht werden. Beide Modelle verfügen über modulare Antriebsstränge mit E-Motoren von Paccar, die zwischen 170 bis 350 kW leisten, und eine Reihe von LFP-Batteriepacks für Reichweiten von 200 bis über 500 Kilometern, die mit bis zu 325 kW geladen werden können.
















Als Peccar-Tochter will DAF vor allem seine Stärke beim Motoren-Knowhow ausspielen: In den Fahrzeugen kommen deshalb je nach Kunden-Anforderung unterschiedliche E-Antriebe unter Rückgriff auf die EX-Motorenfamilie von Paccar zum Einsatz. Der Antrieb Paccar EX-D1 wird mit 170, 220 oder 270 kW angeboten. Der Paccar EX-D2 mit 270, 310 oder 350 kW. Beide Motoren werden mit einem Drei-Gang-Getriebe von ZF kombiniert. Das Drehmoment hat DAF in der letzten Entwicklungsphase noch einmal erhöht: Waren zuletzt für den D1 und D2 ein maximales Drehmoment von 1.200 bzw. 1.975 Nm vorgesehen, sind es nun im Detenblatt 1.500 bzw. 2.400 kW. Die maximale regenerative Bremsleistung beträgt 270 kW (D1) bzw 350 kW (D2).
Was den technischen Aufbau angeht, sind die Antriebseinheiten laut DAF äußerst kompakt gebündelt und bestehen aus zwei separaten Elektromotoren und besagtes, zentral integriertes Dreiganggetriebe. „Dabei sorgen Planetengetriebe dafür, dass jederzeit die richtige Übersetzung gewählt wird und im Teillastbetrieb möglichst nur einer der beiden Elektromotoren für maximale Effizienz aktiviert wird“, führen die Niederländer aus. Sobald mehr Leistung und/oder Drehmoment benötigt wird („beim Beschleunigen, Fahren in hügeligem Gelände oder beim regenerativen Bremsen“), schaltet sich der zweite Teil der Antriebseinheit zu. DAF bezeichnet die Lösung mit zwei Planetenradsätzen als „deutlich leichter als ein herkömmliches Getriebe“, was wiederum der Nutzlast der Lkw entgegenkommt. Die Nutzlast selbst lässt DAF allerdings offen.
Zwei Optionen: Bis zu 29 oder bis zu 50 Tonnen
Klar ist hingegen: Die Antriebseinheit Paccar EX-D1 wird im XD Electric konkret für den Solobetrieb mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 29 Tonnen eingesetzt. Der D2 sei für anspruchsvollere Anwendungen konzipiert und für Gesamtzuggewichte bis zu 50 Tonnen geeignet, heißt es. Im XF Electric ist dieser der Standardantrieb.
Auch die Batterie mit LFP-Chemie kann stufenweise angepasst werden. Die kleinste Konfiguration besteht aus zwei Batteriepaketen mit insgesamt 210 kWh Energiegehalt (für etwa 200 Kilometer Reichweite). Die größte Option besteht aus fünf Packs mit insgesamt 525 kWh für bis zu 500 Kilometer Reichweite. Die Bestelloptionen gestalten sich wie folgt:
Fahrzeugtyp | E-Motor | Motorleistung | max. Drehmoment | Anzahl der Batterien | Batteriepaket |
---|---|---|---|---|---|
XD Electric | PACCAR EX-D1 | 170 kW | 1.500 Nm | 2 bis 5 | 210 bis 525 kWh |
XD Electric | PACCAR EX-D1 | 220 kW | 1.500 Nm | 3 bis 5 | 315 bis 525 kWh |
XD Electric | PACCAR EX-D1 | 270 kW | 1.500 Nm | 3 bis 5 | 315 bis 525 kWh |
XD Electric | PACCAR EX-D2 | 270 kW | 2.400 Nm | 3 bis 5 | 315 bis 525 kWh |
XD Electric | PACCAR EX-D2 | 310 kW | 2.400 Nm | 4 bis 5 | 420 oder 525 kWh |
XD Electric | PACCAR EX-D2 | 350 kW | 2.400 Nm | 4 bis 5 | 420 oder 525 kWh |
Als Ladeleistung gibt DAF für das DC-Laden 325 kW an, ein AC-Onboardlader ist für beide Lkw optional und gewährleistet bis zu 22 kW Ladeleistung mit Wechselstrom. Für das Ladefenster von 0 auf 80 Prozent Batterieladestand gibt DAF beim DC-Laden mit 325 kW rund 45 Minuten bei drei Packs und rund 2 Stunden bei fünf Packs an. Ob die E-Lkw künftig auch eine MCS-Ladeport erhalten, lassen die Niederländer offen. Auch den Batterie-Zulieferer nennt DAF in seiner Ankündigung zur Serienfertigung nicht. Die Rede ist lediglich von einer flüssigkeitsgekühlten LFP-Batterien, die sehr temperaturstabil sein soll und auf die DAF acht Jahre Garantie gibt.
