Bundestag beschließt Reform der Schuldenbremse

Der Bundestag hat mit Stimmen von Union, SPD und Grünen eine Änderung des Grundgesetzes beschlossen, um die Reform der Schuldenbremse und die milliardenschweren Sondervermögen umzusetzen. Dieser Schritt könnte auch richtungsweisend für die Verkehrspolitik in der kommenden Legislatur werden. (Update am Artikelende)

Bild: Deutscher Bundestag / Tobias Koch


Der entsprechende Antrag von Union und SPD wurde in der extra einberufenen Sitzung des Bundestags mit 513 Stimmen angenommen, 207 haben dagegen gestimmt – es gab keine Enthaltung. Für eine Mehrheit wären 489 Stimmen nötig gewesen, womit der Gesetzesentwurf die nötige Mehrheit erreicht hat. Dennoch gab es einige Abweichler oder nicht anwesende Abgeordnete: Zusammen kommen Union, SPD und die Grünen im „alten“ Bundestag auf 520 Abgeordnete.

Ganz durch ist die Grundgesetzänderung allerdings noch nicht: Am Freitag muss noch der Bundesrat zustimmen. Nach der Einigung in Bayern ist mit den sechs Stimmen die Mehrheit für das Schuldenpaket aber relativ sicher.

In der vergangenen Woche hatten sich Union und SPD mit den Grünen eine Einigung rund um das Milliarden-Schuldenpaket erzielt. Da für die entsprechende Änderung des Grundgesetzes eine Zwei-Drittel-Mehrheit mit den Stimmen der Grünen notwendig war, konnten die Grünen viele aus ihrer Sicht wichtigen Punkte nachverhandeln. So sollen aus dem 500 Milliarden Euro schweren Infrastruktur-Sondervermögen 100 Milliarden Euro Klima- und Transformationsfonds (KTF) fließen.

In dem schwarz-roten Sondierungspapier hatten die Verkehrs- und Umweltpolitik noch keine große Rolle gespielt. Die Union ist der SPD aber entgegengekommen und hat einen „Kaufanreiz“ für Elektroautos vereinbart – entgegen den Aussagen aus dem Wahlkampf. Details hierzu gibt es natürlich noch nicht, es steht noch nicht einmal ein Koalitionsvertrag.

Wenn schon ohne die 100 Milliarden Euro aus dem KTF „Kaufanreize“ denkbar und finanzierbar waren, scheinen jetzt mit dem finanziell wieder üppig ausgestatteten KTF weitere Förderprogramme rund um Ladeinfrastruktur und bei den Nutzfahrzeugen wieder denkbar. Und auch die Batterieindustrie dürfte wieder mehr Fördergelder erhalten, da sie im Sondierungspapier als „strategische Industrie“ eingeordnet wird. „Gemeinsames Ziel muss die technologische Souveränität und Unabhängigkeit sein. Andernfalls ist die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit vieler Branchen bedroht“, sagt Peter Lamp, Vorsitzender des KLiB-Vorstandes (Kompetenznetzwerk Lithium-Ionen-Batterien). „Dazu gilt es unverzüglich geeignete industrielle und staatliche Maßnahmen in einer gemeinsamen Strategie zum Aufbau eines wettbewerbsfähigen deutschen Ökosystems Batterien zusammenzuführen und zu vereinbaren.“

Auch weitere Player haben sich bereits in Stellung gebracht: VW hat in einem eigenen „Masterplan“ bereits Forderungen an die kommende Bundesregierung gestellt (u.a. finanzielle Anreize, ein Social-Leasing-Programm und günstigeren Ladestrom), am Tag der Abstimmung im Bundestag hat der VDA ein Positionspapier zur Transparenz bei Ladepreisen veröffentlicht. Darin fordert der Verband auch eine Senkung der Stromnebenkosten.

Update 21.03.2025: Am Freitag hat auch der Bundesrat der Grundgesetzänderung zur Schuldenbremse zugestimmt, die der Bundestag am Dienstag auf den Weg gebracht hatte. In der Länderkammer kam mit 53 von 69 Stimmen ebenfalls die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit zusammen. Nötig wären hierfür 46 Stimmen gewesen.

