Renault präsentiert ersten 800-Volt-Stromer – den Trafic E-Tech Electric

Renault hat auf der Solutrans 2025 in Lyon (18. bis 22. November) die Serienversion des neuen Trafic E-Tech Electric vorgestellt. Der vollelektrische Kastenwagen ist das erste Fahrzeug der Marke, das auf der flexiblen, skalierbaren SDV-Architektur (Software Defined Vehicle) von Ampere basiert.

Renault trafic e tech
Bild: Renault

Eine Premiere für die Marke ist zudem die 800-Volt-Technologie, die erstmals in einem Renault-Modell zum Einsatz kommt. Auch wenn Renault jetzt auf der französischen Transport-Messe die Serienversion des Trafic Kastenwagens vorgestellt hat, wird es bis zu den ersten Fahrzeugen in Kundenhand noch eine ganze Weile dauern: Der Elektro-Kastenwagen soll laut der Ankündigung Ende 2026 auf den Markt kommen, „ bevor weitere Versionen des Trafic E-Tech etwa als Plattformfahrgestell, Pritsche oder Cargo Box folgen“, so Renault.

Schon seit der ersten Ankündigung in diesem Januar war klar, dass die Franzosen bei der nächsten Generation der leichten Nutzfahrzeuge auf eine 800-Volt-Plattform wechseln wird, die Ladezeiten von weniger als 20 Minuten von 15 auf 80 Prozent ermöglichen soll. Und im Frühjahr wurde bekannt, dass ein neuer Elektromotor mit 150 kW Leistung und 345 Nm Drehmoment zum Einsatz kommen soll – in Kombination mit einer von zwei Batterien: Einem NMC-Akku für bis zu 450 Kilometer WLTP-Reichweite oder einem günstigeren LFP-Akku, der rund 350 Kilometer schaffen soll.

All diese Werte bestätigt Renault jetzt auch zur Weltpremiere des Serienmodells, nennt aber nach wie vor keine Daten zum Energiegehalt der beiden Batterie-Optionen. Dafür gibt es eine andere, sehr relevante Aussage zum Nutzwert des neuen Trafic E-Tech: „Die Kombination aus leistungsfähigem Motor und robuster Plattform ermöglicht eine Anhängelast von zwei Tonnen und eine Nutzlast von bis zu 1,25 Tonnen (Homologation ausstehend).“ Der Zusatz in Klammern heißt also, dass die Anhängelast noch nicht final freigegeben ist – die Renault-Ingenieure scheinen sich aber so sicher, dass sie diese Zahl offiziell kommunizieren.

Blicken wir auf die weiteren bekannten Zahlen: Als Kastenwagen L1 bietet der E-Transporter 5,1 Kubikmeter Laderaum, als L2 sind es bis zu 5,8 Kubikmeter. Die Breite von 1,92 Metern ist bei allen Modellen gleich, auch die Gesamthöhe von 1,90 Metern ist identisch – und soll auch Einfahrten in die meisten Tiefgaragen ermöglichen. Der L1 ist 4,87 Meter lang, der L2 5,27 Meter. Die 40 Zentimeter Differenz entfallen komplett auf den längeren Radstand, die Überhänge vorne und hinten bleiben gleich.

Da dem neuen Transporter eine rein elektrische Skateboard-Plattform zugrunde liegt, soll er ein „optimales Verhältnis von Ladekapazität und Platzbedarf“ bieten, so Renault. Da der Elektromotor an der Hinterachse sitzt, kann der vordere Überhang entsprechend kurz ausfallen. Und da kein Antrieb zwischen den Vorderrädern sitzt, kann der Lenkwinkel entsprechend anders ausfallen. So soll der Trafic E-Tech mit 1,03 Metern den gleichen Wendekreis bieten wie ein Renault Clio – ein Fünf-Meter-Transporter mit dem Wendekreis eines Kleinwagens dürfte gerade beim Einsatz in Innenstädten ein Vorteil sein.

Optisch gibt es bei dem Serienmodell nur wenige Änderungen zu dem Concept Car aus dem Frühjahr, das schon damals als relativ seriennah galt. Auffällig sind das eher kantige Design, die durchgängige Lichtleiste mit beleuchtetem Markenlogo vorne und die schwarzen Elemente an Front, Seite und Heck, die dem Trafic E-Tech unter all den Transportern eine eigenständige Erscheinung geben sollen.

„Durchbruch“ bei Software Defined Vehicles?

Während der Wiedererkennungswert wohl eher für Renault als Hersteller wichtig ist, achten die Kunden beim Einsatz von (Elektro-)Transportern eher auf Faktoren wie den Nutzwert, die Kosten und andere Mehrwerte achten. Renault legt hier einen großen Fokus auf  Software-definierte Fahrzeuge (Software Defined Vehicles, SDV), die den Trafic E-Tech von der Konkurrenz abheben sollen. In der Mitteilung ist von nichts weniger als einem „technologischen Durchbruch“ die Rede. „Software ist hier nicht mehr wie bei früheren Architekturen auf bestimmte Funktionen beschränkt, sondern prägt das gesamte Fahrzeug. Die zentralisierte Software-Architektur kann über die gesamte Lebensdauer des Fahrzeugs aktualisiert werden, wie bei einem Smartphone oder einem Laptop“, so Renault.

