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Wie kommt das Elektroauto in Deutschland wieder auf Kurs?


Schärfere Flottengrenzwerte, neue Modelle, günstige Preise: 2025 beginnt eine neue Zeitrechnung für die Elektromobilität. Die Herausforderungen für die deutsche Autoindustrie bleiben dennoch enorm. Wie das Elektroauto auch hierzulande wieder nach vorne kommen kann, haben wir mit Wolfgang Bernhart besprochen. Der Transformationsexperte von Roland Berger rät dazu, das Thema Batterie herstellerübergreifend neu zu denken – und von China zu lernen.

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Krise, Krise und nochmal Krise. Das Jahr 2024 war kein leichtes: nicht für die Automobilindustrie im Allgemeinen, auch nicht für die Elektromobilität im Besonderen. Die schlechte Stimmung wollen wir zum Jahresauftakt 2025 endlich abschütteln und mal überlegen, wie die Elektromobilität in Deutschland wieder nach vorne kommen kann. Was es dafür braucht und wer was genau machen muss, haben wir mit Wolfgang Bernhart besprochen. Als Senior Partner bei Roland Berger hat er zahlreiche Transformationsprojekte begleitet und kennt sich in der Autobranche aus wie in seiner Westentasche. Seine offizielle Jobbezeichnung macht seinen Arbeitsalltag klar: Global Head of Advanced Technology Center – Automotive & Industrials.

In dieser Episode von „eMobility Insights“ arbeitet sich electrive-Chefredakteur Peter Schwierz mit Wolfgang Bernhart von der Verunsicherung im Jahr 2024 – geschürt nach dem Ende des Umweltbonus und im Europa-Wahlkampf – zu den Herausforderungen der nächsten Bundesregierung, die im Februar gewählt wird. Wir reden über Technologieoffenheit, Flottengrenzwerte und die schwierige Lage der deutschen Zulieferer. Wolfgang Bernhart arbeitet aber auch klar heraus, warum sich insbesondere die deutschen Autohersteller so schwer tun, günstige Elektroautos zu produzieren. Und das hat viel mit der Forschung und Entwicklung zu tun bzw. der Art, wie diese in Deutschland seit vielen Jahren praktiziert wird. „Muss denn jedes Auto in der Lage sein, einen Anhänger elektrisch über den Brenner zu ziehen?“

Zugleich dämpft Wolfgang Bernhart ein Stück weit die Elektro-Euphorie für 2025: „Wir werden weniger Elektrofahrzeuge sehen, als wir vor zwei, drei Jahren gedacht haben.“ Stattdessen rechnet der Automobilexperte mit höheren Stückzahlen bei den Plug-in-Hybriden, die es den Herstellern ebenfalls erlauben würden,“die regulatorischen Anforderungen zu erfüllen“.

Natürlich darf auch ein Blick auf China und die Entwicklungstrends dort nicht fehlen: „Die Chinesen sind in der Summe schon mal ein Jahr kürzer in dem gesamten Entwicklungsablauf“, berichtet Bernhart. „Die schaffen es in zwei Jahren, Elektrofahrzeuge auf die Straße zu stellen und damit sind sie natürlich viel näher am Markt, an den Anforderungen des Marktes und kostengünstiger dazu.“ Auch das mögliche Geschehen in Nordamerika nach dem Amtsantritt von Donald Trump besprechen wir: „Das wird noch spannend“, denkt Wolfgang Bernhart.

Für die deutsche Automobilindustrie hat der Experte von Roland Berger in dieser Episode von „eMobility Insights“ ein paar ganz praktische Ratschläge – etwa das Thema Batterie herstellerübergreifend zu denken. Und der zweite Punkt ist, „das Denken zu verändern“. Die deutschen Hersteller müssten davon wegkommen, stets für alle Probleme „eine ganz spezifische Lösung“ zu erdenken, „weil alles andere, was man nicht selbst entwickeln kann, nicht gut“ sei. Auch hier könne die deutsche Industrie von der chinesischen lernen. Einen Vorteil hätten die heimischen Anbieter ohnehin gegenüber den neuen Wettbewerbern aus Fernost: ein starkes Händler- und Servicenetz. Am Fehlen dieser Vertriebsstrukturen sei der Start der chinesischen Hersteller in Deutschland bisher gescheitert.

Viel Stoff also für den Neustart der Elektromobilität 2025. Dieser Podcast ist unser Beitrag, um progressiv ins neue Jahr zu kommen – und die Elektromobilität in Deutschland wieder auf Kurs zu bringen. Wir wünschen viel Spaß beim Hören!