Die Länder Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Rheinland-Pfalz enthielten sich, was im Bundesrat aber wie eine Nein-Stimme zählt. Die anderen Länder haben dem Paket zugestimmt. Das war bisher nur bei Ländern mit ausschließlicher Regierungsbeteiligung von SPD, Union und Grünen sicher. Erst am Freitagmorgen sicherten auch Mecklenburg-Vorpommern und Bremen ihre Zustimmung zu – beide Länder werden von einer Koalition aus SPD und Linken regiert.

Damit hat das schuldenfinanzierte Finanzpaket von Union und SPD die letzte parlamentarische Hürde genommen. Damit kann das Grundgesetz an zwei Stellen geändert werden, das dem Bund bisher enge Grenzen für die Neuverschuldung gesetzt hat. In den Bereichen Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Cybersicherheit werden diese Vorgaben jetzt gelockert.

Für die Elektromobilität relevanter: Zusätzlich wird ein schuldenfinanziertes Sondervermögen von 500 Milliarden Euro geschaffen, das von der Schuldenbremse ausgenommen ist. Damit soll die Infrastruktur in Deutschland modernisiert werden. 100 Milliarden Euro fließen an die Länder, weitere 100 Milliarden Euro in den Klima- und Transformationsfonds. Damit werden auch eMobility-Förderungen wieder denkbar, die zuletzt eingestellt werden mussten.

Eine Hürde steht für die Grundgesetzänderung aber noch aus: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier muss das Gesetz noch unterschreiben.

