BZ-Flugbetrieb: ZeroAvia kooperiert mit Shell und Flughafen Rotterdam Den Haag

Das auf elektrische Flugzeugantriebe spezialisierte Unternehmen ZeroAvia gibt eine Kooperation mit Shell und dem Flughafen Rotterdam Den Haag bekannt. Die Partner wollen sich auf kommerzielle Passagierflüge mit H2-Flugzeugen ab 2025 vorbereiten.

Teil der nun von dem Trio vereinbarten Vorbereitung des H2-Flugbetriebs ist es, bis Ende 2024 ein Konzept für den Betrieb von Wasserstoff an Flughäfen zu erstellen und Demonstrationsflüge zu europäischen Zielen zu absolvieren. Für die Demonstrationsflüge streben die Partner konkret die Einrichtung von europäischen Flugrouten zu Flughäfen im Umkreis von 250 nautischen Meilen – also rund 463 Kilometern – um Rotterdam an.

Der Flughafen Rotterdam Den Haag bildet den örtlichen Dreh- und Angelpunkt des Vorhabens. Shell soll als Partner innerhalb des Projekts die Infrastruktur beisteuern, indem der Energiekonzern seine Erfahrungen bei „der Entwicklung und dem Betrieb von Betankungsanlagen, einschließlich Wasserstoff“ einbringt. Grundsätzlich zielt das Vorhaben darauf ab, einen Flugbetrieb auf Basis des Wasserstoff-elektrischen ZA600-Antriebs von ZeroAvia zu ermöglichen. Im Januar demonstrierte der BZ-Antriebsexperte bekanntlich den Erstflug eines 19-sitzigen Flugzeugs, das von einem Prototyp seines ZA600 angetrieben wird.

„Mit diesem Konsortium (…) sind wir unserem Ziel, den kommerziellen Betrieb aufzunehmen, ein gutes Stück näher gekommen. Die ersten Passagiere auf emissionsfreien Flügen weltweit könnten von Rotterdam aus fliegen“, äußert Arnab Chatterjee, Vice President Infrastructure von ZeroAvia. „Es bleibt noch viel zu tun, aber mit der Festlegung klarer Meilensteine und Ziele beginnt jetzt die harte Arbeit an der Bereitstellung der Infrastruktur und der Erforschung der erforderlichen Protokolle und Normen.“

Auch Oliver Bishop, General Manager Hydrogen bei Shell, bezeichnet das Projekt als einen Meilenstein. Die Zusammenarbeit ermögliche die schnelle Dekarbonisierung eines schwer zu elektrifizierenden Sektors. „Sie bietet auch die Chance, eine der ersten internationalen emissionsfreien Passagierstrecken zu unterstützen und die Betankung mit mehreren Kraftstoffen und multimodalen Verkehrsträgern in einer realen Flughafenumgebung zu testen.“ Dies sei ein großer Schritt nach vorn für die Wasserstoff-Luftfahrt und für die Pläne von Shell in diesem Bereich.

ZeroAvia und Shell kooperieren bereits in den USA. Dort stellt der Energieriese nach Angaben von ZeroAvia CO2-armen Wasserstoff für den Betrieb einiger Test- und frühen kommerziellen Anlagen in Kalifornien bereit. Außerdem hatte Shell 2022 in den BZ-Antriebsentwickler investiert.

Den Erstflug hatte ZeroAvia vor wenigen Wochen übrigens mit einer auf Wasserstoff-Brennstoffzellenantrieb umgerüsteten Dornier 228 absolviert. Der Flug am Cotswold Airport im englischen Gloucestershire dauerte rund zehn Minuten. Einer offiziellen Unternehmensmitteilung zufolge umfasste der Flug eine Rollphase, den Start, eine Platzrunde und die Landung. Alle Systeme hätten wie erwartet funktioniert, äußerte ZeroAvia im Nachgang.

Der im Rahmen des Projekts HyFlyer II entwickelte Flieger ist laut ZeroAvia das bisher größte Wasserstoff-elektrische Flugzeug weltweit. Dem Jungfernflug sollen nun eine Reihe weiterer Testflüge folgen. Im September 2020 gelang ZeroAvia im Rahmen des Vorgängerprojekts HyFlyer I bereits der Erstflug eines sechssitzigen H2-Flugzeugs auf Basis einer umgerüsteten Piper, gefolgt von gut 30 weiteren Flügen. Bereits damals wurde angekündigt, im nächsten Schritt ein Flugzeug mit zehn bis 20 Plätzen umrüsten zu wollen.

Seitdem widmen sich die Entwickler im HyFlyer-II-Programm der Umrüstung zweier 19-sitziger Flugzeuge des Typs Dornier 228. Je ein Exemplar ist dazu in Großbritannien und in den USA stationiert, beide erhalten die neuen ZA600-Antriebe. ZeroAvia gibt für diese Antriebseinheit 600 kW Leistung an, während es bei der Piper noch 250 kW waren.

Der Jungfernflug mit dem Dornier-228-Testflugzeug erfolgte nun sozusagen in einer teilumgerüsteten Phase. So hob das Flugzeug mit dem neuentwickelten H2-Antriebsstrang in Originalgröße am linken Flügel, aber noch einem konventionellen Triebwerk (Honeywell TPE-331) am rechten Flügel ab. Zudem waren die H2-Tanks und BZ-Stromerzeugungssysteme in der Kabine untergebracht – und nicht wie später beabsichtigt externe Speicher. In zertifizierungsfähiger Konfiguration soll das Flugzeug aber noch im laufenden Jahr fertiggestellt werden.

Der 19-Sitzer wird künftig also über zwei 600-kW-Einheiten verfügen, die anstelle der Turbinen an den Flügeln montiert sind. Die Wasserstoff-Tanks sollen bis zu 100 Kilogramm komprimierten Wasserstoff speichern können. Für den geplanten Start des kommerziellen Betriebs im Jahr 2025 will ZeroAvia mit dieser Wasserstoff-Menge auf eine Reichweite von „zunächst 300 Meilen“ kommen, etwa 480 Kilometer. Das deckt sich annähernd mit den aktuellen eingangs genannten Angaben. In früheren Mitteilungen sprach der Entwickler noch von angestrebten 500 Meilen.

Die Stacks für die Serienversion des Antriebs soll übrigens PowerCell zuliefern. Im vergangenen Sommer erhielt das Unternehmen von ZeroAvia den nach eigenen Angaben „weltweit ersten Vertrag über die Serienlieferung von Wasserstoff-Brennstoffzellen-Stacks an die Luftfahrtindustrie“ mit einem potenziellen Wert von bis zu 1,51 Milliarden Schwedischen Kronen, umgerechnet gut 100 Millionen Euro. Voraussetzung, damit der Deal zustande kommt, ist aber, dass ZeroAvia die erforderlichen Zertifizierungen für sein BZ-Flugzeug erhält.

Als mittel- und langfristige Strategie führt ZeroAvia zwar an, zunächst an zehn- bis 20-sitzigen Flugzeugen arbeiten zu wollen. Mit einer vor gut einem Jahr abgeschlossenen Finanzierungsrunde in Höhe von 35 Millionen US-Dollar zielt ZeroAvia aber bereits auf das daraufhin folgende Segment der 40- bis 80-sitzigen Flugzeuge ab. „Und zwar auf Turboprop-Flugzeuge bis 2026 und Regionaljets bis 2028“, wie das Unternehmen seinerzeit schrieb.
zeroavia.com

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