Audi streicht wohl eigenes US-Werk

Der VW-Konzern hat seine Planungsrunde für die kommenden fünf Jahre zwar mit Verspätung abgeschlossen, aber noch keine Ergebnisse präsentiert. Das liegt wohl auch an der Lage bei Audi. Jetzt soll Audi-Chef Gernot Döllner die Pläne für ein eigenes US-Werk beerdigt haben – nicht aber die für in den USA gebaute Audis.

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Bild: Audi

Das „Manager Magazin“ berichtet über eine Sitzung des Audi-Aufsichtsrats Mitte Dezember, die zu einem „Showdown“ geworden sein soll. Bei dem Treffen des Kontrollgremiums hatte Audi-CEO Gernot Döllner seine Pläne für die kommenden fünf Jahre vorgestellt. Und wichtig: Wie diese Pläne finanziert werden sollen. Die von Döllner präsentierten Zahlen sollen die von Konzern-Finanzvorstand Arno Antlitz vorgegebenen Ziele überstiegen haben, heißt es in dem Bericht. „Wie groß die Lücken sind, darüber gibt es unterschiedliche Angaben und Interpretationen“, schreibt das Magazin.

Klar ist nur: Es geht um Milliarden-Beträge. Angeblich soll Döllner fünf Milliarden Euro einsparen, aber es ist wohl noch nicht die ganze Summe komplett gesichert. Und zwei weitere Milliarden „würden noch gesucht“. Ein großer Unsicherheitsfaktor bei den Ausgaben in den nächsten fünf Jahren ist dabei die US-Produktion von Audi.

Aktuell gibt es die nicht, die überwiegende Mehrheit der in Nordamerika verkauften Audis wird aus Europa importiert, nur das SUV-Modell Q5 wird in Mexiko gebaut. Damit sind die Ingolstädter (wie auch die VW-Schwester Porsche) voll von den US-Zöllen betroffen. Die Konkurrenten BMW und Mercedes können mit ihren großen Werken in Spartanburg und Tuscaloosa wenigstens einen Teil ihres US-Angebots ohne Zölle anbieten. Das hat bei Audi seit Jahren für Begehrlichkeiten gesorgt, Gerüchte um ein eigenes Audi-Werk in den Staaten halten sich seit Jahren – aber es wird auch seit Jahren regelmäßig über Planänderungen berichtet. So war im Juni wohl noch ein komplett eigenes US-Werk der Favorit, im August hieß es dann aber wiederum, Audi treibe die Idee eines „Zwillingswerks“ zur VW-Fabrik Chattanooga voran.

Die jüngste davon soll sich eben bei jener Aufsichtsratssitzung am 12. Dezember ergeben haben: So soll Döllner aus Kostengründen das eigene Audi-Werk in den USA „vorerst aus dem Programm genommen“, wie das „Manager Magazin“ schreibt. Wichtig ist hier wohl das Wort „vorerst“, es könnte also künftig (bei besserer Kassenlage) wieder auf die Agenda kommen.

Dennoch will Döllner wohl mehrere Audi-Modelle in den USA bauen oder besser gesagt bauen lassen – dabei hat der Audi-Chef wohl zwei Gerüchte aus den vergangenen Wochen bestätigt. Zum einen soll wohl „mindestens ein größeres SUV“ im derzeit noch im Bau befindlichen Werk der US-Marke Scout gefertigt werden. Dabei dürfte es sich wahrscheinlich um ein Modell handeln, welches die Scout-Plattform nutzt und somit am ehesten als Range-Extender auf den Markt kommen dürfte – auf diesen Antrieb setzt zumindest Scout in den aktuellen Planungen.

Als zweite Maßnahme erwägt Döllner wohl, das MEB-SUV Q4 e-tron bei VW in Chattanooga bauen zu lassen. Das Volkswagen-Werk in Tennessee ist bereits auf die Produktion von MEB-Modellen ausgelegt, dort wurde die US-Version des ID.4 produziert. Auch diese Gedankenspiele waren in den vergangenen Wochen bereits durchgesickert, als bekannt wurde, dass der Cupra Born langfristig und der VW ID.3 kurzfristig länger im Werk Zwickau gebaut werden. Eigentlich hätten beide Baureihen nach Wolfsburg umziehen sollen, was zusammen mit der Neuplanung beim VW ID.4 und ID.5 nur noch den Audi Q4 e-tron (samt Sportback-Ableger) für Zwickau als einziges Modell bedeutet hätte. Mit dem Cupra und VW sah es für den Standort Zwickau zunächst besser aus, doch schon damals drohte der (teilweise) der Verlust des Q4 in die USA.

Ob es einen Beschluss dazu gegeben hat, ist nicht bekannt. Angesichts solcher Unsicherheiten bei der Werksbelegung von der einst ertragreichen Marke Audi mit allen Folgen, die sich daraus für die Investitionen des Konzerns und die Pläne für andere Marken ergeben, verwundert es nicht, dass die Planungsrunde nicht wie üblich im Herbst abgeschlossen werden konnte. In den Aufsichtsräten von VW und Audi sollen die Vertreter der Eigentümerfamilien Porsche und Piëch den Druck auf die Manager erhöhen. Konzernweit wurden 160 Milliarden Euro als Investitionsziel für die kommenden fünf Jahre schon beschlossen. Wo und wie das Geld ausgegeben wird, ist jedoch noch nicht fix. Der Vorstand müsse nachliefern, so der Bericht.

Rund um Döllner gibt es nicht nur von oben aus dem Aufsichtsrat Druck und Unmut, sondern auch von unten. Dem „Manager Magazin“ zufolge gab es Audi-intern zuletzt eine anonyme Umfrage zum Stimmungsbild unter 3.000 Mitarbeitenden. Sechs Fragen zu den erwarteten Verbesserungen von Döllners Re-Organisation bei Audi konnten mit Werten zwischen 1 („nicht erfüllt“) bis 6 („voll erfüllt“) beantwortet werden. Bei der besten Frage gab es wohl eine immer noch unterdurchschnittliche 2,6, im schlechtesten Fall eine 1,9. Döllner selbst soll bei einer Mitarbeiterversammlung der Entwicklungsabteilung auf Schulnoten umgerechnet von einer 5+ gesprochen haben, also wäre die Versetzung gefährdet.

manager-magazin.de (Paywall)

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