Volvo prescht mit elektrischem Überlandbus vor – unter Rückgriff auf E-Lkw-Batterien

Volvo Buses präsentiert den Elektro-Überlandbus 8900 Electric, der 2025 in ausgewählten europäischen Ländern angeboten werden soll. Er baut auf der neuen Plattform BZR Electric auf, zu der das Unternehmen nun ebenfalls sämtliche technischen Daten enthüllt. Die Batterien der Plattform kennen wir bereits aus Volvos E-Trucks.

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Bild: Volvo Buses

Den neuen Volvo 8900 Electric vermarkten die Schweden als strombetriebenen Low-Entry-Bus für den Stadt-, Überland- und Pendlerverkehr. Er wird in zwei Längen (12,3 oder 14,9 Metern) angeboten und kann mit vier bis sechs Batteriepaketen à 90 kWh ausgestattet werden, was in Summe einen maximalen Energiegehalt von 540 kWh ergibt. Den E-Antrieb gibt es wahlweise als einmotorige Version mit 200 kW oder als zweimotorige Version mit 400 kW.

Das erste Modell auf der BZR-Electric-Plattform ergänzt Volvos Elektro-Stadtbus 7900 Electric, der auf Volvos Misch-Plattform für Niederflurfahrzeuge aufbaut. Den 7900 gab bzw. gibt es als Diesel, CNG, Hybrid oder rein elektrischen Solo- und Gelenkbus. Als BEV kommt der 7900-Stadtbus auf bis zu 470 bzw. 565 kWh (18,7m-Variante) Batteriekapazität.

Bis zu 110 Passagiere beförderbar

Der für 2025 angekündigte 8900 Electric wird wie erwähnt in zwei Längen auf den Markt kommen. In zweiachsiger Ausführung mit 12,3 Metern Gesamtlänge bietet er Platz für 88 Passagiere, davon 43 sitzend. Als Dreiachser mit 14,9 Meter Länge kann er maximal 110 Personen befördern, darunter 57 sitzend. Das zulässige Gesamtgewicht beläuft sich beim kleineren 8900er auf 20,6 Tonnen, bei dem längeren Exemplar auf 27 Tonnen. Die Breite und Höhe sind bei beiden Varianten mit 2,55 und 3,6 Meter identisch. Der Radstand unterscheidet sich um 90 Zentimeter (Dreiachser: 7 m / Zweiachser 6,1 m).

Die Batteriepacks wiegen Volvo zufolge je 535 Kilogramm. Der kürzere 8900er kann vier oder fünf Packs aufnehmen, kommt also auf 360 oder 450 kWh. Der längere Überlandbus ist für vier bis sechs Packs konzipiert, was neben 360 und 450 auch die Maximalkapazität von 540 kWh erlaubt. Reichweiten-Angaben macht Volvo interessanterweise nicht.

Die Karosserie des Volvo 8900 Electric wird unterdessen von Manufacturing Commercial Vehicles (MCV) hergestellt. Hintergrund ist, dass Volvo Buses 2023 entschieden hat, in Europa künftig keine Komplettbusse mehr selbst herzustellen. Eine im vergangenen Frühjahr unterzeichnete Vereinbarung sieht vor, dass MCV ab Mitte 2024 in Lizenz die Karosserien für Stadt- und Überlandbusse herstellt. Bestätigt ist dies etwa für den Volvo 7900 Electric (Solo- und Gelenkbus). Außerdem hieß es schon im vergangenen Frühjahr, dass Volvo Buses und MCV gemeinsam auch ein elektrisches Angebot für Überlandbusse entwickeln wollen. Mit dem 8900er ist nun das Ergebnis dieser Kooperation enthüllt worden.

„Wir sind fest entschlossen, unsere Anstrengungen zu beschleunigen, um die weltweite Nachfrage nach Elektromobilitätslösungen zu befriedigen. Daher ist es nur logisch, dass wir unser Angebot an Elektromobilität um Lösungen für den Intercity-, Transit- und Pendlerbetrieb erweitern“, sagt Anna Westerberg, Präsidentin von Volvo Buses.

600-Volt-Plattform für Zwei- und Dreiachser

Mit der BZR Electric präsentiert Volvo Buses parallel jene neue Plattform, auf der der 8900 Electric basiert. Der Hersteller gibt an, dass sie das Ergebnis einer gemeinsamen E-Mobilitätsarchitektur des Volvo-Konzerns sei. Dazu gleich mehr. Schon 2021 hatte Volvo ein Elektro-Fahrgestell vorgestellt, das sich BZL Electric nannte (wohlgemerkt L statt R) und für Solo- und Doppeldecker-Busse konzipiert ist. Außer dem ähnlichen Namen und der Antriebsleistung (200 und 400 kW) haben beide aber wenig gemeinsam. Die Plattform BZL Electric soll allerdings auch zuvorderst den britischen, mexikanischen und australischen Markt ansprechen.

Die neu enthüllte BZR Electric zielt dagegen auf Kontinentaleuropa und unterstützt Fahrzeuge mit einer Länge von 9,5 bis 14,9 Metern und maximal 540 kWh nominaler Batteriekapazität. Daran wird ersichtlich, dass der neue E-Überlandbus von Volvo die 600-Volt-Plattform in diesem Punkt gänzlich ausnutzt. Herzstück ist ein mit einem zweistufigen automatisierten Getriebe gekoppelter Elektromotor, der über 200 bzw. in Dual-Motor-Konfiguration über 400 kW verfügt. Geladen werden können Busse auf Basis des BZR Electric laut dem Hersteller dank zweierlei Hardware-Schnittstellen sowohl kabelgebunden mit bis zu 250 kW DC (Ladeport links oder rechts erhältlich) als auch optional per OppCharge mit maximal 450 kW DC. Diese Auswahl bietet auch der oben vorgestellte Volvo 8900 Electric.

