Erstes polnisches E-Auto Izera enttäuscht die Medien

In dieser Woche wurde das lang ersehnte erste polnische E-Auto, der Izera, vorgestellt. ElectroMobility Poland (EMP), der Entwickler des Fahrzeugs, präsentierte dabei dem Fachpublikum zwei anschauliche Prototypen – konnte aber viele Fragen nicht beantworten.

Bei der Präsentation, zu der ElectroMobility Poland nach Sokołów in der Nähe der Hauptstadt Warschau eingeladen hatte, wurden zwei Batterievarianten mit 40 und 60 kWh angekündigt. In 30 Minuten soll das Auto an einer entsprechenden Schnellladestation auf 80 Prozent laden können, die voraussichtliche Reichweite gibt der Hersteller mit 400 Kilometern an.

Bei der Präsentation waren die wichtigsten Kommentatoren und Fachredakteure der polnischen Medien anwesend. Agata Rzędowska, die als Fachjournalistin für die wichtigsten polnischen Fachportale schreibt, berichtete von zwei optisch ansprechenden Prototypen, die gezeigt wurden – ein Kompaktwagen und ein E-SUV. Ansonsten überwogen die ungeklärten Fragen, nach der Finanzierung des Produktionsprozesses, den Batterielieferanten und der Information zum voraussichtlichen Verkaufspreis des Izera.

Electromobility Poland gehört den staatlichen Energiekonzernen PGE, Tauron, Enea und Energa. Das erklärte Ziel des Projekts war es, ein E-Auto zu entwickeln, das möglichst auf Komponenten polnischer Zulieferer zurückgreift. Wie sich bei der Vorstellung gezeigt hat, ist das nur bedingt gelungen: Angefangen mit dem Design, das zwar vom polnischen Top-Designer Tomasz Jelec entworfen wurde, jedoch in einem italienischen Büro (Torino Design) entstand. Die Komponentenintegration geht auf das deutsche Unternehmen EDAG zurück.

Wie Bartłomiej Derski von dem Portal WysokieNapiecie berichtet, wird das Fahrzeug auf einer vorhandenen Elektroauto-Plattform basieren, die zugekauft werden soll – nur so soll sich laut EMP-Vertretern der straffe Zeitplan einhalten lassen. Wie EMP-Präsident Piotr Zaremba sagte, stehe man mit zwei potenziellen Partnern in Verhandlungen. Namen nennt Zaremba nicht, aber es scheint klar, dass es kein polnisches Unternehmen sein wird. Die wahrscheinlichen Partner hierfür sind laut Derski Volkswagen mit der MEB-Plattform, Toyota mit der e-TNGA oder Hyundai mit der neuen E-GMP. Allerdings ist bei den beiden letztgenannten noch nicht einmal klar, ob und wann sie ihre Plattfromen auch Drittkunden anbieten wollen. Gut möglich also, dass auch Plattformen von Zulieferern gemeint sind. Projektpartner EDAG entwickelt etwa selbst eine skalierbare Elektro-Architektur.

Wojciech Jakóbik, einer der wichtigsten Energieexperten Polens und Chefredaukteur von BisnezAlert.pl, sprach während der Veranstaltung mit mehreren Vertretern von EMP, die darauf verwiesen, dass die Entwicklung eines E-Autos das Know-how ausländischer Firmen braucht und dieses Wissen vorteilhaft für die Marke Izera sei. Die Fertigung des Izera soll an einem Standort in Schlesien im Jahr 2023 beginnen – laut EMP mit 3.500 Mitarbeitern.

Agata Rzędowska schreibt in ihrem Bericht, dass die Vertreter der großen Energiekonzerne der Veranstaltung ferngeblieben sind – bei den Gästen der Präsentation nicht gut ankam. Ebenso häufig bemängelte man die Form der Präsentation, die unter aktuellen Bedingungen der Covid-19-Pandemie ebenso gut online hätte stattfinden können.

Über die Autorin

Aleksandra Fedorska ist polnisch-deutsche Politologin und Publizistin. Sie arbeitet als Korrespondentin für polnische und deutsche Medien in den Fachbereichen Energiepolitik und E-Mobilität. Fedorska lebt und arbeitet im schleswig-holsteinischen Jagel und in der polnischen Stadt Poznań. U.a. berichtete sie hier auf electrive.net über den Elektrobus-Boom in Polen, über das polnische Förderprogramm für E-Fahrzeuge, Rafako, eigentlich ein Spezialist für Kraftwerksanlagen, der einen Elektrobus entwickelt hat, über ukrainische Hersteller, die ihre Chance auf dem Markt für Elektrobusse suchen, über den kleinen E-Auto-Boom in der Ukraine oder auch die Kaufprämie für E-Autos in Polen.

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