Tesla erwägt 800-Volt-System für Semi und Cybertruck

Tesla erwägt für den Cybertruck und den Semi den Einsatz einer 800-Volt-Architektur. Das sagte Tesla-Manager Andrew Baglino im Rahmen der Investorenkonferenz zu den jüngsten Quartalszahlen. Zudem äußerte er sich auch zu 800-Volt-Überlegungen für andere Modelle.

Am Mittwochabend hatte Tesla den Geschäftsbericht für das erste Quartal 2022 vorgelegt – selbst im Vergleich zum bisherigen Rekordquartal (Q4 2021) konnte Tesla den Gewinn nochmals um eine Milliarde Dollar auf 3,32 Milliarden Dollar steigern. Der Umsatz erreichte ebenfalls einen neuen Rekordwert.

Interessant bei den Quartalszahlen von Tesla sind traditionell nicht nur die Punkte, die das Unternehmen in der Investoren-Mitteilung veröffentlicht, sondern auch die Aussagen in der anschließenden Telefon-Konferenz. Während andere Unternehmen wohl dosierte Zitate zur Geschäftsentwicklung oder Zukunftstechnologien ihrer Vorstandsmitglieder in die Mitteilung einbauen, agiert Tesla in dem Call freier – mal kommen eher allgemeine Aussagen, manchmal äußern sich die Manager aber auch sehr konkret.

So auch in diesem Fall: Drew Baglino, Senior Vice President Powertrain an Energy Engineering, antwortete auf eine Frage, warum Tesla die Einführung einer 800-Volt-Architektur angesichts von Modellen wie dem Porsche Taycan, Audi e-tron GT, Hyundai Ioniq 5 und Kia EV6 sowie dem 900-Volt-Modell Lucid Air vermeide, dass Tesla sehr wohl an einem 800-Volt-System arbeitet.

Vorteile des 800-Volt-System konkurrieren mit den Gesamtkosten

Allerdings sieht Tesla die Entwicklung wohl differenziert: Demnach würden die Vorteile des 800-Volt-Systems (höhere Ladeleistung bei gleicher Stromstärke oder bei gleicher Ladeleistung geringere Kabelquerschnitte) durch die Gesamtkosten „massiv aufgewogen“ werden, wie Baglino angab.

„Für die kleineren Plattformfahrzeuge wie Model 3 und Y gibt es einige Vorteile und Nachteile mit 800 Volt. Nicht alles ist besser“, so der Antriebsentwickler. „Und so schauen wir uns diese Plattform an und ignorieren nicht die Realität, dass Sie zu einer höheren Spannung gehen können – aber auf dieser Plattform gibt es nichts, was uns wirklich dazu ermutigt.“

Tesla erreicht bekanntlich auch mit 400 Volt in den genannten Modellen vergleichbare Spitzen-Ladeleistungen wie die 800-Volt-Stromer von Hyundai-Kia, kann dieses Niveau aber kürzer halten. Die Ladezeit ist in der Folge einige Minuten länger.

Baglino sieht aber bei Fahrzeugen, die eine höhere Ladeleistung oder mehr Drehmoment benötigen, mehr Vor- als Nachteile. „Es gibt ein bisschen mehr Halbleiter- und tatsächliche Leitereinsparungen, wenn wir auf die höhere Spannung gehen. Und so ziehen wir das für Semi und Cybertruck in Betracht“, sagt der Manager. „Aber für die 3/Y-Plattform, auf der wir alles zum Laufen gebracht haben, ist der Vorteil fragwürdig gering.“

Auch Elon Musk äußerte sich nach Baglinos Ausführungen zu dem Thema: Selbst wenn Tesla bei der Umstellung von 400 auf 800 Volt je Fahrzeug 100 Dollar einsparen könnte, würde die Entscheidung an anderer Stelle „enorme Kosten“ verursachen: Das gesamte Supercharger-Netz mit inzwischen über 33.000 Ladepunkten müsste dann ebenfalls auf 800 Volt umgerüstet werden.

