Audi-Chef Duesmann sieht Batterie-Probleme beim e-tron als „gelöst“

Wegen Lieferprobleme mit Batteriezellen musste Audi im Frühjahr die Produktion des e-tron quattro in Brüssel stoppen. In einem Interview erklärte der neue Audi-Chef das Problem für gelöst – und sprach auch über die Ziele des Artemis-Projekts.

++ Dieser Beitrag wurde aktualisiert. Sie finden die neuen Infos ganz unten. ++

„Seit Anfang Mai fahren wir bereits wieder zwei Schichten in Brüssel“, sagte Duesmann im Interview mit dem Handelsblatt. „Wir haben gelernt: Die Kunden wollten ohnehin vor allem die größeren Batterien.“ Audi bietet den e-tron und e-tron Sportback bekanntlich mit zwei Batteriegrößen an, das als „55“ verkaufte Modell kommt brutto auf 95 kWh (netto: 86,5 kWh), der kleinere „50“ kommt auf 71 kWh.

Die Lieferprobleme bei den Batteriezellen, von denen auch andere Hersteller betroffen waren, waren dem Vernehmen nach auf das Werk von LG Chem in Polen zurückzuführen. Dort soll es beim Aufbau neuer Produktionsanlagen zu Qualitätsproblemen gekommen sein, was kurzfristig die Produktion stark verringert hat. Audi nutzt die Pouch-Zellen von LG Chem für die große 95-kWh-Batterie, während im e-tron quattro 50 prismatische Zellen von Samsung SDI verbaut werden.

Angesichts der Auswirkungen bei Lieferproblemen eines so wichtigen Lieferanten könnte man meinen, dass Audi den Einkauf breiter aufstellen wird, um solche Effekte besser abfangen zu können. Stattdessen sagt Duesmann: „Wir hatten für zwei Batteriegrößen zwei Lieferanten – das hat sich so nicht bewährt.“ Was genau der Audi-Chef damit meint und welche Folgen es für künftige Modelle haben könnte, geht aus dem Interview aber nicht hervor.

Als Verkaufsziel für den e-tron nannte Duesmann 40.000 Einheiten am Ende des Jahres. „Wir haben den Audi e-tron im ersten Halbjahr gut 17.000-mal verkauft“, sagte Duesmann als Zwischenstand. Der e-tron sei Marktführer bei elektrischen SUV in Europa.

Verschlafen hat Audi die Elektromobilität aus Sicht des früheren BMW-Vorstands nicht. „Es tut schon weh, das immer wieder zu hören“, so Duesmann. „Doch es gab lange keine Käuferschicht und keine Ladeinfrastruktur. Jetzt kommt das Thema in Gang.“ Auch die im Bau befindliche Gigafactory in Brandenburg sieht der Audi-Chef nicht als Weckruf. „Wer das gebraucht hat, um wach zu werden, der hat fest geschlafen“, sagt Duesmann. „Wahr ist, dass die Innovationskraft von Tesla nicht richtig eingeschätzt wurde.“

Die Innovationskraft von Tesla sieht der frühere Formel-1-Ingenieur aber nicht in den Batteriezellen – „die Chemie beherrschen wir auch“. „Beim Thema Rechner und Software-Architektur hat Tesla sicher zwei Jahre Vorsprung, beim automatisierten Fahren auch“, stellt Duesmann fest. „Allerdings nehmen wir unsere Aufgabe gerade in diesem Feld sehr ernst.“

Was Duesmann mit Artemis erreichen will

Hier will Audi mit dem von Duesmann angestoßenen Artemis-Projekt aufholen. Bis 2024 soll das erste Produkt (ein „hocheffizientes Elektroauto“) fertig sein – als Name wird schon der Audi A9 gehandelt. „Es geht nicht nur um Elektromobilität, es geht nicht nur um Digitalisierung, es geht nicht nur um autonomes Fahren. Es geht um die Kombination von allem“, sagt Duesmann. „Wir haben schon sehr konkrete Ideen, wie das Auto aussehen soll, aber dazu verrate ich jetzt noch nichts.“

