Frankreichs Blickwinkel auf die geplante Zellfertigung

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Die deutsch-französische Initiative zum Aufbau einer Zellproduktion in Europa haben wir bisher vor allem aus deutscher Perspektive aufgearbeitet. Wer aber sind die entscheidenden Akteure in Frankreich und wo könnte dort ein entsprechendes Werk entstehen? Ein Überblick.

Während sich der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier mit einer Förderzusage in Höhe von 1 Mrd Euro zum Aufbau einer grenzübergreifenden Batteriezellfertigung schon früh aus der Deckung gewagt hat, ist es erst wenige Tage her, dass auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit der Zusage nachgezogen ist, in den kommenden fünf Jahren 700 Mio Euro investieren zu wollen. Auf die gemeinsame Ausarbeitung eines strategischen Ansatzes für eine künftige Produktion von Batteriezellen in Europa hatten sich beide Nachbarn bereits im Dezember verständigt.

In Frankreich firmiert das Großprojekt unter der Bezeichnung „Airbus des batteries“, damit wird der Luftfahrtgigant Airbus quasi zum Vorbild eines europäischen Gemeinschaftsunternehmens für die Zellherstellung erklärt. Laut Emmanuel Macron ist zum jetzigen Zeitpunkt der Bau von je einer Fabrik in Frankreich und Deutschland geplant, wobei sich auf französischem Boden inzwischen die Region Burgund-Franche-Comté als Standort ins Gespräch gebracht hat.

50 Hektar großes Areal auf dem PSA-Komplex Sochaux

Deren Präsidentin Marie-Guite Dufay hat dieser Tage in einer Erklärung vorgeschlagen, das Werk im Ballungsraum Montbéliard nahe des Drei-Länder-Ecks Frankreich/Schweiz/Deutschland zu errichten. Und zwar nicht irgendwo dort, sondern auf dem Gelände des PSA-Traditionsstandorts Sochaux. „Die Region ist bereit, jedwedes Projekt zur Installation eines Batterieproduktionskomplexes zu prüfen“, schreibt Dufay. Insbesondere im Auge hat sie dabei aber ein 50 Hektar großes Areal auf dem PSA-Gelände, das – wie sie hervorhebt – „bereits über Bahn-, Straßen- und Flussanschlüsse sowie geeignete Industriegebäude verfügt“.

Im Zuge eines 200-Mio-Euro-Projekts ist der französische Autobauer aktuell mit der Modernisierung dieses Standorts beschäftigt – auch mit Blick auf das Zukunftsfeld E-Mobilität. Fakt ist: In der Region ist die Automobilbranche tief verwurzelt, 45.000 Arbeitsplätze hängen von dem Sektor ab. Sochaux und das benachbarte Mulhouse konzentrieren mehr als die Hälfte der französischen Automobilproduktion. Ähnlich wie in vergleichbaren Hochburgen in Deutschland will man auch hier „den Wandel gestalten“, wie es so schön heißt.

PSA hat bereits mehrfach betont, den Aufbau einer hiesigen Zellfertigung mitzutragen: „Wir sind sehr begeistert davon, die Schaffung eines Champions für Batterieentwicklung und -herstellung in Europa zu unterstützen, denn auch hier müssen wir die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie gegenüber dem Rest der Welt schützen“, äußerte Vorstandschef Carlos Tavares bereits Anfang des vergangenen Jahres. Auch Frankreichs zweiter großer Autobauer Renault hat zwischenzeitlich signalisiert, künftig europäische Zellen abnehmen zu wollen.

Präsident Macron hat in seiner jüngsten Rede zu dem Thema gar einen „europäischen Weckruf“ gefordert. „In Bezug auf Souveränität und Unabhängigkeit halte ich es auf lange Sicht nicht für gut, dass unsere und die europäische Industrie zu 100 Prozent von Nicht-Europäern abhängig sind“, sagte er vor Branchenvertretern. Das Dilemma ist erkannt – ob es auch schnell angegangen wird? Stand Dezember, wollen Deutschland und Frankreich noch „vor Ende des ersten Quartals 2019“ eine Entscheidung bezüglich der Industriekonsortien „einschließlich Automobilhersteller“ für die angestrebte Produktion von Batteriezellen treffen. Die Uhr tickt.

Eine Million Elektro- und Hybridfahrzeugen bis 2022

Unterdessen hat der französische Präsident in derselben Rede teils neue Maßnahmen angekündigt, um das gesteckte Ziel von einer Million Elektro- und Hybridfahrzeugen auf Frankreichs Straßen bis 2022 zu erreichen. So soll der von der Regierung auf den Kauf von E-Fahrzeugen gewährte Umweltbonus auf mehrere Jahre hinaus fixiert werden. Außerdem will die Regierung Anreize für Firmenwagen mit E-Antrieb und Lademöglichkeiten am Arbeitsplatz schaffen bzw. Steuerkomplikationen in diesem Bereich abschaffen. Kommunale Flotten sollen darüber hinaus Vorbildcharakter haben und schon binnen drei Jahren zur Hälfte aus „emissionsarmen Fahrzeugen“ bestehen.

Was das Ladenetz angeht, kündigte Macron die Fortsetzung des sogenannten Advenir-Programms an, das Subventionen für die Installation von Ladestationen gewährt. Schnelle Fortschritte fordert er von Ladenetzbetreibern bei den Themen Interoperabilität und Roaming ein. Auch soll eine Karte mit allen öffentlichen Ladestationen entworfen und online zugänglich gemacht und im Mai eine behördliche Informationswebsite namens jechangemavoiture.gouv.fr freigeschaltet werden.

Doch damit nicht genug: Der Staatschef will auch Wohnungseigentümer dazu verpflichten, schneller auf die Forderung nach Heimladern seitens der Bewohner zu reagieren und lokalen Behörden die gesetzliche Option einräumen, kostenloses Parken oder separate Verkehrsspuren für E-Fahrzeuge einzuführen. Und schließlich soll das Projekt „Inifini Drive“, das sich mit der Entwicklung eines Kommunikationsstandards zwischen Fahrzeug, Ladestation und Stromnetz befasst, mit 3,4 Millionen Euro finanziert werden. Das nennt man dann wohl einen e-mobilen Rundumschlag.
automobile-propre.com, estrepublicain.fr, reuters.com (Zellfertigung), fr.reuters.com (PSA), automobile-propre.com, avere-france.org (beide Maßnahmenpaket)

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