Zudem bestätigte Musk im Rahmen des Investoren-Calls zudem, dass das bei der Eröffnung der Giga Texas angekündigte dedizierte „Robotaxi“ von Tesla 2024 in Produktion gehen soll. Damit käme das Fahrzeug ein Jahr nachdem in der Giga Texas die Produktion des Semi, Cybertrucks und Roadsters angelaufen ist. Dieses Fahrzeug soll dann kein Lenkrad oder Pedale mehr haben. „Und es gibt eine Reihe anderer Innovationen drumherum, die ich ziemlich spannend finde“, so Musk.
insideevs.com (800 Volt), insideevs.com (Robotaxi)

7 Kommentare

zu „Tesla erwägt 800-Volt-System für Semi und Cybertruck“
Michael
22.04.2022 um 16:48
Interessant wie sich die Modelle immer mehr an normale LKW angleichen. Anscheinend hat sich das "1-Mann in der MItte" Cockpit nicht so richtig bewährt. Tja, die Realität ist hart.
Jakob Sperling
22.04.2022 um 23:38
Musk: Selbst wenn Tesla bei der Umstellung von 400 auf 800 Volt je Fahrzeug 100 Dollar einsparen könnte, würde die Entscheidung an anderer Stelle „enorme Kosten“ verursachen: Das gesamte Supercharger-Netz mit inzwischen über 33.000 Ladepunkten müsste dann ebenfalls auf 800 Volt umgerüstet werden.Jetzt ist Tesla auch an diesem Punkt angelangt.Frage: Warum konnte Gott die Welt in nur 7 Tagen erschaffen?Antwort: Weil er nicht auf die installierte Basis Rücksicht nehmen musste.
Michael
23.04.2022 um 10:56
Die bestehenden Supercharger mit ihren kurzen Kabeln sind für LKW vermutlich sowieso nicht geeignet. Und ein LKW Ladenetz mit ca. 1MW wird in Kürze aufgebaut. Da kann Tesla also ganz neu planen.
Sebastian
23.04.2022 um 19:44
Was muss man da erwägen? Wenn Tesla fortschrittlich wäre, dann käme bei den genannten Fahrzeuge die 1.000 Volt Technik rein, oder gleich direkt von der Mittellandleitung geladen. 800 Volt haben doch heute schon Brot und Butter Autos.
Kitt
25.04.2022 um 07:47
es geht immer um den Nutzen, nie um die Eigenschaft eines Produktes.400V, 800V, 1000VKeine Ahnung mit wieviel Volt mein Tesla seit 4 Jahren lädt - aber er lädt und fahre entspannt von Supercharger zu Supercharger die immer funktionieren - immer! Und das bis zu 1200km am Tag.Auf diesen tollen Nutzen möchte ich nicht verzichten.Und was morgen kommt, warten wir’s ab.
Sebastian
02.05.2022 um 21:23
Das Thema ist ein Semi Truck... kein Tesla Begriff, sondern bedeutet: Zugmaschinedie fahren täglich min. 800 KM. Was deine "Erfahrungen" mit eine E-Auto sind, sind da deutlich untergeordnet. wenn nicht sogar belanglos.
Skodafahrer
25.04.2022 um 13:44
Die 800V Technik wird günstiger, wenn man sie in mehr unterschiedliche Fahrzeuge einbaut. Man könnte die gleiche Leistungselektronik zuerst im Sattelschlepper, im Pickup-Truck und in den großen PKW verbauen. Mit 400V Technik muss eine große Limousine länger als eine kleine Limousine laden, weil die Steckverbindung an Ihrer Grenze angekommen ist. Der Kunde eines 100000 € Autos möchte nicht am Supercharger von einem halb so teuren Auto überholt werden. Je später der Umstieg auf 800V kommt, umso höher sind die Umstellungskosten der bestehenden Supercharger.

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