ADAC bewertet Autobahn-Ladeinfrastruktur als „mangelhaft“
Nur 13 Anlagen wurden mit „gut“ bewertet, ein „sehr gut“ haben die Tester kein einziges Mal vergeben – dafür hat in Schulnoten-Äquivalenten über die Hälfte schlechter als eine 4,0 abgeschnitten. „Zu wenig Schnelllader, viele defekt, mangelnder Komfort“, schreibt der ADAC direkt in der Überschrift seiner Pressemitteilung. *Autohöfe schnitten dabei insgesamt besser ab als Rastanlagen.
Kriterien waren die Anzahl der Ladesäulen bzw. -punkte, deren Ladeleistung, die generelle Funktionstüchtigkeit sowie Bezahlmöglichkeiten und Kostentransparenz. „Am meisten punkten konnten Anlagen, wenn sie über mindestens zehn Ladepunkte verfügten, die jeweils 150 kW Leistung oder mehr lieferten und betriebsbereit waren“, erklärt der Autoklub. „Zu einem Viertel ins Gesamturteil floss ein, welchen Komfort die Anlagen in Form einer Überdachung, Gastronomie oder Sanitäranlagen boten.“ Klare und an sich nachvollziehbare Kriterien – an Rastplätzen mit nur ein oder zwei Ladesäulen ist gerade in Stoßzeiten oft kein zuverlässiges Laden ohne Wartezeit möglich.
Einige der Kritikpunkte des ADAC an den getesteten Anlagen und Ladesäulen sich durchaus valide. An knapp einem Drittel der Standorte fanden die Tester mindestens einen defekten Ladepunkt vor. Nur zwei Autohöfe (keine Rastanlage) hatten die Ladesäulen so platziert, das Längsparken möglich war (etwa mit Campern oder Gespannen). Und nur bei etwas über der Hälfte der untersuchten Anlagen war die Direktbezahlung an der Ladesäule via Kartenlesegerät (Kreditkarte) möglich. „Und ebenfalls insgesamt problematisch bleibt die mangelnde Preistransparenz beim Laden: Zwar wurde der Kilowattstundenpreis an fast allen Anlagen mit Ladepunkten von 150 kW und mehr vor dem Laden angezeigt, der Endpreis jedoch nur an 16 Anlagen (44 Prozent) – undenkbar an der Tankstelle“, so der ADAC.
ADAC-Auswahl verzerrt das Bild
Das große Aber: Die Auswahl der getesteten Standorte scheint fragwürdig und kann das Gesamtergebnis deutlich verzerren. Ein Vertreter des ADAC erklärt, dass aus der Vollerhebung aller Standorte nach der Länge der Autobahn und der Zahl der Standorte nach dem Zufallsprinzip jeder „3., 5. oder 8. Standort“ ausgewählt wurde. „Die Auswahl erfolgt durch Zufall, weil ich ja als Laie immer rausfahre, wenn ich möchte und keinen Experten frage“, so der Vertreter. Dass in Zeiten der Elektromobilität die EV-Routenplanung im Navi oder die Info einer Lade-App wichtiger sein kann als das Zufallsprinzip, hat der ADAC also nicht berücksichtigt.
Und er lässt eine in Deutschland wichtige Entwicklung der vergangenen Jahre außen vor. Der ADAC gibt zwar in einer Fußnote an, dass viele der gedrosselten (und aufgrund der niedrigen Leistung kritisierten) 50-kW-Säulen „Folge einer langjährigen Klage, die den weiteren Ausbau blockierte“ sind. Gemeint ist das bekannte Verfahren auf Klage von Fastned, das wohl im ersten Halbjahr 2026 endgültig enden dürfte. Eine wichtige Folge ignoriert der ADAC in seinem Test allerdings: Neue Schnelllader entlang der deutschen Autobahnen wurden eben nicht an den Rastanlagen von Tank & Rast errichtet (weil je nach Ausgang des Verfahrens die Gefahr bestand, dass solche Ladesäulen illegal wären und wieder abgebaut werden müssten), sondern direkt an Autobahn-Ausfahrten, etwa in Gewerbegebieten oder neben Fast-Food-Restaurants – und das nicht zwingend auf dem Gelände eines klassischen Autohofs.
Zwei Beispiele: An der A3 kritisiert der ADAC beim Rastplatz „Landsberg an der Warthe“ (Fahrtrichtung Nord), dass es dort zu wenige Ladepunkte mit 300 kW gibt. Allerdings gibt es eine Ausfahrt vor dem Rastplatz auf dem Autohof den Tesla Supercharger Mogendorf, zwei Ausfahrten hinter dem Rastplatz in Oberhonnefeld stehen wieder 40 Tesla-Ladepunkte und weitere Hypercharger von Allego, dazu kommt einige Meter weiter noch ein Standort von Aral Pulse. Und weiter nördlich an der A3 wurde die Rastanlage „Hösel Ost“ mit „sehr mangelhaft“ bewertet, weil es dort nur einen 50-kW-Lader und keine schnelleren Ladepunkte gibt. Zwei Kilometer weiter am Kreuz Breitscheid befinden sich aber mehrere SiCharge D der Stadtwerke Ratingen, dazu kommt auf der anderen Straßenseite ein Standort von EWE Go an der McDonald’s-Filiale. Und mit einem kleinen Umweg sind zahlreiche Schnelllader der EnBW an der A52 oder einer nahegelegenen Bauhaus-Filiale zu erreichen.
Statt „Landsberg an der Warthe“ hätte der ADAC an der A3 etwa die Rastanlage „Bad Camberg Ost“ testen können – dort hat einst die EnBW zwölf Schnellladepunkte mit Längsparken errichtet, inzwischen betreibt mblty diese Ladesäulen. Oder am Autohof an der Ausfahrt Bad Honnef gibt es zwölf Ladepunkte von Ionity und nochmals zwölf von Aral Pulse, hinzu kommen acht spezielle Lkw-Ladepunkte von Aral Pulse.
Oder an der A7 hat der ADAC den Autohof Schnelldorf nicht getestet. Dort hat die mblty GmbH, der E-Mobilitätsdienstleister von Tank & Rast, im Sommer 24 Ladepunkte für E-Autos in Betrieb genommen– acht davon liefern bis zu 360 kW, 16 weitere bis zu 300 kW Ladeleistung, vier für Gespanne. Und sie sind überdacht. Dazu kommen baulich getrennt weitere Ladepunkte für E-Lkw.
In all diesen Fällen wird also kein E-Auto-Fahrer auf der Langstrecke stranden, spätestens ein Blick in eine Lade-App führt sicher zu den genannten Ladepunkten. Und in der Regel läuft im Navi ohnehin die Routenplanung mit Batterie-Vorkonditionierung – dann plant das System einfach den Ladestopp an der Autobahnausfahrt ein. Der „Zeitverlust“ ist dabei gleich groß wie bei einem Autohof.
Keine Frage, auch an den von uns genannten Standorten ist nicht alles perfekt, Kritikpunkte wie die fehlende Überdachung oder die teils große Preisspanne an einer Ladesäule je nach Ladekarte treffen auch hier zu. Wer mit ein wenig Ladeplanung – egal ob eigene Erfahrung oder das Navi – unterwegs ist, wird sehr wahrscheinlich eine bessere Ladeinfrastruktur an Autobahnen vorfinden, als es der ADAC-Test suggeriert – und zwar wirklich „entlang“ der Autobahnen, nicht nur an den Tank&Rast-Standorten.





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