Rivian erreicht wichtiges Zwischenziel in VW-Partnerschaft

Der US-Elektroautohersteller Rivian hat das zweite Quartal in Folge einen Bruttogewinn erzielt – was die Voraussetzung für eine Milliarden-Finanzierung durch den Partner Volkswagen ist. In der Quartalsbilanz sind aber nicht alle Zahlen positiv, denn die Ausliefer-Prognose für 2025 hat Rivian gesenkt.

Bild: Rivian

Die Kennziffern im Quartalsbericht haben sich wie schon im vierten Quartal 2024 deutlich verbessert. Das Unternehmen ist vor allem stolz auf den zweiten Bruttogewinn in Folge: Nach 170 Millionen Dollar im vierten Quartal 2024 stieg dieser auf 206 Millionen Dollar im ersten Quartal 2025. Im Vorjahreszeitraum hatte es hingegen noch einen Bruttoverlust von 527 Millionen Dollar gegeben.

Und das ist sehr relevant für die Liquidität von Rivian: Der zweite Bruttogewinn in Folge war ein wichtiger Meilenstein für die im vergangenen Jahr vereinbarte Zusammenarbeit mit Volkswagen. Der Wolfsburger Automobilkonzern wird dadurch verpflichtet, eine weitere Tranche der insgesamt vereinbarten 5,8 Milliarden Dollar in die Partnerschaft zu investieren, in diesem Fall eine Milliarde Dollar.

Laut Rivian soll Volkswagen diesen Betrag am 30. Juni 2025 bezahlen und dafür Rivian-Aktien erhalten. Dabei soll Volkswagen einen Aufschlag von 33 Prozent auf den durchschnittlichen Rivian-Aktienkurs vom 15. Mai bis 27. Juni bezahlen.

Abseits des Bruttogewinns weniger positive Zahlen

Zurück zu den Quartalszahlen: Der zweite Bruttogewinn in Folge und auch der zweite in der ganzen Firmengeschichte ist zwar eine positive Entwicklung, keine Frage. Allerdings ist der Begriff Bruttogewinn mit Vorsicht zu genießen, denn dabei handelt es sich nur um die Differenz zwischen Umsatzerlösen und Waren- bzw. Materialeinsatz. Im Deutschen spricht man daher auch von Rohertrag.

Andere Kosten wie etwa für Verwaltung, Vertrieb oder Forschung bleiben beim Bruttogewinn außen vor – und die sind bei Rivian nicht zu vernachlässigen. Entsprechend gab es unterm Strich einen Nettoverlust von 541 Millionen Dollar, was aber immerhin 63 Prozent unter dem Verlust des Vorjahreszeitraums von 1,45 Milliarden Dollar liegt. Auch im operativen Bereich gab noch einen Verlust: Hier weist Rivian ein bereinigtes EBITDA von minus 329 Millionen Dollar aus – auch das deutlich weniger als die 798 Millionen Dollar im Vorjahreszeitraum.

Der Umsatz selbst legte gegenüber dem Vorjahreszeitraum hingegen nur um 36 Millionen Dollar auf 1,24 Milliarden Dollar zu. Damit lag er zugleich deutlich niedriger als im vierten Quartal 2024 (1,73 Milliarden Dollar), was Rivian damit begründet, dass die Nachfrage nach den Rivian-Lieferwagen im Weihnachtsgeschäft besonders hoch war und dadurch naturgemäß im ersten Quartal wieder abgenommen habe. Zugleich betont Rivian nochmals, dass die Lieferwagen neuerdings auch für andere Kunden jenseits von Amazon erhältlich sind. So hat die US-Sparte von HelloFresh als erster neuer Großabnehmer bereits 70 Fahrzeuge eingeflottet.

