Wird Elektromobilität im Taxigewerbe wirklich ausgebremst?

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Eine neue Eichverordnung für Taxameter bringt derzeit die Pioniere der Taxibranche auf die Palme. Nämlich jene, die elektrisch fahren wollen. Seit Ende 2016 werden bundesweit keine Fahrzeuge mehr als Taxi zugelassen, die nicht vom Hersteller selbst als Taxi angeboten werden. Ein Problem? Wir haben nachgefragt.

Angeblich fallen derzeit bis auf die Nissan-Stromer Leaf und e-NV200 sowie die Mercedes-Benz B-Klasse B 250 e sowie den Toyota Mirai alle reinen Elektrofahrzeuge aus dem Raster. Der Bundesverband eMobilität hatte das vor kurzem öffentlich beklagt. (wir berichteten) Besagte neue Verordnung betrifft allerdings nicht nur Batterie-elektrische Fahrzeuge, sondern ebenso Verbrenner, Brennstoffzellen-Autos, Hybride und Plug-in-Hybride.

„Meine zwei bestellten Tesla Model 3, die ich 2018 einsetzen wollte, kann ich damit einstampfen. Es sei denn Tesla lässt sich doch noch davon überzeugen, bei Intax als Hersteller die Taxiumrüstung in Auftrag zu geben“, beklagt Peter Köhl, Geschäftsführer des Taxi Center Ostbahnhof in München und einer der E-Pioniere der Branche. Ob E-Modelle wie besagter Tesla oder auch der Opel Ampera-e künftig als Taxis eingesetzt werden können, hängt letztlich vom Hersteller selbst ab. Nach der Richtlinie 2004/22/EG über Messgeräte (Measuring Instruments Directive – MID) vom April 2004 müssen alle Taxameter mit nicht rückstellbaren Zählwerken ausgestattet sein.

Nach dem neuen Eichrecht (gültig seit 1.1.2015) entsteht mit dem Einbau eines Taxameters (ebenso wie beim Einbau eines Wegstreckenzählers) in ein Fahrzeug ein neues Messgerät, dessen Konformität in einem „Konformitätsbewertungsverfahren“ festgestellt werden muss. Bei diesem Verfahren wird der Signalweg vom Fahrzeug bis in den Taxameter bewertet. „Entscheidend: Verfügt das Fahrzeug über kein werkseitig zugelassenes Taxipaket, erteilen die Eichbehörden der einzelnen Bundesländer keine Konformitätsbescheinigung mehr“, kritisiert der Bundesverband eMobilität (BEM).

Übergangsfrist für europäische MID-Richtlinie abgelaufen

Die Übergangsfrist für die europäische MID-Richtlinie ist hingegen seit dem 30.10.2016 abgelaufen und das betrifft auch die eichrechtliche Bewertung. Damit dürfen Taxameter älterer Bauzulassung nicht mehr eingesetzt werden. Der Fahrzeughersteller muss für jedes einzelne Fahrzeug (FIN) bescheinigen, dass das Signal unverändert am Taxameter ankommt (siehe auch Merkblatt, Seite 3 Anhang 1, Technische Anforderungen). Bis zur Einführung dieser Konformitätsbescheinigung konnte jedes beliebige Fahrzeuge mittels eines CAN-Bus-Adapters für das Geschwindigkeitssignal umgerüstet werden.

„Mit dem Model 3 und auch mit dem Opel Ampera-e kommen Fahrzeuge mit ausreichender Reichweite und bezahlbaren Preisen auf den Markt. Diese und andere würden wir gerne einsetzen. Wir werden es aber nicht tun können“, beschwert sich Taxi-Unternehmer Peter Köhl. Das ganze Thema sei umso ärgerlicher, da es nun in München ein sehr sinnvolles Fördermodell für E-Taxis gebe: Dabei werden ausschließlich mit Fahrgästen gefahrene Kilometer gefördert – mit 20 Cent! „Damit handelt es sich erstmals nicht um eine Anschaffungsförderung, sondern um eine Nutzungsförderung. Je mehr elektrisch gefahren wird, desto höher die Förderung“, meint Köhl. „Und mit der Beschränkung auf Fahrgastkilometer ist auch die Förderung der Urlaubskilometer ausgeschlossen. Besser geht’s nich.“

