Priorisiert BYD Türkei-Werk über Ungarn?

BYD wird den bisher für Ende 2025 geplanten Beginn der Serienproduktion in seinem Elektroauto-Werk in Ungarn laut einem Bericht verzögern und auch die anfangs geplante Produktion senken. Dafür sollen die Pläne rund um das zweite Europa-Werk in der Türkei beschleunigt werden.

byd dolphin spanien spain 2024 02 min
Bild: BYD

Dass BYD den für Ende diesen Jahres angekündigten Produktionsstart in dem ungarischen Elektroauto-Werk bis ins Jahr 2026 verzögern könnte und das Werk „mindestens in den ersten zwei Jahren unterhalb seiner Kapazität betreiben“ werde, haben zwei mit der Angelegenheit vertraute Quellen gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters angegeben. Den Start of Production (SoP) im ersten Elektroauto-Werk von BYD in Europa hatte die Top-Managerin Stella Li im Dezember 2024 verkündet – und zwar konkret mit dem Kompaktmodell Dolphin und dem Kompakt-SUV Atto 3, die bisher aus China importiert werden.

Das Werk im südungarischen Szeged ist in der ersten Ausbaustufe auf 150.000 Fahrzeuge pro Jahr ausgelegt, später soll es auf eine Kapazität von 300.000 Fahrzeugen erweitert werden. BYD hatte den Standort gewählt, weil das Unternehmen nicht nur über das E-Bus-Werk Komarom gute Beziehungen zu Ungarn hat, sondern auch die EU-Sonderzölle bei einer Produktion in Europa umgangen werden könnten. Das Werk galt daher als Erfolg für die Politik der EU, über die Sonderzölle E-Auto-Importe aus China zu erschweren und stattdessen für eine Wertschöpfung in Europa zu sorgen.

Doch die Informationen der Reuters-Quellen deuten eher auf einen Rückschlag für die EU hin: Obwohl das Unternehmen bis zu vier Milliarden Euro in das Werk investiert, sollen laut den beiden Informanten 2026 „nur einige Zehntausend Fahrzeuge“ in Szeged gebaut werden – also ein Bruchteil der Kapazität. 2027 solle die Produktion zwar steigen, aber immer noch unter der geplanten Kapazität liegen. Eine dritte Quelle habe den langsameren Start im Jahr 2026 bestätigt, so Reuters. Von BYD selbst gibt es hingegen keine Stellungnahme.

Das Unternehmen hatte sogar einst die Pläne für die E-Auto-Produktion in Ungarn stark beschleunigt: BYD hatte Ende 2023 den Bau einer Elektroauto-Fabrik in Ungarn angekündigt. Im Februar 2024 hieß es dann, das Werk solle binnen drei Jahren eröffnet werden. Mit dem im Dezember desselben Jahres angekündigten SoP Ende 2025 hätte BYD dieses Ziel deutlich unterboten. 

Die geringere Produktion in Ungarn wäre zwar ein Strategiewechsel bei BYD, aber keine Abkehr von dem geplanten Wachstum samt eigener Produktion für Europa: Denn im Gegenzug zu den angepassten Ungarn-Plänen soll laut den Insidern die Produktion in der Türkei beschleunigt werden. Das eine Milliarde Dollar teure Werk sollte Ende 2026 in Betrieb gehen, ebenfalls mit einer Kapazität von 150.000 Fahrzeugen. Dort soll der SoP nun vorgezogen werden. Das Werk im westtürkischen Manisa werde schon 2026 mehr Autos produzieren als die ungarische Fabrik, schreibt Reuters unter Berufung auf einen der Informanten. Schon im Jahr 2027 soll die Produktion dort die geplanten 150.000 Einheiten übersteigen und 2028 nochmals erhöht werden.

Hintergrund der (teilweisen) Verlagerung der Europa-Produktion sollen demnach die Arbeitskosten sein, da diese in der Türkei deutlich niedriger sind. Die Türkei baut mit Togg zwar gerade erst eine eigene E-Auto-Marke auf, ist aber seit Jahrzehnten in der Autoindustrie als günstiger Produktionsstandort für Europa-Märkte bekannt. Toyota, Stellantis, Ford (auch für VW Nutzfahrzeuge), Hyundai und Renault fertigen dort Autos.

Die E-Autos, die BYD derzeit in Europa verkauft, stammen alle aus chinesischen Werken. Bei der Einfuhr in die EU werden zehn Prozent Standard-Zoll und im Falle von BYD 17 Prozent Sonderzoll fällig – also 27 Prozent insgesamt. Mit der Produktion in Ungarn würden diese Zölle wegfallen. Aber auch die in der Türkei hergestellten Fahrzeuge unterliegen beim Export in die EU keinen Zöllen.

reuters.com

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