Rio Tinto legt Lithiumprojekt Jadar in Serbien auf Eis

Rio Tinto hat das Interesse am Lithiumprojekt Jadar in Serbien verloren. Dabei hatte die Regierung den Weg für den dortigen Lithium-Abbau – entgegen einer früheren Entscheidung – 2024 doch noch frei gemacht. Rio Tinto hat nun aber seinerseits entschieden, andere "kurzfristige Chancen” zu priorisieren.

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Bild: Rio Tinto

Die Pausierung des noch in der Genehmigungsphase steckenden Projekts reiht sich in mehrere Maßnahmen ein, die Simon Trott, der neue Vorstandsvorsitzende des Bergbauunternehmens, in letzter Zeit zur Rationalisierung der Geschäftstätigkeit und zur Kostensenkung ergriffen hat. Das Management von Rio hat intern konkret bekanntgegeben, dass das Projekt in den „Ruhezustand” versetzt werde, wie aus einem Bloomberg vorliegenden Memo hervorgeht. Ein Sprecher des Unternehmens bestätigte gegenüber der Nachrichtenagentur den Inhalt des internen Memos, lehnte jedoch eine weitere Stellungnahme ab. Grund für den Schritt sollen Bestrebungen zur Vereinfachung des Portfolios und zur „Priorisierung kurzfristiger Chancen” sein.

Rio Tinto hatte zuvor lange die Pläne vorangetrieben, im Jadar-Tal in Serbien Lithium abzubauen, allerdings gab und gibt es dort heftige Proteste der Bevölkerung wegen möglicher Umweltschäden. Der serbische Präsident Aleksandar Vučić gilt jedoch als Unterstützer des Milliarden-Projekts. Unter ihm hatte die Regierung Serbiens im Sommer 2024 – entgegen einer früheren Entscheidung – doch grünes Licht für den Lithium-Abbau im Jadar-Tal gegeben. Das Areal liegt im Westen Serbiens und soll die größten Lithium-Reserven Europas beherbergen. Rio Tinto ging nun aber angesichts weiterer Bürokratie und dem Widerstand der Bevölkerung die Geduld aus: „Angesichts der fehlenden Fortschritte bei der Genehmigung sind wir nicht in der Lage, das gleiche Investitionsniveau und die gleiche Ressourcenallokation aufrechtzuerhalten“, heißt es in dem Memo.

Die Entscheidung trägt die Handschrift von Simon Trott, der im August an die Spitze des Konzerns befördert wurde. Er arbeitet laut Bloomberg allen voran daran, „das weit verzweigte Unternehmen zu verschlanken und die Investitionen auf Wachstum zu konzentrieren“. Eine seiner ersten Maßnahmen war die Reorganisation von Rio Tinto in drei Geschäftsbereiche: Eisenerz, Aluminium in Kombination mit Lithium und Kupfer. Auch personelle Veränderungen sind durchgesickert: Laut einem weiteren internen Memo, das Bloomberg vergangenen Monat veröffentlichte, wird Rio Tintos Lithium-Chef Paul Graves das Unternehmen verlassen.

Grundsätzlich hat Rio Tinto zuletzt viel investiert. Die Nachrichtenagentur schreibt, dass der Konzern seine diesjährigen Investitionen auf den höchsten Stand seit über einem Jahrzehnt steigern werde. Und dass Vorstandschef Trott voraussichtlich am eigenen Kapitalmarkttag am 4. Dezember weitere Restrukturierungsschritte verkünde. Viel kosten ließ sich Rio Tinto bekanntlich 2024 den Kauf von Lithium-Produzenten Arcadium (Kaufpreis: 6,7 Milliarden US-Dollar). Auch, weil der Bergbaukonzern damit verbunden erklärte, massiv in seine erste eigene Lithium-Abbaustätte in Argentinien investieren zu wollen, um sein Angebot an Batteriematerialien zu erweitern. Hier wurden nochmals 2,5 Milliarden US-Dollar on top genannt.

Die noch zu diesem Zeitpunkt vorgegebene Marschroute: Neben dem Abbau von Eisenerz, Aluminium und Kupfer sollte Lithium nicht nur das vierte Standbein des britisch-australischen Unternehmens werden, sondern Rio Tinto gab an, durch den neuen Fokus auch zu einem der größten Lithium-Produzenten der Welt aufsteigen zu wollen. Dabei liegt der geografische Schwerpunkt auf Argentinien und das dortige Rincon-Projekt.

Klar ist nun: Serbien wird von Rio Tinto dagegen depriorisiert. Die Lage vor Ort entwickelte sich nicht wie gewünscht. Die Lithium-Vorkommen im Jadar-Tal haben in der Tat eine politische Vorgeschichte: Rio Tinto wollte ursprünglich mit einer Milliarden-Investition bereits ab 2026 unter anderem bis zu 58.000 Tonnen Lithiumcarbonat in Batteriequalität produzieren. Der Bau der riesigen Untertage-Mine in der ländlichen Region stieß aber von Anfang an auf großen Widerstand der lokalen Bevölkerung und von Umweltschützern. Rio Tinto kündigte zwar zahlreiche Maßnahmen an – etwa den Einsatz von elektrischen Muldenkippern, die Begrünung der Abraum-Halde und die Aufbereitung des Grubenwassers –, dennoch ebbten die Proteste nicht ab. In der Folge widerrief die Regierung den Raumordnungsplan für die Region und entzog dem Minen-Projekt quasi die Grundlage – auch mit Blick auf die damals anstehenden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen.

Genau dieser Widerruf des Raumordnungsplan wurde im Sommer 2024 wieder Thema: Das serbische Verfassungsgericht urteilte im Juli 2024, dass die Annullierung von 2022 unrechtmäßig war. Daraufhin erließ die Regierung eine neue Verordnung, die den Lithium-Abbau wieder ermöglichen sollte. Rio Tinto galt – auch aufgrund der bereits getätigten Investitionen und erfolgter Immobilienkäufe – weiterhin als interessiert. Eine naive Annahme, wie sich jetzt zeigt. Ob das Projekt künftig noch einmal Fahr aufnimmt, ist aktuell offen. Mit der Pausierung wird wohl auch erstmal ein Rohstoffabkommen mit der EU obsolet, das Serbien eigentlich angestrebt hatte.

bloomberg.com

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