Sono Motors: Radikal neue Finanzierungsstrategie

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Das Münchner Startup Sono Motors hat seine Finanzierungsstrategie radikal geändert. Statt auf strategische Investoren setzt Sono nun wieder verstärkt auf Crowdfunding. Der kurzfristige Finanzbedarf scheint hoch, wie eine nun gestartete Kampagne vermuten lässt. Auch die Produktion des Sion verschiebt sich deutlich.

In der heute gestarteten Crowdfunding-Kampagne will das Unternehmen 50 Millionen Euro einnehmen – und das bis gerade einmal zum 30. Dezember 2019. Innerhalb von vier Wochen sollen 2.000 Fahrzeugreservierungen erreicht werden, wie aus einer Mitteilung des Unternehmens hervorgeht. Die Zahlungen der Reservierer werden aber nur fällig, wenn auch das Kampagnenziel erreicht wird, wie eine Sprecherin auf Nachfrage betont.

Doch wer sich jetzt für eine Investition entscheidet, muss auf seinen Sion noch einige Zeit warten: Da der grundlegende Strategiewechsel bei der Unternehmensfinanzierung „die Erschließung neuer Finanzmittel erforderlich macht“, verschiebt sich die Produktion der ersten Fahrzeuge auf September 2021, wie Sono Motors in der Mitteilung schreibt. Falls er überhaupt gebaut wird: Wenn das Finanzierungsziel nicht erreicht wird, wird der Sion in der geplanten Form nicht auf die Straße kommen, wie das Unternehmen klarstellt.

Um die Interessenten trotz dieser Aussicht (und dem Risiko, dass die Neuausrichtung scheitert) von der Investition zu überzeugen, hat sich das Gründerteam um Laurin Hahn, Jona Christians und Navina Pernsteiner zu einem ungewöhnlichen Schritt entschlossen: Sie bringen ihre noch verfügbaren Gewinnbeteiligungen (64 Prozent der Gewinnbezugsrechte) in einen Community Pool ein. Sprich: Sie übertragen ihre angepeilten Gewinne auf die heutigen Reservierungsinhaber eines Sion. Sie verzichten auf persönliche Gewinne, wollen aber ihre Stimmrechte behalten. Aktuell hält das Gründerteam 74 Prozent der Unternehmensanteile.

In der kommenden Woche wollen Hahn und Christians bei einigen Veranstaltungen in Deutschland den direkten Austausch mit Reservierungsinhabern suchen, um Fragen rund um die Finanzierungskampagne zu beantworten.

Mit der bisherigen Finanzierungsstrategie, bei der auch internationale Finanzinvestoren eine Rolle gespielt haben, sehen die Gründer inzwischen das Konzept des Sion als bedroht an. „Wir haben in den letzten Monaten immer wieder feststellen müssen, dass unsere Ziele in völligem Widerspruch zu denen klassischer Finanzinvestoren stehen“, sagt Co-CEO Hahn. „Aggressives Wachstum und schnelle Profite lassen sich kaum mit einem nachhaltigen Unternehmens- und Fahrzeugkonzept vereinbaren, das den Zugang zu bezahlbarer und klimafreundlicher Elektromobilität in der Breite ermöglichen soll.“

Die Entwicklung eines Autos ist kapitalintensiv, die Fertigung ebenfalls. Laut den bisherigen Plänen sollte der Sion ab 2020 bei NEVS in Schweden gebaut werden, innerhalb von acht Jahren sollten 260.000 Exemplare gebaut werden. An den geplanten Stückzahlen und NEVS als Produktionspartner will Sono aber festhalten.

Mit „klassischen“ Investoren will Sono Motors den Finanzbedarf nun nicht mehr decken – aus Sicht der Gründer hätte das „Abwandern von Technologie und Patenten letztendlich das Aus für das zukunftsweisende Konzept des Sion“ zur Folge gehabt. Stattdessen will sich das Unternehmen jetzt über die Community finanzieren, die „die sich ein profitables, aber verantwortungsvoll handelndes Unternehmen wünscht“, wie es Jona Christians ausdrückt. „Wir haben uns im Spannungsfeld zwischen unseren Versprechen an die Reservierer und den Anforderungen von Investoren zerrieben und zunehmend verbogen“, sagt der Co-CEO und Mitgründer. „Das mussten wir unbedingt korrigieren. Soziale Verantwortung und Klimaschutz wären sonst auf der Strecke geblieben und damit all das, wofür wir angetreten sind.“

