Volvo enthüllt E-Reisebus-Chassis mit 700 km Reichweite
Volvo Buses präsentierte vor eineinhalb Jahren seinen ersten Elektro-Überlandbus, den 8900 Electric. Dieser ist das erste Modell, das auf der neuen 600-Volt-Plattform BZR Electric des Konzerns aufbaut. Und genau diese Architektur zogen die Schweden nun heran, um darauf einen nochmals reichweitenstärkeren Bus fürs Reisesegment zu realisieren. Statt bei bisher 540 kWh ist beim nun erstmals umrissenen Reisebus-Chassis erst bei 720 kWh Energiegehalt Schluss. Statt sechs Batteriepacks à 90 kWh können im Neuprodukt nämlich acht Batterieeinheiten untergebracht werden.
Der Vorstoß zeigt, dass Volvos Entwickler seit Jahren auf höhere Reichweiten hinarbeiten: Bei den Bussen markieren die 720 kWh Batteriekapazität für bis zu 700 Kilometer einen vorläufigen Höhepunkt. Bei den Lkw kommt Volvo Trucks 2026 mit einem Nachfolger des FH Aero Electric heraus, der dank 780-kWh-Akku dann bis zu 600 Kilometer weit kommen soll. Interessant dabei: Die BZR-Plattform für elektrische Volvo-Busse nutzt Akkus von den Lkw-Kollegen, nämlich die 90-kWh-Packs mit NCA-Chemie und je 535 kg Gewicht. Auch in der neuen Version für den Reisebusmarkt bleibt die Plattform bei diesen Akkus der aktuellen E-Lkw-Generation. Der angekündigte Langstrecken-Lkw von Volvo Trucks dürfte dagegen auf andere Batterien umstellen. Denn auch wenn Volvo die Einzelheiten noch nicht offengelegt hat, beherbergt der Lkw zwar ebenfalls acht Batteriepacks, aber kommt kumuliert auf 780 kWh brutto – 60 kWh mehr als die künftigen Reisebusse.
Wie auch immer, weiter geht’s im Datenblatt: Unterstützt werden auf der modifizierten BZR Electric Reisebusse mit 4×2- oder 6×2-Achskonfiguration, die 9,5 bis 14,9 Meter lang und bis zu 27,2 zulässiges Gesamtgewicht schwer sind. Beim Antrieb bleibt es mit 200 bzw. 400 kW bei dem bisherigen Technikstand. Bei den Batteriepacks sind Konfigurationen zwischen vier und acht Einheiten (360 bis 720 kWh) möglich. Die bis zu 700 Kilometer Reichweite des Chassis gibt Volvo Buses im Testzyklus SORT 3 an. Geladen werden können die Reisebusse wie alle Fahrzeuge auf Basis des BZR Electric dank zweierlei Hardware-Schnittstellen sowohl kabelgebunden mit bis zu 250 kW DC (Ladeport links oder rechts erhältlich) als auch optional per OppCharge mit maximal 450 kW DC.




„Dieses elektrische Reisebus-Fahrgestell ermöglicht längere Fahrten mit weniger Ladestopps und einer größeren betrieblichen Vielseitigkeit – und damit auch lange interregionale Strecken, die für Elektrobusse bisher nicht realisierbar waren“, betonen die Schweden in einer begleitenden Mitteilung. Die Batteriekapazität von bis zu 720 kWh bezeichnet Volvo Trucks als „branchenführend“.
Wann genau erste Reisebusse auf Basis der modifizierten BZR-Plattform auf die Straßen kommen, präzisiert der Hersteller nicht. Volvo betont aber, dass das Elektrofahrgestell je nach Markt und Kundenwünschen mit Karosserien verschiedener Karosseriebauer angeboten werde. Und: „Das erste Reisebus-Chassis auf Basis der Volvo BZR Electric wurde bereits von Carrus Delta mit einer Karosserie versehen und ist für Kunden in den nordischen Ländern und die Benelux-Märkte bestimmt.“ Auch zeigt Volvo Buses bereits das Datenblatt eines Modells namens Volvo BZR Electric CD mit 6×4-Achskonfiguration, dem 720-kWh-Akku und 13,3, 14,0 oder 14,9 Metern Länge. Das CD dürfte dabei für den oben genannten Karosseriehersteller Carrus Delta stehen. Hier die Pressebilder zu diesem Modell:






Anna Westerberg, Präsidentin von Volvo Buses, betont, das neue Elektrofahrgestell biete mehr als nur eine größere Reichweite. „Es ermöglicht neue Strecken und gibt den Betreibern mehr Flexibilität. Wir sind stolz darauf, eine Lösung präsentieren zu können, die nachhaltiges Reisen für mehr Menschen auf mehr Strecken zugänglich macht.“ Das neue Reisebus-Fahrgestell auf der modifizierten BZR Electric zeige, wie Elektrifizierung über die Reduzierung von Abgasemissionen hinausgehen kann. „Mit verantwortungsvoll beschafften Materialien und einem auf Langlebigkeit ausgelegten Produkt minimieren wir den Lebenszyklus-Fußabdruck. Und das bei gleichzeitigem Komfort, Effizienz und höchsten Sicherheitsstandards sowohl für den täglichen Pendelverkehr als auch für Fernreisen.“
Wir erinnern uns: Die BZR Electric präsentierte Volvo Buses im März 2024 als Ergebnis einer gemeinsamen E-Mobilitätsarchitektur des Volvo-Konzerns. Schon drei Jahre zuvor – im September 2021 – hatte Volvo ein Elektro-Fahrgestell vorgestellt, das sich BZL Electric nannte (wohlgemerkt L statt R) und für Solo- und Doppeldecker-Busse konzipiert ist. Außer dem ähnlichen Namen und der Antriebsleistung (200 und 400 kW) haben beide aber wenig gemeinsam.
Die BZR Electric unterstützt in ihrer Basis-Konfiguration Fahrzeuge mit einer Länge von 9,5 bis 14,9 Metern und maximal 540 kWh nominaler Batteriekapazität. Herzstück der Architektur ist ein mit einem zweistufigen automatisierten Getriebe gekoppelter Elektromotor, der über 200 bzw. in Dual-Motor-Konfiguration über 400 kW verfügt. Aber schon bei der Enthüllung der Plattform verwiesen die Schweden auf die „herausragende Vielseitigkeit“ des Neuprodukts. Sie sei besonders „zukunftsfest“, hieß es: „Sie ist so konzipiert, dass sowohl Versionen für den Bus Rapid Transit (BRT) als auch später für den Reisebuseinsatz möglich sind“, blickte der Hersteller schon damals voraus.
Übrigens: Volvo Buses hat erst kürzlich auch mit der Produktion seines ersten elektrischen Fahrgestells für besonders lange E-Busse begonnen. Das sogenannte BZRT-Fahrgestell dient als Basis sowohl für Gelenk- als auch für Doppelgelenkbusse mit bis zu 28 Metern Länge. Und: Hier begegnen uns wieder die 720 kWh Gesamtkapazität – verteilt auf acht Batteriepacks und dieselbe Motorisierung (200 oder 400 kW). Der Antrieb der sehr langen Stadtbusse und der Reisebusse von Volvo ähnelt sich also.
volvobuses.com, volvobuses.com (Press Kit mit herunterladbaren Data Sheets)
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