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Bild: Volvo Buses

Die BZR Electric unterstützt Fahrzeuge bis zu einem zulässigen Gesamtgewicht von 27,2 Tonnen und ist laut Volvo „eine Produktivitätsplattform für den Stadt-, Überland- und Pendlerverkehr, für Niederflur- oder Mittelflurfahrzeuge, für Einzel- oder Doppelmotoren, für modulare Energiespeicher und zwei- oder dreiachsige Versionen“. In diesem Kontext verweisen die Schweden auf die „herausragende Vielseitigkeit“ des Neuprodukts. Außerdem gilt sie als „zukunftsfest“, heißt: „Sie ist so konzipiert, dass sowohl Versionen für den Bus Rapid Transit (BRT) als auch später für den Reisebuseinsatz möglich sind“, blickt der Hersteller voraus.

Batterien wie im E-Lkw des Volvo-Konzerns

Besonders interessant: Volvo Buses nutzt für die BZR Electric dieselben Batterien wie für seine aktuelle E-Lkw-Generation – nämlich 90-kWh-Packs mit NCA-Zellen von Samsung SDI. Laut Anna Westerberg handelt es sich bei der BZR Electric um die erste „gemeinsame E-Mobilitätsplattform der Volvo Gruppe, die durch die gemeinsame Nutzung von Erfahrungen, Kompetenzen und Komponenten innerhalb der Gruppe“ entstanden sei. Dies bedeute, dass wichtige Komponenten und Subsysteme in großen Stückzahlen hergestellt werden, „was einen Vorteil bei der gemeinsamen Nutzung von Ersatzteilen und der Logistik darstellt.“

Besonders stellt die Volvo-Buses-Präsidentin heraus, dass eben beispielsweise die Batterien dieselben sind, die auch in den schweren Volvo-Lkw zu finden sind. Dieses Statement machte Westerberg diese Woche im Zuge der Präsentation der Plattform in Göteborg, die dort als dreiachsige Low-Entry-Version zu sehen war. Ebenfalls im Rampenlicht: eine erste Konzeptversion des 8900 Electric mit BZR-Fahrgestell und Volvo-Karosserie.

Dabei wird die Karosserie 2025 im Serienmodell wie erwähnt von MCS stammen. Volvo Buses fertigt nur die Fahrgestelle samt der E-Antriebe in den beiden schwedischen Werken Borås und Uddevalla. Das Volvo-Werk im polnischen Breslau, wo bisher die Karosserien für die Fahrgestelle hergestellt werden, schließt dagegen.

Bei MCV oder Manufacturing Commercial Vehicles handelt es sich um ein Unternehmen aus Ägypten, das wie berichtet auch mit einem eigenen E-Stadtbus in Deutschland Fuß fassen will. MCV verfügt über Werke in Ägypten, Singapur und Südafrika und wurde einst als Generalvertretung von Daimler gegründet. Seit 2006 stellt MCV Fahrzeuge unter dem eigenen Markennamen her, die meist auf Fahrgestellen anderer Hersteller basieren – etwa von Mercedes-Benz, aber auch schon von Volvo Buses.

Die Schweden bezeichnen MCV daher in der Mitteilung als „einen der wichtigsten Partner von Volvo Buses“, da bereits erfolgreich Aufbauten an Kunden in Großbritannien geliefert wurden. Auf Basis des Fahrgestells BZL Electric betreibt etwa Metroline E-Busse des Duos, Stagecoach hat kürzlich 170 MCV-Busse mit Volvo-Fahrgestell geordert. Die Kooperation ist aber nicht exklusiv: Parallel zur Partnerschaft mit MCV untersucht Volvo Buses nach eigenen Angaben „zusätzliche Angebote mit anderen Aufbauherstellern“.

sustainable-bus.com (8900 Electric), sustainable-bus.com (BZR-Plattform), volvobuses.com (8900 Electric), volvobuses.com (BZR-Plattform), volvobuses.com (Pressemitteilung)

2 Kommentare

zu „Volvo prescht mit elektrischem Überlandbus vor – unter Rückgriff auf E-Lkw-Batterien“
Thorsten Wagner
21.03.2024 um 16:04
Sie haben vergessen zu erwähnen, dass Volvo den Vertrieb für Busse in DACH komplett eingestellt hat.... for the time being
erFahrer
22.03.2024 um 08:14
Wow Die Königsklasse im Personenverkehr. 110 Pers. max. das sind mit dem Fahrzeuggewicht enorme Energie die es hier zu handhaben gilt. (Pkw = Kindergeburtstag) Auch bei der Rekuperation ist da was geboten. 4 kWh je Passagier hört sich gut an, selbst bei 1/4. besetztem Bus schon auch ein Resourcenvorbild auf der Straße. Schade, dass es auch hier so oft um Gier und nur wenig um Klimaschutz geht. Dennoch die FFF sollten nur noch derartige Fahrzeuge für ihre Fortkommen akzeptieren.

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