Was ist nun aber so kompliziert daran, ein E-Taxi in Betrieb zu nehmen? Wir haben bei der Konformitätsbewertungsstelle des Bayerischen Landesamtes für Maß und Gewicht nachgefragt. Dort erteilte man uns die Auskunft, dass die zur Zeit gültigen Regeln der Eichbehörden (bzw. der Konformitätsbewertungsstellen, die neue Messgeräte bewerten) lediglich verlangen würden, dass das sogenannte Wegstreckensignal vom Fahrzeughersteller garantiert wird. Damit sollen Fremdmanipulationen und Fehlfunktionen ausgeschlossen werden, was letztlich im Sinne der Fahrgäste sei. Dies könne im Rahmen einer Taxiausrüstung ab Werk erfolgen, aber auch in Form von Einbauanleitungen, Aufbaurichtlinien oder auch Schaltplänen. „Wir geben in Bayern regelmäßig Fahrzeuge frei, die von unabhängigen Einbaubetrieben auf den Taxibetrieb umgerüstet werden – wenn der Fahrzeughersteller dies durch entsprechende Informationen gestattet“, sagt Dr. Cord Müller, der Geschäftsführer besagter Konformitätsbewertungsstelle.

Tesla gibt wichtige Informationen nicht weiter

An dieser Stelle kommt nun Tesla ins Spiel, denn der Hersteller würde – so die Kritik der Konformitätsbewertungsstelle – keinerlei Informationen preisgeben, wo in den Fahrzeugen ein technisch vertrauenswürdiges Geschwindigkeitssignal abgegriffen werden könne. Andere Hersteller würden sich kooperativer zeigen, so Dr. Cord Müller, weshalb etwa eine Sonderregelung für Elektrofahrzeuge eigentlich nicht nötig sei.

Ob Tesla sich hier in Zukunft offener zeigt und entsprechende Informationen offenlegt, bleibt abzuwarten. Das deutsche Eichrecht, traditionell eines der strengsten der Welt, lässt hier jedenfalls keine Kompromisse mehr zu. Das kennt man auch von der Ladeinfrastruktur, wo die Betreiber von Ladestationen mit der eichrechtskonformen Abrechnung ebenfalls so ihre Sorgen haben. Nachvollziehbar im Sinne des Verbraucherschutzes ist die Thematik dennoch.

Ausblick ins Ungewisse

Wir können somit festhalten, dass die Aussage „Elektromobilität im Taxigewerbe wird ausgebremst“ die Sachlage zumindest etwas verkürzt darstellt. Immerhin gab es eine Übergangsfrist, die Änderungen waren seit langem bekannt. Hersteller und Umrüster müssen nun für jedes einzelne Fahrzeug (egal welcher Antriebsart) die nötigen Informationen und Bescheinigungen bereitstellen. Und es ist zu vermuten, dass bei einer Förderung, wie es sie nun in München gibt, eine gewisse Bereitschaft der Fahrzeugbranche entstehen wird. Ob dies auch für Tesla gilt, wird sich zeigen. Doch in den Innenstädten haben Taxis mit Verbrennungsmotoren über kurz oder lang ausgedient. Die Elektrifizierung wird auch das deutsche Eichrecht nicht aufhalten.

Update 13.02.2017: Laut „Tagesspiegel“ will das Bundeswirtschaftsministerium dieses Problem nun mit einer Novelle der Mess- und Eichverordnung aus der Welt schaffen, deren Entwurf sich derzeit in der Finalisierung befinde. Der Text sehe vor, dass auch Dienstleister die Verantwortung für die Einhaltung der Vorschriften in der Mess- und Eichverordnung übernehmen dürfen. Damit könnte der Weg frei sein für die Nutzung künftiger reichweitenstärkerer Stromer wie den Opel Ampera-e oder das Tesla Model 3 als E-Taxi.
tagesspiegel.de (Update)

1 Kommentar

zu „Wird Elektromobilität im Taxigewerbe wirklich ausgebremst?“
Matthias Urlichs
05.02.2017 um 10:43
Es kann doch nicht so schwer sein, das Taxameter an einer Stelle an den CAN-Bus zu hängen, die man manipulationssicher verplomben kann. Doku über die Verkabelung gibt es. Auch von Tesla.

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