Neben den offenbar unvereinbaren Vorstellungen der Finanzinvestoren sieht Hahn ein grundsätzliches Defizit in Deutschland. „Zusätzlich funktioniert die Bereitstellung von Wagniskapital für Startups mit kapitalintensiven Geschäftsmodellen in Deutschland weder in der Früh- noch in der Wachstumsphase“, so Hahn. „Hier besteht dringender Handlungsbedarf auf Seiten der Politik. Es muss möglich sein, ein solches Zukunftsprojekt in Deutschland umzusetzen und in den wirtschaftlichen Erfolg zu führen.“
Quelle: Info per E-Mail

34 Kommentare

zu „Sono Motors: Radikal neue Finanzierungsstrategie“
Martin K.
01.12.2019 um 18:20
Ja jetzt sind wieder die Bedingungen schuld. Und das man sich so verbiegen müsste. Das man aber am Markt vorbei bauen will, sieht man nicht ein. Dieses Verbohrte mit den Solarzellen und dem einhergehenden Schwarz als einzige Farbe. Aber Hauptsache Solar, damit rettet man die Welt. Besser Preiswert und praktikabel, eine Akku Garantie wie es Standard ist und das Verbessern dann wenn der Laden und die Produktion läuft. So findet man genug Gründe warum die Gesellschaft nicht bereit ist Hunderte Millionen zu verballern, so wie anscheinend auch die Investoren. Jeder Unsinn wird mit Geld zu geworfen. Nur hier will keiner?
Uwe
02.12.2019 um 12:58
Nee, die wollten schon! Die Probleme sind nur die Bedingungen und die Motivation:1. Gier. Gier. Gier. 2. Macht. Macht. Macht.Und: erwartet habe ich das eigentlich schon früher. Habe mich schon gewundert und gehofft.Aber so wird es (hoffentlich) tatsächlich eine neue Form der Mobilität.
Hendrik
02.12.2019 um 11:52
Lieber Martin,es hat seine Gründe, warum es in Deutschland seit fast 100 Jahren keinen neuen Automobilhersteller mehr gab. Und auch sonst keine nennenswerten großen Industrieunternehmen mehr. Deutschland ruht sich seit Jahrzehnten auf dem Wohlstand der Vergangenheit aus und unsere wohlhabende Elite steckt ihr Geld lieber in Kunstwerke und Immobilien, als in Innovationen und die Zukunft. In Deutschland gibt es keinen Elon Musk, keinen Richard Branson oder Bill Gates.Deshalb wird die deutsche Industrie inzwischen links und rechts überholt von innovativen Unternehmen aus Asien und den USA. Mir wird Angst und Bange, wenn ich Kommentare wie Ihren lese. Denn darin spiegelt sich die ganze Arroganz und Angst einer Generation wieder.Als junges Unternehmen in einer innovativen Branche Geld zu bekommen, ist in Deutschland nahezu unmöglich. Und das liegt nicht an fehlenden Ideen oder falschen Konzepten - kluge Köpfe gibt es bei uns genug. Das liegt nur an der Beschränktheit und der Ideenlosigkeit der Entscheider, der Banken und der Politik. Und an Kunden, die lieber immer wieder das gleiche kaufen.Schade ist es um so ein junges und innovatives Unternehmen. Ich drücke ihnen jedenfalls die Daumen, dass sie es schaffen. Die deutsche Wirtschaft braucht genau solche Innovatoren.
mike
02.12.2019 um 10:10
wie war das bei der Abwrackprämie? ah stimmt es waren Mrd. nicht Mio. ... toll
Chief
02.12.2019 um 08:00
Wer ist denn bitte hier verbohrt? Haben Sie denn überhaupt verstanden das das Fahrzeug überhaupt kann? Oder fahren Sie mit Ihrem Eimer Farbe durch die Gegend herum? Viel Spaß dabei
Günther
01.12.2019 um 19:22
es tut leid um die drei Gründer, die dann von allen nachfolgenden auch noch falsch beraten wurden.Aber es war absehbar, dass es so gekommen ist.
Felix Deitert
06.12.2019 um 10:41
Was meinst du mit falsch beraten? Falls du die Investorenrunden, die sich in die Länge gezogen haben meinst: Was wäre aus deiner Sicht die Alternative gewesen? Was diese Firma bisher auf die Beine gestellt hat ist einfach großartig. Diesen Mut und diese Überzeugung von ihrer Vision gebührt Respekt und volle Unterstützung. Gerade, wer sie in den letzten Tagen erlebt hat, sieht wie transparent sie mit offenen Karten spielen. Ich werde meine Anzahlung definitiv aufstocken! #staysono
Mike
01.12.2019 um 21:13
Gibt es für die falsche Beratung Belege?
Rene
01.12.2019 um 21:23
Das Konzept ist einfach zu gut um zu Überleben,da hat die fossile Lobby