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HintergrundBatterie

Dunkle Wolken über Deutschlands Batterie-Ökosystem?

Das Batterieforum Deutschland, das heute in Berlin seinen ersten Konferenztag begeht, ist alles andere als vergnügungssteuerpflichtig. Im Gegenteil: Viele Forscher schlagen angesichts gekürzter Fördermittel Alarm – und sehen gar das gerade entstehende Batterie-Ökosystem in Gefahr. Und die zuständige Ministerin verdrückt sich. Ein Stimmungsbericht.

„Die Batterieforschung wird dramatisch zurückgefahren, was sehr schade ist. Wir hoffen, dass es noch Änderungen gibt und wir noch retten können, was wir angefangen haben.“ Mit diesen Worten eröffnet Dr. Michael Krausa, Geschäftsführer des veranstaltenden Kompetenznetzwerks Lithium-Ionen-Batterie (KLiB) die Konferenz – und setzt damit den pessimistischen Grundton des Tages. Dieser wird sich einigermaßen durchgängig durch das Programm ziehen.

Auch Burkhard Straube schlägt in seiner Rückschau in dieses Kontor. Der langjährige KLiB-Vorsitzende, der seit kurzem als CEO von Vianode in Oslo arbeitet, erinnert an ersten Gegenwind seit Mitte 2022, der sich im Jahr 2023 zu einem „ausgemachten Sturm“ für die aufkeimende deutsche Batterieindustrie entwickelt habe. Auch wenn in letzter Minute für 2024 noch einige Mittel und damit viele Projekte vor der KTF-Streichung gerettet werden konnten, sei die Finanzierung der Batterieforschung ab 2025 „völlig offen“. Zu diesem perfekten Sturm gesellt sich dann noch die globale Lage der Industrie. Etwa die Investitionsverschiebung nach Nordamerika durch den IRA. Oder das weiterhin strategische Vorgehen Chinas, wo „gezielt auf Zukunftstechnologien gesetzt“ werde. Voll des Lobes ist Straube auch für Kanada. Das Land baue „vorbildlich abgestimmt ein Batterie-Ökosystem“ auf. Und es schwingt zwischen den Zeilen die Frage mit: Warum kriegt Deutschland das nicht hin?

Am Ende seines Vortrags platziert Straube einen Appell, der in der versammelten deutschen Batterie-Prominenz naturgemäß großen Beifall findet: „Man kann nie genug forschen!“ Und dafür bräuchte es eben die nötige Förderung. Die Batterie-Industrie brauche Planungssicherheit, um sich nachhaltig zu entwickeln. „Nur durch Innovation können wir die strukturellen Nachteile ausgleichen, die wir in Deutschland haben“, sagt Straube. Die Forschung und auch die Industrie müsse auf dem Gaspedal bleiben, um letztlich den großen Bedarf an Batterien für die Autoindustrie und den Hochlauf der Elektromobilität zu bedienen. „Ohne Fördermittel und Schutz wird das nicht gehen“, ist Straube überzeugt.

Aus der Perspektive der Wirtschaft wird Straube in diesem Punkt indirekt unterstützt. Allerdings hat Sebastian Wolf, der COO von PowerCo, letztlich eher den globalen Wettbewerb beim Aufbau der Zellfertigung für Volkswagen im Blick. Immerhin befinde sich der Autohersteller in einer „monumentalen Transformation“. Dazu hat er zwei Zahlen mit nach Berlin gebracht: „Wir sind in Deutschland beim Aufbau einer Gigafactory 100 % teurer und 70 % langsamer als in China“. Der extrem hohe Druck auf die Preise komme aus zwei Richtungen – einerseits aus Asien mit dem dort hohen Erfahrungsschatz und andererseits aus Nordamerika mit den gigantischen Fördersummen des IRA. Immerhin winken dort 35 Dollar pro Kilowattstunde lokal produzierter Batteriekapazität. Erschwerend komme hinzu, dass in Europa (und insbesondere Deutschland) der Strompreis hoch und der Erfahrungsschatz in der Batterie-Wertschöpfungskette niedrig sei.

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Aus VW- bzw. PowerCo-Sicht macht Wolf noch einen anderen Punkt geltend: „Wir müssen akzeptieren, dass wir jetzt die Schüler sind und lernen müssen, wie es geht.“ Das sei in den Jahrzehnten der Erfolge mit dem Verbrennungsmotor eine andere Situation gewesen und müsse erst mal überall verstanden werden. Hoffnung macht Wolf auch ein wenig: Die Batteriefabrik in Salzgitter sei derzeit „die schnellste Baustelle Deutschlands.“ Und der Fortschritt in Kanada sei trotz eines drei Monate späteren Starts schon gleichauf mit Valencia in Spanien. Und so schließt Wolf mit versöhnlichen Worten: „Wir können nachhaltige Mobilität nur erreichen, wenn wir bezahlbare Batterien produzieren.“ Und da sei eben die gesamte Batterieindustrie gefordert.