Fahrzeugtyp | E-Motor | Motorleistung | Drehmoment | Anzahl der Batterien | Batteriepaket |
---|---|---|---|---|---|
XF Electric | PACCAR EX-D2 | 270 kW | 2.400 Nm | 3 bis 5 | 315 bis 525 kWh |
XF Electric | PACCAR EX-D2 | 310 kW | 2.400 Nm | 4 bis 5 | 420 oder 525 kWh |
XF Electric | PACCAR EX-D2 | 350 kW | 2.400 Nm | 4 bis 5 | 420 oder 525 kWh |
Zum Anfang will das Unternehmen den Der XD Electric und den XF Electric als 4×2-Sattelzugmaschinen und Pritschenwagen auf den Markt bringen. Darüber hinaus sind 6×2-Lkw mit gelenkter Vor- oder Nachlaufachse („für zusätzliche Nutzlast und verbesserte Manövrierfähigkeit“) erhältlich. Das Angebot an weiteren Achskonfigurationen mit Elektroantrieb soll im Laufe des Jahres 2026 wachsen. Wann mit den ersten Auslieferungen zu rechnen ist, präzisiert DAF nicht. Es dürfte mit Beginn der Serienfertigung aber nicht mehr lange dauern.
„In erster Linie für Verteilerverkehr konzipiert“
„Wer mit unseren neuen Elektro-Lkw arbeitet, wird sofort erkennen, dass diese Versionen von Anfang an integraler Bestandteil der Entwicklung der neuen Generation DAF XD und XF waren“, äußert Bart Bosmans, Vorstandsmitglied und verantwortlich für Marketing & Vertrieb. „Antriebsstrang und Fahrzeugkonzept bilden eine perfekte Kombination, insbesondere für den intensiven Verteilerverkehr, für den diese neuen Elektro-Lkw in erster Linie konzipiert sind.“ Ergänzend zu den Fahrzeugen bietet DAF ein Servicepaket an, das von der Bereitstellung eines Lade-Ökosystems über Fahrerschulungen und Routenplanung bis zur Flottenmanagementplattform Paccar Connect reicht.
Als Stärke der E-Lkw nennt DAF neben den Antrieben von Mutter Paccar vor allem das selbst beigesteuerte Batteriemanagementsystem und das „extrem aerodynamische Design“. So wartet das Fahrerhaus u.a. mit abgerundeten Ecken und aufgefüllten Nähten und Spalten auf, um die Luft bestmöglich um das Gehäuse herumzuführen. Auch Seitenschweller, Deflektoren, Kragen, eine aerodynamische Bodenplatte und Digitalkameras statt Spiegeln sollen den Luftwiderstand verringern.