Basis dafür ist das neue Betriebssystem CAR OS, das von Ampere auf Basis von Android Automotive OS entwickelt wurde. Die zentrale Software ist dabei steht mit der Cloud verbunden und kann aus der Ferne und in Echtzeit aktualisiert werden. Zudem sollen so auch personalisierte Angebote möglich werden, „die auf die tatsächliche Nutzung, die Fahrgewohnheiten und die Anforderungen der einzelnen Nutzerinnen und Nutzer zugeschnitten sind“. Als Beispiele nennt Renault folgende drei Punkte:

  • Für Fahrzeuge mit spezifischen Funktionen wie Krankenwagen, Feuerwehrfahrzeuge, Polizeifahrzeuge, Kühlfahrzeuge und andere Umbauten lassen sich beispielsweise spezielle Apps bereitstellen, die den Betrieb der einzelnen Komponenten steuern. Eine ähnliche Lösung gibt es bereits beim OpenR link System für den Renault Master, das die Erstellung individueller Apps erlaubt. Hier wird diese Möglichkeit erweitert um die zusätzliche Intelligenz der SDV-Architektur.
  • Unternehmen, die ihr eigenes Betriebssystem verwenden, um z. B. Auslieferungen vorzunehmen, können dies in das bordeigene Multimediasystem integrieren, um in Echtzeit Informationen (Zeit, Route, Kontakte, Bemerkungen usw.) an die Auslieferungsfahrer zu übermitteln.
  • Fuhrparknutzer können sich in ihr Profil einloggen und auf eine personalisierte Schnittstelle mit ihren bevorzugten Fahrzeugeinstellungen und Apps zugreifen.

Auch das „OpenR“ genannte Infotainment von Renault wurde für die Transporter angepasst. Nicht nur der zwölf Zoll große Touchscreen wurde für den Einsatz in leichten Nutzfahrzeugen optimiert, sondern auch die Software: Die Navigation wurde speziell für Nutzfahrzeuge entwickelt, „die beispielsweise Abmessungen und Beladung des Fahrzeugs berücksichtigt, um ungeeignete Routen zu vermeiden“. Da auch die Verbrauchsdaten besser berücksichtigt werden, soll das System auch optimierte Ladestopps vorschlagen.

Über den Google Play Store stehen weitere Apps zur Verfügung, die auf dem Touchscreen im Fahrzeug genutzt werden können, etwa das Park-Bezahlsystem EasyPark oder Musik-Streaming-Anbieter wie Amazon Music, Spotify und Deezer. Dank des offenen Systemdesigns sollen Unternehmen ihr eigenes System in das Multimediasystem des Fahrzeugs integrieren können. „Auf diese Weise können beispielsweise Lieferdienste ihren Fahrern alle Informationen übermitteln, die sie auf ihren Touren benötigen (Uhrzeit, Route, Kontakte, Kommentare usw.)“, so Renault. „Bei Kühlfahrzeugen beispielsweise wird zum Aufrechterhalten der Kühlkette ein vorausschauender Ansatz verfolgt, der sehr detaillierte Echtzeitinformationen wie die Außentemperatur und den tatsächlichen Stromverbrauch des Fahrzeugs berücksichtigt. Falls erforderlich, wird ein zusätzlicher Ladevorgang eingeplant, um die Kühlkette aufrechtzuerhalten.“

Die Produktion des neuen Trafic wird im kommenden Jahr im Renault-Werk in Sandouville anlaufen. Zusammen mit dem Kastenwagen werden über das Joint Venture Flexis auch zwei weitere Modelle die neue 800-Volt-Plattform nutzen: Der Goelette E-Tech mit Kofferaufbau hebt sich von den anderen Transportern durch seine verstärkten Achsen ab, die eine Zuladung von bis zu 1,4 Tonnen ermöglichen. Der Estafette E-Tech als Step-in-Van ist für den Einsatz in der City gedacht – etwa bei Zustelldiensten.

renault.de

2 Kommentare

zu „Renault präsentiert ersten 800-Volt-Stromer – den Trafic E-Tech Electric“
Torben A.
18.11.2025 um 13:40
Renault wird mir immer sympathischer :-)
SepulNation
18.11.2025 um 15:53
Ja, Renault macht es richtig (im Gegensatz zu anderen Marken): kleine und mittlere E-Autos, dann LKWs, und jetzt auch Kastenwägen. Für mich interessant: kommt eine 5-6- oder evenutell auch 9-Sitzer-Variante, wie die alten Trafics bereits zu sehen sind? Also: wird das die neue Camping-Familien-Variante? :)

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