Neues Werk in Holland: Hyzon ist in Europa angekommen

Hyzon Motors forciert seinen Einstieg in den europäischen Markt für wasserstoffbetriebene Brennstoffzellen-Nutzfahrzeuge. In einer neuen Produktionsstätte in den Niederlanden sieht der US-Hersteller eine Drehscheibe für den Absatz. Im nächsten Jahr sollen dort bis zu 1.000 Trucks vom Band rollen. Wir haben uns die Produktion genauer angeschaut.

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Wo früher eine Papierfabrik stand, befindet sich heute die europäische Produktionsstätte von Hyzon Motors. Mit 120.000 Quadratmeter Fläche und zwei Produktionsanlagen ist das Werk das größte des US-Anbieters von wasserstoffbetriebenen Brennstoffzellen-Nutzfahrzeugen mit Hauptsitz in Rochester im Bundesstaat New York. Die Niederlassung in dem mehr als 18.000 Bewohner zählenden Ort Winschoten in den Niederlanden soll die europäische Drehscheibe für die Fahrzeugmontage und die Entwicklung neuer Fahrzeugtechnologien werden.

Um das europäische Werk zum Laufen zu bringen, musste Hyzon die alte Papierfabrik umbauen und renovieren: Vor allem das elektrische System musste zur Deckung des künftigen Strombedarfs aufgerüstet werden. Kräne, Prüfgeräte und Hebebühnen wurden installiert. Es dauerte sechs Monate, bis allein die erste Anlage fertiggestellt wurde. Im März 2021 wurde die Niederlassung eröffnet.

Fast alle Produktionsschritte sind an dem Standort untergebracht. „Herstellung, Integration, Validierung und Prüfung einzelner Fahrzeugkomponenten“, zählt eine Pressesprecherin auf Nachfrage einzelne Aktivitäten auf. In zwei Anlagen stellt Hyzon auf einer Fläche von 30.000 Quadratmetern Komponenten wie Kabelsätze, Batteriemodule, Wasserstoffspeichersysteme sowie E-Rahmen her. Die Wasserstoffspeichersysteme werden beispielsweise auf zwei Produktionslinien finalisiert: „Eine für die Rahmenschiene und eine für die Trennwände, die die Zylinder an Ort und Stelle halten und die aus recycelten Kunststoffblöcken bestehen.“

Zur Realisierung der Lkw lässt sich Hyzon Bausätze von DAF-Lkw ohne Dieselmotorkomponenten liefern, die genannten Teile integriert das Unternehmen in dem niederländischen Werk. Das Brennstoffzellensystem kommt von Horizon Fuel Cell aus den USA, dem Hauptanteilseigner von Hyzon. Andere Komponenten wie Module, Onboard-Ladegeräte und Tanks werden hauptsächlich von europäischen Anbietern produziert und zugeliefert.

Da bereits ein Bestand an Komponenten aufgebaut worden sei, ist der Bau innerhalb kurzer Zeit möglich. „Sobald alle Komponenten hergestellt sind und der Bausatz eintrifft, ist die Integration innerhalb von ein bis zwei Wochen abgeschlossen“, so die Pressesprecherin. Bevor die Fahrzeuge an die Kunden gehen, werden sie in Betrieb genommen und getestet. Bis zu zwölf Lkw auf einmal könne das Unternehmen produzieren.

Nicht alle Lkw-Modelle, die Hyzon im Portfolio hat, werden in Winschoten gebaut. Das liege an regionalen Unterschieden in der Produktionslinie. In den USA wird auf einem Freightliner- und nicht auf einem DAF-Fahrgestell gebaut, erläutert die Pressesprecherin. Zwischen den Standorten sei die Zusammenarbeit aber eng, es bestehe ein reger Austausch. Die Europäer unterstützen den Aufbau der Produktion in den USA und in Australien, die Mitarbeiter in den USA leisten „technische und ingenieurtechnische Beratung in Bezug auf das zentrale Brennstoffzellensystem“. Was die Produktion der Fahrzeuge angehe, sei die europäische Anlage der US-amerikanischen voraus, so die Sprecherin weiter.

Neben der Produktion der Komponenten und der Endmontage der Fahrzeuge treibt Hyzon in dem niederländischen Werk auch die Technologieentwicklung voran. Das Unternehmen sei dabei, Verbesserungen an der Elektroachse, dem Wasserstoffspeichersystem, dem Batteriepack sowie dem Onboard-Ladegerät vorzunehmen. Einige Prozesse seien schon abgeschlossen. Seine Elektroachse eAxle stellte Hyzon im Mai vor. Das System verwendet einen Motor pro Rad und soll einen Wirkungsgrad von bis zu 97 Prozent erreichen.

Dass sich Hyzon für die Niederlande als europäischen Stützpunkt entschieden hat, ist kein Zufall. Die nördliche Region ist die erste in Europa, die von der Fuel Cells and Hydrogen Joint Undertaking (FCH JU), eine öffentlich-private Partnerschaft zur Unterstützung von Forschung, technologischer Entwicklung und Demonstration im Bereich der Brennstoffzellen- und Wasserstofftechnologien in Europa, einen Zuschuss gewährt bekommen hat. Laut Hyzons Pressesprecherin herrscht in der Region ein wasserstofffreundliches Umfeld, „das großes kommerzielles Interesse und viel Innovation hervorgerufen“ hat. In den Niederlanden befindet sich außerdem der Standort vom Joint-Venture-Partner Holthausen Clean Technology.

Neben Inbound- und Outboundstrategien helfen auch viele Tankstellen in der Gegend dem Unternehmen, seine Produkte bekannter zu machen. Es sei einfach, „einen Hyzon-Lkw beim Tanken zu sehen“. Das führe zu Anfragen von anderen Fahrern.

Hyzon will wachsen und sieht auf dem europäischen Markt viel Potenzial. Das Unternehmen geht davon aus, „dass wasserstoffbetriebene Fahrzeuge im Laufe der nächsten Jahre von Nordeuropa aus über den gesamten Kontinent rollen werden“. Einer Mitteilung vom Oktober zufolge können in Winschoten derzeit bis zu 500 Trucks pro Jahr produziert werden. Im kommenden Jahr will Hyzon die Kapazitäten auf bis zu 1.000 Trucks steigern. Möglich machen sollen das „betriebliche Aktualisierungen und die Einrichtung einer zweiten Schicht“, wie es in der Mitteilung heißt.

Die Pressesprecherin bringt es in anderen Worten auf den Punkt: Vor allem seien „mehr Hände“ notwendig. Jeden Tag würden Produktionsmitarbeiter, Ingenieure und Mechaniker eingestellt. Derzeit arbeiteten in dem niederländischen Werk etwa 55 Personen, in den kommenden zwei Jahren soll die Anzahl der Mitarbeiter auf rund 235 steigen.

Das nächste Ziel sei der Übergang zur Massenproduktion. Die Nachfrage sei groß. Mit Blick auf die Produktionsfläche der niederländischen Niederlassung sagt sie, bleibe noch viel Platz zum Wachsen.
hyzonmotors.com

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