Absatz zum Jahresauftakt gesunken

Schon die Auslieferungszahlen des ersten Quartals 2025 hatten hellhörig gemacht: Zwischen Januar und März konnte Rivian nur 8.640 Fahrzeuge ausliefern – und damit 36 Prozent weniger als die 13.588 Einheiten im ersten Quartal 2024. Bei der Bekanntgabe dieser Zahlen hatte Rivian noch an seiner Jahresprognose von insgesamt 46.000 bis 51.000 Auslieferungen festgehalten. Doch diese Zahl hat das Management um Gründer und CEO RJ Scaringe nun kassiert und auf 40.000 bis 46.000 Einheiten gesenkt.

Zur Begründung gibt Rivian an, dass es zwar seine Autos nur in den USA produziert und ein Großteil der verwendeten Komponenten (ohne Batteriezellen) aus den USA stammt oder USMCA-qualifiziert ist. Damit lässt das Unternehmen faktisch durchblicken, dass es kaum von den neuen Zöllen der Trump-Regierung betroffen ist. Zugleich heißt es von Rivian aber, dass das Unternehmen nicht immun gegen die Auswirkungen des globalen Handels- und Wirtschaftsumfelds sei.

Die nun gesenkte Prognose des Unternehmens spiegele die derzeitige Einschätzung des Managements hinsichtlich der sich entwickelnden Handelsregulierung, der Politik, der Zölle und der Gesamtauswirkungen, die diese Punkte auf die Verbraucherstimmung und die Nachfrage haben könnten, wider, heißt es abschließend zu dem Thema.

Auch wenn die Auslieferungsprognose an sich gesenkt wurde, hält Rivian aber aufgrund der starken Ergebnisse des ersten Quartals Rivian an seiner Prognose für das bereinigte EBITDA von einem Verlust von 1,7 bis 1,9 Milliarden Dollar fest. 2024 lag dieser Verlust noch bei knapp 2,7 Milliarden Dollar und 2023 bei 3,8 Milliarden Dollar.

Neuer Zuliefererpark in Illinois

Unterdessen hat Rivian eine Investition von 120 Millionen Dollar in den Bau eines Zuliefererparks in der Nähe seines Werks in Normal im US-Bundesstaat Illinois bekanntgegeben, wodurch in den nächsten zwei Jahren mehrere hundert Arbeitsplätze bei Zulieferern und fast 100 direkte Arbeitsplätze bei Rivian entstehen sollen.

Ein Teil der Rivian-Zulieferer soll voraussichtlich leichte Montage- und Fertigungsarbeiten vor Ort im Zuliefererpark durchführen. Die Mitarbeiter von Rivian im Zuliefererpark werden die Teile zusammensetzen und in eine Sequenz bringen, die dann zum Hauptwerk transportiert wird. Rivian will einen unterirdischen Tunnel zwischen dem Zuliefererpark und dem Hauptwerk bauen, um einen effizienten Betrieb zu gewährleisten und gleichzeitig ein erhöhtes Verkehrsaufkommen auf den örtlichen Straßen zu vermeiden.

Der Bundesstaat Illinois unterstützt das Projekt mit einem umfassenden Paket von Anreizen, um die Anlaufkosten des Projekts und bestimmte Infrastrukturverbesserungen auszugleichen, sowie mit Steuergutschriften, die an die Schaffung von gut bezahlten Arbeitsplätzen geknüpft sind.

„In Illinois stellen wir nicht nur Elektrofahrzeuge her: Wir schaffen ein ganzes Ökosystem, das Investitionen anzieht, unsere Arbeitskräfte stärkt und die Lieferkette für Elektrofahrzeuge ausbaut“, sagte Gouverneur JB Pritzker. „Die Investition von Rivian wird Zulieferer aus der ganzen Welt anlocken, in Illinois zu investieren und weiterhin gut bezahlte Arbeitsplätze zu schaffen, was Illinois einen Wettbewerbsvorteil verschafft, um in der sauberen Energiewirtschaft erfolgreich zu sein.“

ctfassets.net (Quartalsbericht als PDF), rivian.com (Zuliefererpark)

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