Ultium Cells rüstet Werk in Spring Hill um – auf LFP-Zellen

Ultium Cells krempelt seine US-Produktion um: Das Joint Venture von General Motors und LG Energy Solution, wird seine erst seit 2024 produzierende Batteriezellfabrik in Spring Hill auf die Fertigung von LFP-Zellen umrüsten. Die Umstellung soll noch in diesem Jahr beginnen, die kommerzielle Produktion Ende 2027 anlaufen.

Bild: GM

Ultium Cells betreibt zwei Zellfabriken in den USA, eine seit 2022 in Warren im US-Bundesstaat Ohio und eine weitere seit 2024 in Spring Hill inTennessee. Während Erstere weiterhin Zellen mit NMCA-Chemie („Nickel-Kobalt-Mangan-Aluminium“) herstellt, soll Spring Hill von dieser auf die günstigere Lithium-Eisenphosphat-Chemie umstellen. Für den Umbau gibt sich das Joint Venture zwei Jahre. Gesellschafter General Motor kommentiert: „Die flexible EV-Plattform von GM wurde so konzipiert, dass sie die schnelle Integration verschiedener Zellchemien und Formfaktoren ermöglicht. Mit der LFP-Batterietechnologie strebt GM erhebliche Kosteneinsparungen bei den Batteriepaketen im Vergleich zu den heutigen Batteriepaketen mit hohem Nickelanteil an und erhöht gleichzeitig die Auswahl an Elektroautos für die Verbraucher.“

Ganz überraschend kommt Ultium Cells‘ U-Turn bei der Zellchemie nicht. Vor wenigen Wochen berichtete bereits „The Korea Economic Daily“, dass LG Energy Solution und auch Samsung SDI in ihren gemeinsam mit General Motors betriebenen Werken in den USA neue Produktionslinien für Lithium-Eisenphosphat-Batteriezellen installieren wollen. Die Pläne markierten den Einstieg beider südkoreanischen Batteriehersteller in die LFP-Produktion, da sich die beiden Unternehmen lange Zeit auf Nickel-Mangan-Kobalt-Zellchemien konzentriert hatten, schrieb die Zeitung Anfang Juni.

Dank LFP-Chemie sollen die Kosten runter

Als Grund gilt, dass GM offenbar in mehreren seiner Mittelklasse-Modelle wie dem Chevrolet BoltEquinoxBlazer und Silverado EV künfig NMC-Zellen durch kostengünstigere LFP-Zellen ersetzen will, um günstigere Einstiegsstromer anzubieten. Laut dem im Juni veröffentlichten Artikel aus Korea wird Samsung SDI daher ebenfalls einen Teil seines Joint Ventures mit GM in Indiana, das ursprünglich rein für die Produktion von nickelreichen Batterien vorgesehen war, derart umrüsten, dass auch LFP-Produktionslinien untergebracht werden können.

Bei LGES und GM laufen aktuell in beiden US-Fabriken ausschließlich Pouch-Zellen mit NMC-Chemie vom Band. Schon länger war bekannt, dass das Joint Venture die Umstellung auf prismatische Zellen anstrebt – deren Struktur auch für die LFP-Chemie besser geeignet ist. Mit der nun offiziellen Ankündigung zur Umrüstung des Werks in Spring Hill beendet GM die Spekulationen, die sich aus solchen Statements und Insiderberichten speisten. Parallel setzen LGES und GM übrigens auch auf die Entwicklung von Lithium-Mangan-reichen Batterien (LMR) – ein neues Format, das die Kostenvorteile von LFP beibehalten und gleichzeitig eine überlegene Leistung bieten soll.