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6 Kommentare

zu „Wie kommt das Elektroauto in Deutschland wieder auf Kurs?
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Frank W.
14.01.2025 um 21:21
Ganz ehrlich ich verstehe das Gejammer hier nicht. 80% der Neuwagen werden in Deutschland gewerblich zugelassen, 20% privat. Wenn hier zu hören ist, die Leute lassen sich von politischen Erwägungen vom E-Auto-Kauf abhalten, dann ist das doch Quatsch. Bei den gewerblichen Zulassungen wird gerechnet und E-Autos waren die letzten Jahre einfach viel zu teuer. Dort wo die Preise relativ gesehen nicht ins Gewicht gefallen sind (Oberklasse) wurden letztes Jahr 60% elektrifizierte Autos neu zugelassen (inkl. PHEVs), davon 45% BEVs. Die obere Mittelklasse zieht aktuell stark nach mit dem Erfolg des ID.7 von VW. Bei den SUV hat es seit dem Ende des Umweltbonus ein gewisses Nachgeben der Nachfrage gegeben, vorallem sind aber Kleinst- und Kleinwagen betroffen. Hier vorallem die französischen Autogruppen und Tesla bei SUVs sowie Mittelklasse (Tesla allein -40.000 Verkäufe letztes Jahr). Die VW Gruppe hatte im Q4 2024 42% BEV Marktanteil, BMW 15% und Mercedes 12%. Deutsche Hersteller haben letztes Jahr den Markt in Deutschland dominiert. Würde man hier wieder mit Subventionen anfangen, würden Preise erhöht und wieder deutlich mehr Gebrauchte ins Ausland verkauft (davon hat der deutsche Steuerzahler rein garnichts, mal abgesehen davon, dass die Co2 Vermeidungskosten geradezu lächerlich sind, betrachtet man die E-Autoförderung). Was muss sich ändern? Der "Use Case" der Verbraucher muss erfüllt werden (Ladezeiten) und die Anschaffungs sowie Betriebskosten müssen weiter runter (Versicherungkosten sind zu hoch, AC Laden in Quartieren oft umständlich wegen Blokiergebühren und Ladekarten etc).
Marc t. S.
15.01.2025 um 09:47
Wenn ich das alles lese, sind die Aussagen sicher korrekt und folgerichtig argumentiert. Aus meiner Sicht trifft es aber nicht den Kern des Problems . Der ist nämlich die Tatsache, dass der private Haushalt, ausgenommen Einfamilienhäuser mit PV und Wallbox, ein massives Ladeproblem hat und Deutschland ein riesen Defizit bezüglich den Strompreisen und der Energiebereitstellung überhaupt. Wir sind Bittsteller bei den Stadtwerken wegen 21 KW zusätzliche Leistung für ein Mehrfamilienhaus, damit eine Ladeinfrastruktur betrieben werden kann. Das ist lächerlich, zieht sich über Monate hin und ich frage mich, ob wirklich niemand das Problem erkennt ? Es gibt inzwischen mehrere bezahlbare, schöne Fahrzeuge aus europäischer Produktion, die preislich den vergleichbaren Verbrennern ebenbürtig sind. Dass diese dennoch nur schleppend verkauft werden liegt genau am fehlenden Laden der Fahrzeuge.
SHausSTA
17.01.2025 um 13:53
Das kommt mir bekannt vor! Bei uns im Nachbarort kann aktuell ein neues Mehrfamilienhaus mit Wärmepumpenheizung nicht ans Netz gehen, weil in der Straße bereits 3 private Wallboxen sowie ein weiteres Haus mit Wärmepumpe angeschlossen sind. Dadurch ist die maximale Netzbelastung erreicht. Es geht erst weiter wenn die Leitungen verstärkt und ein größerer Transformator installiert ist. Das dürfte kein Einzelfall sein.
Jörg
18.01.2025 um 09:44
dann würd ich mal beim örtlichen Versorger klingeln und fragen was die so beruflich machen - die sind verpflichtet vorausschauend Infrastruktur auszubauen....
A.B.
15.01.2025 um 12:12
„Muss denn jedes Auto in der Lage sein, einen Anhänger elektrisch über den Brenner zu ziehen?“Ja! Zumindest ein e-Mittelklasse Kombi! In China 660.000 BEV Rex Verkäufe 2024.Hoffentlich lässt der SSP die Option Rex zu. Damit muss die Ladeinfrastruktur nicht für den Ferienfall unnötig aufgeblasen werden und E-Autos werden Akku-schonender betrieben werden und auch ältere E-Autos verkäuflich sein.Ich plädiere für eine Fahrzeugklasse BEX-Rex die vom Verbrennerverbot freigesprochen wird. Man könnte ja wie beim i3 das Tankvolumen begrenzen. Der Rex würde dann nur für Anhängerbetrieb, Reisen, Winter und im höheren Alter der Fahrzeuge genutzt werden. Betrifft auch nur die Mittelklasse und Oberklasse als Zusatzoption. Klein und Kompaktwagen wird das nicht betreffen. Davon geht die Welt nicht unter und die Akzeptanz steigt immens.
Martin
19.01.2025 um 11:45
Angeblich macht die Batterie ja etwa 40 % des E-Auto Kaufpreises aus. Lt. BloomergNEF sind die Kosten für ein Batteriepack seit 2019 von 189 auf 115 US$ gesunken. Wo bleibt da die Preisanpassung? Wäre unsere Politik ernsthaft an der Verbreitung der E-Mobilität interessiert, hätte sie längst ein Tempolimit auf BAB eingeführt und den Verbrennern einen großen Wettbewerbsvorteil genommen. Neben der Preisanpassung wäre das in meinen Augen ein wichtiger Anstoss zum Umdenken. Zum Thema Range-Extender: Mit einem solchen verschlingt ein Mazda MX-30 bis zu 10 L/100 km. Das hat sich wohl von selbst erledigt.

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