Was die Aufbauten angeht, verspricht DAF die von den Verbrennern bekannten Optionen. Möglich macht dies eine flexible Anbringung der Batteriepakete auf dem Fahrgestell. „Die Platzierung der Pakete kann perfekt auf den Einsatzzweck des Fahrzeugs abgestimmt werden und bietet ausreichend Platz für die Montage beispielsweise eines Seitenladeraufbaus oder von Kranstützen“, teilt das Unternehmen mit. Optional ist auch ein ePTO (650 Volt / 25 kW oder 90 kW Output) erhältlich, beispielsweise für den Antrieb einer elektrischen Kühlanlage.
Rekuperation bis zum One-Pedal-Driving einstellbar
Als weitere Features beider E-Lkw nennt der niederländische Hersteller ein optionales „Curb View Window“ oder einen klappbaren Beifahrersitz. Dieses seitlich angebrachte Fenster erlaubt in Kombination mit dem geklappten Beifahrersitz den direkten Blick auf Fußgänger und Radfahrer rechts neben dem Lkw. Neu auch: Die One-Pedal-Fahrfunktion, die am Lenkstockhebel für die Rekuperation eingestellt wird. Die gewünschte Bremsleistung ist in den Schritten 33, 66 oder 100 Prozent einstellbar. Ebenfalls an Bord: Eine Reihe von Fahrassistenten wie das DAF Digital Vision System, ein City Side & Turn Assist oder eine Corner View. Die Kabine ist sowohl als Day Cab als auch als Sleeper und Sleeper High Cab erhältlich. Auch beim XF, der bisher nur mit Sleeper High Cab aufwartete.
Und: Für den DAF XD 6×2 mit gelenkter Nachlaufachse ist zusätzlich ein sogenanntes Bolt & Play-Paket erhältlich, das speziell für die Montage eines seitlichen Abfallsammelaufbaus konzipiert ist. „In diesem Fall ist das Fahrgestell werkseitig mit einem ePTO, speziellen Halterungen für den Aufbau und Anschlüssen zur Steuerung der Aufbaufunktionen ausgestattet“, schreibt DAF.
Äußerlich unterscheiden sich die Elektro-Modelle durch einige bewusst gesetzte Akzente von den Verbrennern, allen voran durch blaue Highlights am Kühlergrill und an den Scheinwerfern. Im Cockpit findet sich zudem eine digitale Instrumententafel, „die speziell entwickelt wurde, um einen schnellen Überblick über den elektrischen Antriebsstrang zu bieten, einschließlich Energieverbrauch, Ladestatus, Reichweite, Leistungsabgabe und Rekuperation“, so DAF. Das optional verfügbare Lkw-Navigationssystem zeige obendrein Ladestandorte an.
Elektro-Lkw made in Eindhoven
Gebaut werden die beiden Elektro-Lkw in Eindhoven. Der Bau der entsprechenden Halle und die Installation der Maschinen wurde laut früheren Angaben von DAF in 18 Monaten abgeschlossen. Bei dem Anfang 2023 eröffneten Montagewerk handelt es sich aber nicht um ein von Grund auf neues Werk, sondern lediglich um eine spezielle Montagelinie für die Elektro-Modelle, die auf dem bestehenden Werksgelände in Eindhoven in einer anderen Halle untergebracht ist als die Montage der Verbrenner-Lkw.
Die Herstellung der E-Lkw-Fertigung beginnt in Eindhoven mit einem in einem anderen Werkteil hergestellten Rahmen ohne Antriebsstrang, aber bereits mit montiertem Fahrerhaus. Die 4×2- und 6×2-Zugmaschinen und -Fahrgestelle werden dann in einem achtstufigen Prozess auf der Produktionslinie für die Elektro-Lkw-Montage mit allen nötigen Komponenten zum XD Electric oder XF Electric komplettiert. Neben der Fahrzeug-Montagelinie gibt es in der neuen Halle noch eine weitere Montage: Die Batteriepakete werden auf der Untermontagelinie zusammengebaut, während alle Hochspannungskomponenten, einschließlich Batterien und Antriebsstrang, auf der Hauptmontagelinie auf dem Fahrgestell montiert werden.
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