Quelle: Livestream aus dem Bundestag, spiegel.de, handelsblatt.com

20 Kommentare

zu „Bundestag beschließt Reform der Schuldenbremse“
sebastian
18.03.2025 um 16:44
Es ist nur noch traurig, wie mit er Demokratie umgegangen wird und wie eine abgewählte Regierung mal eben, nur damit sich Merz damit die Kanzlerschaft erkaufen kann, so gravierend das Grundgesetz(!) abändert. Merz ist jetzt schon der unbeliebteste und schlechteste Kanzler Deutschlands, ohne schon Kanzler zu sein. Ich denke, damit hat er die CDU zerlegt.
Melvin
19.03.2025 um 07:20
Nein, nicht mal eben. Natürlich kann man Kritik äußern, dass man das doch auch im neuen Bundestag hätte machen können. Mit anderen Mehrheiten, die die Linken an den Verhandlungstisch gebracht hätten. Da wäre evtl. noch mehr z. B. für Soziales drin gewesen. Ich finde es auch schade, dass man sich hier jetzt immer noch relativ billig hat abspeisen lassen. Aber es ist ebenso vollkommen legitim, solange der alte Bundestag noch besteht, die ihm zustehenden Rechte zu nutzen und Verhandlungsergebnisse zu erzielen. Das ist zwar ungeschickt von denjenigen links der CDU, einfach nur aus "wir müssen uns jetzt sofort aber verantwortungsbewusst und handlungsfähig zeigen" und dabei so viel Potenzial liegen zu lassen, hat aber nichts mit schlechtem Umgang mit der Demokratie zu tun.Das Merz kein guter Kanzler sein wird und die CDU aktuell auf eine maximale Zerreißprobe zwischen radikalem Fossil- und Konzernlobbyismus egal was es kostet auf der einen Seite und auf der anderen Seite dem verbleibenden "Vernunftflügel" der Union, der so Dinge wie Klimaschutz tatsächlich ernst nimmt - dem kann ich nur zustimmen.
sebastian
19.03.2025 um 19:38
Sowas ist bestenfalls rechtlich ok, ansonsten eine absolute Perversion der parlamentarischen Demokratie, dass man schnell mit einem abgewählten Bundestag das Grundgesetz ändert. Alle Parteien die hier mitgemacht haben, haben jedes Verständnis für Demokratie längst abgelegt.
Robert
19.03.2025 um 07:01
da gebe ich dir recht das war jetzt der letzte sargnagel für den wirtscahftstandort Deutschland, wie will man den die jetzt fälligen Zinsen von rund 100 Milliarden Euro bezahlen? und das sind wie gesagt nur die Zinsen noch keine Tilgung
Martin Seiler
19.03.2025 um 15:13
Wenn man einen Staat will, der im Wesentlichen für unbekannte Geldgeber arbeitet, dann macht man es so, wie es jetzt gemacht wurde. Man könnte in einem so reichen Land wie Deutschland die Erstarkung durchaus auf Neuorganisation gründen (Thema Kahlschnitt und Strukturreform). Mit viel Geld setzt man die Verschwendung und Korruption fort.
Micha
19.03.2025 um 10:43
Da sagen die Wirtschaftsexperten und -institute aber was anderes. Das Paket war kaum beschlossen, da haben diese bereits die Wachstumsprognose nach oben korrigiert.
sebastian
19.03.2025 um 19:35
Micha, du musst schon wirtschaftliche Zusammenhänge verstehen. Natürlich wird die Wirtschaft temporär wachsen, wenn der Staat solch gigantische Schulden aufnimmt und in die Wirtschaft knallt, Dieses ist aber doch nur, ähnlich eines Strohfeuers, ein kurzer Wachstumsimpuls und das Hauptproblem ist, dass zwar (kurz) Wirtschaftswachstum, aber kein Wohlstandwachstum stattfindet. Es wird doch nur Geld umverteilt, vom Bürger zum Staat zu den Unternehmen, die davon dann Bruchteile wieder an den Bürger (durch Löhne) zurückgeben. Linke Tasche > Rechte Tasche, wobei letztere ein großes Loch hat. Also ein realer Wohlstandsverlust für die Bevölkerung. Nach diesem Strohfeuer folgt dann der Umkehreffekt, da der Staat dann eben kein Geld mehr zum investieren hat, welches in der Wirtschaft landen könnte. Denn dann werden nicht nur diese gigantischen Schulden getilgt werden müssen, sondern obendrauf noch Zinsen gezahlt.
Robert
19.03.2025 um 15:51
sie sollten unseren Wachstumsexperten (des Staates) nicht soviel glauben schenken in den letzten Jahren haben sie zu Jahresanfang das Wachstum immer hocg gesetzt und nach und nach, nach unten korrigiert und plötzlich waren wir in den letzten zwei Jahren im Negativwachstum. warum sollte es jetzt anders werden? um echtes & nachhaltiges Wachstum zu erzeugen braucht es deutliche Steuersenkungen und eine massive Entbürokratiesierung mind. 50% aller Verordnungen und Gesetze abschaffen. damit wir wieder einen schlanken und sehr schnell handelnden Staat bekommen. nur Schulden machen und die Probleme mit Geld zuschütten wird hier nicht helfen sondern die Probleme nur verschlimmern
Eve
19.03.2025 um 05:30