Kern des Projekts ist, dass Artemis rund um Alex Hitzinger außerhalb der üblichen Audi-Organisation angesiedelt ist. „Wir werden mit neuesten Prozessen und schnelleren Abläufen arbeiten“, so Duesmann. „Artemis ist Versuchslabor für Technologie und Prozesse.“ Wie ein Rennteam, das innerhalb weniger Monate einen hochkomplizierten Rennwagen für die kommende Saison entwickelt, soll die Artemis-Mannschaft agil arbeiten können. Duesmann spricht von „neuen Formen der Zusammenarbeit“ und dass man „viel mit Daten arbeiten“ werde. „Es wird ein Kompetenzzentrum, wie wir es noch nicht hatten.“

Innerhalb der in Automobil-Produktzyklen recht kurzen Zeit soll Artemis ein auch bei der Software fertiges Auto liefern. In Kernpunkten wie dem autonomen Fahren viel mit Updates zu arbeiten, scheint Duesmann nicht zu favorisieren. „Wenn unsere Kundinnen und Kunden das Steuer loslassen, ist das eine große Verantwortung“, sagt der Audi-Chef. „Hier mit Betaversionen oder Versprechungen zu arbeiten kommt nicht infrage.“

Update 28.07.2020: Inzwischen hat Audi eine Erklärung dafür geliefert, was Duesmann mit seinem Hinweis, dass sich die zwei Lieferanten für zwei Batteriegrößen nicht bewährt hätten, genau gemeint hat. „Eine Mehrlieferantenstrategie muss so ausgelegt sein, dass jeder Lieferant von Anfang an alle Varianten beherrscht“, so ein Audi-Sprecher gegenüber electrive.net. Sprich: Es hat sich nicht bewährt, dass es nur einen spezifischen Lieferanten für jeweils eine Batterie-Variante gab – weil es quasi wieder ein Ein-Quellen-Bezug war.

Es sei von Anfang an geplant gewesen, dass im Laufe des Produktlebenszyklus die 95-kWh-Variante aufgrund von höchster Stückzahl am flexibelsten gestalten werde. „Seit einigen Wochen“ werde das in der Serienproduktion auch umgesetzt. Sprich: Auch Exemplare der 95-kWh-Batterie werden inzwischen mit prismatischen Zellen von Samsung SDI bestückt, andere weiterhin mit Pouch-Zellen von LG Chem. „Das Batteriesystem bietet aufgrund der modularen Bauweise seit Beginn die Möglichkeiten dafür“, so der Sprecher. „Für den Kunden hat das keinen Unterschied.“
handelsblatt.com

5 Kommentare

zu „Audi-Chef Duesmann sieht Batterie-Probleme beim e-tron als „gelöst““
Herbert Wertig
23.07.2020 um 11:20
"Doch es gab lange keine Käuferschicht und keine Ladeinfrastruktur. "Der (zweit)größte PKW-Hersteller der Welt konnte natürlich keine Lade-Infrastruktur im Mutterland bereitstellen ;-) So etwas schafft nur ein (damals) kleines Start-Up aus dem Ausland.
Sebastian
24.07.2020 um 17:49
Ich liege Audi seit 2012 mit E-Mobilitaet in den Ohren. Ich habe auch mehrfach sowohl in Ingolstadt als auch bei meinem Haendler nachgefragt. Ich bin dann - schweren Herzens - bei Tesla gelandet und habe es nicht bereut. Nach mehr als 25 Jahren nur deutscher Autos (zuletzt eben ein Audi) bin ich nun mit einem Ami sehr sehr gluecklich.
TL431
27.07.2020 um 12:54
" Was genau der Audi-Chef damit meint und welche Folgen es für künftige Modelle haben könnte, geht aus dem Interview aber nicht hervor." So wie ich an anderer Stelle gehört habe, fertigt Audi nun auch die große Batterie mit Samsung Zellen.
Tilo
29.07.2020 um 14:02
Also mein Audi etron war nach 400 km Laufleistung, 5 Tage alt...mit Motorschaden in der Werkstatt. Der Motor musste getauscht werden! Leider steht er nun schon 10 Wochen in der Werkstatt, oder schon beim Händler!? Ich weiß es nicht genau - Audi hält sich "bedeckt" und antwortet seit 14 Tagen, nachdem sich mein Anwalt eingeschaltet hat, nicht mehr. Ich bin halt nur nicht mobil - aber das scheint weder Audi Leipzig Süd noch Audi Ingolstadt zu interessieren... Schade!
Jonny
06.12.2020 um 13:15
Premiumhersteller halt,aber über Tesla Qualität lästern,pffff....

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Lesen Sie auch