Weniger optimistisch gibt sich Prof. Dr. Martin Winter. „Wir fühlen uns alleine gelassen“, sagt der Vorsitzende des BMBF-Beirats Batterieforschung Deutschland. Und spricht im nächsten Atemzug gar von „Batterie-Waisen“, die sich bislang immer auf die Forschungsmillionen des BMBF hätten verlassen können. Man müsse nun Druck aufbauen, damit das Thema wahrgenommen werde – „auch ohne Traktoren“, wie Winter mit einem Seitenhieb auf protestierende Bauern sagt.

In einer besonders misslichen Lage ist in der Folge Dr. Torsten Brandenburg, der für das Bundeswirtschaftsministerium auf der Bühne steht – und nachvollziehbarerweise ein wenig zerknirscht wirkt. Er klammert sich (natürlich) an die erfolgreiche Ansiedlung (und Förderung) der Northvolt-Fabrik in Schleswig-Holstein. „Das zeigt, dass die Bundesregierung weiter an die Batterietechnologie glaubt und den Hochlauf unterstützt“, so Brandenburg. Große Hoffnungen setzt er zudem in das Tempora Crisis and Transition Framework (TCTF). Ein erster Fördercall zur Unterstützung strategischer Großprojekte entlang der Batterie-Wertschöpfungskette sei „gut angenommen“ worden und komme im zweiten Quartal des Jahres wohl in die Bewilligung. „Das wird hoffentlich seine Wirkung entfalten“, formuliert es Brandenburg etwas zurückhaltend – wohl wissend, dass Deutschland den Fördermilliarden der Amerikaner nicht viel mehr entgegenzusetzen hat. Immerhin stellt sich Brandenburg auch den kritischen Fragen der versammelten Batterie-Elite. Und erntet dafür besonderen Dank seitens der Veranstalter.

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Ganz anders macht es Bettina Stark-Watzinger (FDP), die auch für die Batterieforschung zuständige Bundesministerin für Bildung und Forschung. Sie erscheint zwar pünktlich zu ihrem Grußwort – verschwindet aber unter dem Verweis auf Folgetermine sofort wieder – und würgt dabei im Gehen sogar eine Frage von KLiB-Chef Dr. Michael Krausa ab. Geraune und minutenlanges Gemurmel im Saal sind die Folge. Und so bleibt einer der letzten Sätze von Stark-Watzinger anders im Gedächtnis als er wahrscheinlich gemeint war: „2024 werden wir viel zusammenarbeiten müssen. Denn in der kommenden Dekade entscheidet sich die Zukunft der Batterietechnologie.“ Dass die Ministerin zuvor beteuerte, dass die Batterie als fehlendes Puzzleteil der Energiewende eine Schlüsseltechnologie sei und sie die Agenda fortsetzen wolle, gemeinsam eine Batterie-Wertschöpfungskette aufzubauen – geschenkt. Oder ist es tatsächlich so gemeint? Denn wie Stark-Watzinger ebenfalls betont, ist die Industrialisierung die nächste heiße Phase und man müsse nun von der Theorie in die Praxis kommen. Für die Batterieforscher sind das womöglich keine rosigen Aussichten.

Eine zuversichtliche Wendung findet indes Prof. Dr. Markus Hölzle vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) in Baden-Württemberg. Er betont im direkten Gespräch mit electrive, dass jetzt „Dellenmanagement“ gefragt sei. Die Batteriebranche – und vor allem auch die Forschung – müsse jetzt „durchziehen“, statt sich beirren zu lassen. Diesen langen Atem hätten auch die Asiaten beweisen müssen beim Aufbau ihrer heute führenden Batterieindustrie. Für Deutschland mahnt er besonders die „vertikale Integration entlang der gesamten Wertschöpfungskette bis hin zur Forschung“ an. „Wir müssen bereit sein, gemeinsam zu schwitzen!“ Vielleicht hätte die Eventlocation des Batterieforums diese Worte von Professor Hölzle vorab wissen müssen. Denn im Saal war die Klimaanlage gefühlt auf Frost eingestellt. So konnte das mit dem Schwitzen in Berlin nichts werden. Aber vielleicht klappt’s ja im Jahresverlauf.

2 Kommentare

zu „Dunkle Wolken über Deutschlands Batterie-Ökosystem?“
Max
24.01.2024 um 18:25
Nach dem Lesen dieses Artikels habe ich den Eindruck, dass die deutsche Batterieforschung zu stark durch akademische Forschung geprägt ist, die überwiegend von Staatsknete lebt. Wie hoch sind die Chancen, dass die Forschungsergebnisse tatsächlich den Weg in kommerzielle Produkte deutscher Hersteller fließen? Oder jammern hier Industrieunternehmen, dass sie zu wenig Forschungsförderung erhalten? Und falls ja, warum bekommen andere Branchen (Chemie, Pharma) ihre teure Forschung im gegenwärtigen Förderregime trotzdem hin?
Knuth
25.01.2024 um 14:28
Scheint mir eine gute Analyse zu sein. Auch in den Niederlanden gibt es hauptsächlich auf die Grundlagenforschung ausgerichtete Programme, die aber auch wenig Ambitionen sehen lassen hieraus große Produktionsprojekte wachsen zu lassen. Ganz anders Frankreich rund um Dünkirchen.

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