Im Jahrzehnt der 0-Zinsen hat man sich an das Grundgesetz gehalten. Jetzt wo man wieder saftige Zinsen zu zahlen hat, will man sich enorm Verschulden und ändert das Grundgesetz anstatt unnötige Ausgaben abzubauen, die trotz ständig steigender Steuereinnahmen zu knappen Kassen führen.
Tobias
19.03.2025 um 08:27
Prinzipiell ist das Schuldenpaket ein enorm wichtiger und richtiger Schritt. Was man der CDU ganz klar vorwerfen muss ist die Art der Entstehung: Erst gegen 60 Mrd. Klimageld klagen, dann die Vorgängerregierung u.a. aufgrund von erzwungener Handlungsunfähigkeit zerbrechen lassen, selbst nach dem Ende der Ampel und vor der Wahl noch blockieren um nach der Wahl dann den - was allen klar war, dass notwendig - Befreiungsschlag für das Land zu erpressen. Es wirkt auf mich wirklich wie eine Erpressung. Er hat das Land für seine Kanzlerschaft riskiert. Ich hoffe in 4 Jahren wird man sich daran erinnern.
Melvin
19.03.2025 um 09:06
Genau das. Vom breiten, fundamentalen Unwissen sowohl in der konservativen Politik (oder sei es bewusstes Leugnen) als auch in Medien und damit in der Bevölkerung in Bezug auf Staatsfinanzen und MMT, wodurch der Staat permanent mit einem Privathaushalt verwechselt wird, mal ganz zu schweigen.
Tobias
19.03.2025 um 08:30
Prinzipiell ist das Schuldenpaket ein enorm wichtiger und richtiger Schritt. Was man der CDU ganz klar vorwerfen muss ist die Art der Entstehung: Erst gegen 60 Mrd. € Klimageld klagen, dann die Vorgängerregierung u.a. aufgrund von erzwungener Handlungsunfähigkeit zerbrechen lassen, selbst nach dem Ende der Ampel und vor der Wahl noch blockieren um nach der Wahl dann den - was allen klar war, dass notwendig - den Befreiungsschlag für das Land zu erpressen. Es wirkt auf mich wie eine Erpressung. Er hat das Land für seine Kanzlerschaft riskiert. Ich hoffe in 4 Jahren wird man sich daran erinnern.
KBDCALLS
19.03.2025 um 12:39
Bei dem Kurzzeitgedächtnis vieler Leute habe ich da so meine Zweifel, dass man sich daran noch erinnern wird und Merz die Quittung bekommen wir.
Reiner
19.03.2025 um 11:43
Ich gebe in einer Sache recht, Herr Schäuble hätte die Investitionen in einer praktisch null-Zins-Phase in der jetzt geplanten Höhe auslösen müssen. Der schlechteste Finanzminister. Ohne das jetzige Sondervermögen und die grundgesetzl. Änderung der Schuldenbremse wäre unser Wirtschaftsstandort in seiner Existenz stark gefährdet und wir geopolitisch nicht mehr ernst zu nehmen. Die ausgelöste staatliche Nachfrage wird nach sauberer keynesianischer Theorie ultimativ Wirtschaftswachstum bringen und somit auch Finanzierungskapazität bzw. Kapazität für Tilgung und Rückzahlung. D ist im Vergleich weit unterdurchschnittlich verschuldet. Alles richtig gemacht - nur eben spät.
KBDCALLS
19.03.2025 um 13:30
Im Grunde genommen ist das jetzt passierte eine Konsequenz von mindestens 30 Jahren verfehlter Politik. Das war vorauszusehen, dass alles zusammenkommt. Stattdessen hat man die Schuldenbremse wie eine Monstranz vor sich hergetragen, bzw. wie einen Götzen angebetet. Auch wenn sich das nach viel anhört, relativiert sich die Summe, weil über 12 Jahre gestreckt. Was einem viel eher Sorgen machen sollte, dass das Geld in der Bürokratie und überlangen Planungsphasen versickert.
Martin Seiler
19.03.2025 um 15:03
Das war einer der guten Gründe, warum es eine Schuldenbremse gab. Ich glaube nicht, dass man nach diesem Sündenfall noch einmal zu gebremsten Ausgaben zurückkehren wird. Und die Ausgaben sind zum großen Teil für die Katz.
Emobilitätsberatung-berlin K.D.Schmitz
19.03.2025 um 18:59
Die Bereitstellung dieser Möglichkeiten sind voll ok. Karlsruhe hat alles geprüft. Damit fällt dann jedenfalls die immer kommende Antwort, "dafür ist kein Geld da" weg. Endlich kann sich eine Regierung ums handeln kümmern. Mal sehen ob es klappt, mit dem regieren. Die Ukraine vor Putin und Trump schützen, ist das wichtigste überhaupt.
BauRi
24.03.2025 um 07:48
Was mit der Ukraine passiert lassen sie mal die grossen entscheiden. Europa hat bei diesem Thema kläglich versagt, und trägt die Mitschuld an 1000den von Toten.
sebastian
19.03.2025 um 19:43
Beschäftige dich mal damit, was geprüft wurde. Gerichte brauchen teils Jahre, um solche Sachverhalte zu bewerten und nicht drei Tage. Hier wurde lediglich einzelne Formalitäten geprüft, aber doch nicht die Sachfrage ansich. Hier wurde bestätigt, dass die Sondersitzung des abgewählten Bundestag stattfinden durfte...mehr nicht. Gegen den eigentlichen Sachverhalt der Verstümmelung des Grundgesetzes laufen Klagen, zB der FDP
MWF
24.03.2025 um 08:29
Mit der Namensgebung „Sondervermögen“ versucht man den Wählern Sand in die Augen zu streuen. Was für ein Unsinn.

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