GMs oberstes Ziel: Diversifikation

Wie GM in seiner jetzigen Pressenotiz mitteilt, sind in der Anlage in Spring Hill derzeit rund 1.300 Mitarbeiter angestellt. Wie die Belegschaft während der Umrüstung weiterbeschäftigt wird, erwähnt das Unternehmen nicht. Kurt Kelty, Vice President of Batteries, Propulsion and Sustainability bei GM, verweist viel mehr auf die kommenden Vorteile für Kunden. Diesen biete General Motors künftig „die beste Mischung aus Reichweite, Leistung und Erschwinglichkeit“. Und weiter: „Diese Aufrüstung in Spring Hill wird uns in die Lage versetzen, die Produktion von kostengünstigeren LFP-Zelltechnologien in den USA zu skalieren, unsere nickelreichen und zukünftigen lithiummanganreichen Lösungen zu ergänzen und unser wachsendes EV-Portfolio weiter zu diversifizieren.“

Mit Wonjoon Suh, Executive Vice President und Leiter des Geschäftsbereichs Advanced Automotive Battery bei LG Energy Solution äußert sich auch ein hochrangiger Manager des zweiten Gesellschafters: „Das Upgrade spiegelt die anhaltende Stärke unserer Partnerschaft mit General Motors und unser gemeinsames Engagement wider, die Innovation von EV-Batterien voranzutreiben.“

Kee Eun, Präsident und CEO von Ultium Cells, ergänzt: „Diese Investition erweitert unsere Fähigkeiten über eine einzelne Batteriezellenchemie hinaus und ermöglicht es uns, neben unseren bestehenden Zellen auch neue Chemien zu produzieren. Die Erweiterung unseres Produktportfolios stellt sicher, dass Ultium Cells an der Spitze der Batteriezellen-Innovation bleibt und unser Engagement als stabiler, langfristiger Arbeitgeber für die Gemeinden, denen wir dienen, aufrechterhalten wird.“

Spring Hill erst seit April 2024 im Serienmodus

Die mit einem großen Kraftakt verbundene Umrüstung ist insofern bemerkenswert, als dass es erst ein Jahr und drei Monate her ist, dass Spring Hill überhaupt die ersten in Serie gefertigten NMC-Zellen hervorgebracht hat. Sprich: Die Anlagen sind allesamt neu und gerade erst aufeinander abgestimmt worden. Der Spatenstich datiert von 2021. Der Strategieschwenk zeugt insofern von dem hohen Druck, dem GM und seine Batterie-Tochter in den USA ausgesetzt sind. Ein drittes Ultium Cells-Werk hat der Autohersteller vor diesem Hintergrund kürzlich unmittelbar vor seiner Fertigstellung an Joint-Venture-Partner LGES verkauft – konkret jenes in in Lansing, Michigan. Die Pläne für ein viertes Werk, das in New Carlisle im US-Bundesstaat Indiana entstehen sollte, wurde von GM und LGES schon Anfang 2023 auf Eis gelegt.

Mit seinen Investitionen will und muss General Motors besser haushalten. In den nächsten zwei Jahren sollen zwar rund vier Milliarden US-Dollar fließen, um die Produktion in den US-Werken zu steigern. Beim geplanten Antriebsmix schwenkt GM aber wieder vermehrt auf Benziner um. Der US-Hersteller selbst betonte jüngst die Ausgewogenheit seiner Pläne: Die vier Milliarden US-Dollar würden in die inländischen Produktionsstätten investiert, „um die Produktion von Benzin- und Elektrofahrzeugen in den USA zu erhöhen“. Und: „Die neuen Investitionen werden GM in die Lage versetzen, mehr als zwei Millionen Fahrzeuge pro Jahr in den USA zu montieren.“ Wie sich die Produktionsmengen auf die verschiedenen Antriebsarten verteilen, präzisierte das Unternehmen nicht, esskizzierte aber die geplanten Produktionsanläufe wie folgt:

  • Das Werk Orion Assembly in Michigan startet Anfang 2027 mit der Produktion von Benzin-betriebenen SUVs und leichten Pickups. Eigentlich war vorgesehen, dort ab 2026 Elektro-Pickups herzustellen.
  • Die Produktionsstätte Fairfax Assembly in Kansas wird ab Mitte 2027 die Produktion des kürzlich gelaunchten Benziners Chevrolet Equinox aufnehmen, der bisher nur in Mexiko gebaut wird. Außerdem wird Fairfax bis Ende des Jahres mit dem Bau des Chevrolet Bolt EV beginnen und ein Teil von GMs jetzt angekündigten Investitionen soll vor Ort den Bau von erschwinglichen E-Autos der nächsten Generation vorbereiten.
  • Im Werk Spring Hill Manufacturing in Tennessee wird GM ab 2027 die Produktion des Verbrenners Chevy Blazer aufnehmen, der aktuell ebenfalls in Mexiko vom Band läuft. Er wird dann neben den elektrischen Cadillac Lyriq und Vistiq SUVs sowie dem Benziner Cadillac XT5 hergestellt.

Die vielen Benziner-Produktanläufe passen zur kürzlichen Ankündigung von GM, 888 Millionen Dollar in das Tonawanda Propulsion-Werk in der Nähe von Buffalo im US-Bundesstaat New York zu investieren, um den V-8-Motor der nächsten Generation von GM zu bauen. Das Werk Factory Zero in Detroit-Hamtramck (ebenfalls Michigan) bleibt unterdessen als GMs dezidierte Elektro-Fabrik weiter exklusiver Montagestandort für den Chevrolet Silverado EV, GMC Sierra EV, Cadillac Escalade IQ und GMC Hummer EV (Pickup und SUV).

GM-Strategie ist ein Abbild der politischen Verhältnisse

Die neue Strategie hat dabei natürlich auch eine politische Dimension. Wie Reuters kürzlich berichtete, traf sich GM-CEO Mary Barra im März mit US-Präsident Donald Trump, um über US-Investitionspläne zu sprechen. Sie soll dem Präsidenten dabei auch mitgeteilt haben, dass GM ein Entgegenkommen bei den kalifornischen Emissionsanforderungen benötige, um die Produktion in den USA auszuweiten. Kalifornien und zehn weitere US-Bundesstaaten haben sich gegenüber den nationalen Regeln bekanntlich strengere Umweltauflagen gegeben. Im Juni hat Trump nun ein Gesetz unterzeichnet, das die kalifornischen Vorschriften für emissionsfreie Fahrzeuge bis 2035 aufhebt.

GM verzeichnet in den USA derweil wachsende Verkaufszahlen – sowohl bei Benzin- als auch bei Elektrofahrzeugen. Das Unternehmen betont etwa, in der zweiten Hälfte des Jahres 2024 dank inzwischen 13 erhältlichen Elektroauto-Modellen seiner Marken in den USA zum zweitgrößten Verkäufer von Elektrofahrzeugen aufgestiegen zu sein (Januar bis Mai: 62.000 verkaufte EVs). Und: Chevrolet sei im ersten Quartal im Land die am schnellsten wachsende Elektrofahrzeugmarke gewesen und nun die Nummer 2 unter allen Elektrofahrzeugmarken. Zwischen Januar und Mai verkaufte Chevrolet in den USA über 37.000 Elektroautos, Ford nur 34.000. Spitzenreiter ist Tesla.

Die Prognose für die Investitionsausgaben von GM für das Jahr 2025 liegt derweil unverändert bei 10 bis 11 Milliarden US-Dollar. Mit Blick nach vorne erwartet GM, dass die jährlichen Investitionsausgaben bis 2027 zwischen 10 und 12 Milliarden US-Dollar liegen werden, „was auf verstärkte Investitionen in den USA, die Priorisierung von Schlüsselprogrammen und Effizienzausgleiche zurückzuführen ist“.

news.gm.com

0 Kommentare

zu „Ultium Cells rüstet Werk in Spring Hill um – auf LFP-Zellen“

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert